Assassino
soll ich mir den Stress antun? Ich werde das Geld auf die Bank bringen und so tun, als hätte ich einen guten Handel gemacht. Sie sind doch sicher mit dem Auto da, oder?«
Chris nickte.
»Sind Sie so nett und fahren mich bei der Bank vorbei? Ich fühle mich ein wenig unwohl mit so viel Geld in der Tasche.«
»Selbstverständlich«, sagte Mustafa.
Kati folgte den Männern wortlos. Vor der Bank verabschiedete sich der Alte von ihnen. »Kopf hoch, Mädchen«, sagte er zu Kati. »Ich habe in meinem Leben viel erlebt, und meistens hat sich herausgestellt, dass auch die unschönen Ereignisse ihren Sinn haben. Auch wenn er sich uns erst später erschließt.«
Sie nickte automatisch und versank wieder in ihr Schweigen. Dann fuhren sie zu Faruk Sens Haus zurück.
Noch eine Legende
Ihr erster Weg nach der Rückkehr führte Kati zu ihrem Vater. Martin Bergman hielt sich gern im Hintergrund, war aber über alles informiert. Wenn nicht von ihr, dann erhielt er seine Informationen von Bernie, Chris, Faruk Sen oder wem auch immer.
Ihr Vater saß vor drei Monitoren, auf denen aktuelle Börsenkurse aus aller Welt vorbeizogen. Im Gegensatz zu ihren Zimmern verfügte er über ein komplett eingerichtetes Büro mit sämtlichen technologischen Finessen, das direkt an seine Suite anschloss. Er blickte auf, als Kati eintrat, und sah sofort, was los war.
»Zu spät«, stellt er fest, ohne eine Miene zu verziehen.
Kati ließ sich auf einen der Stühle vor dem Arbeitstisch sinken. »Jemand ist uns zuvorgekommen. Fragt sich nur, wer?«
Sie berichtete von ihren Erlebnissen und dem, was Bulut ihnen erzählt hatte.
»Wer wusste außer euch von dieser Adresse?«, fragte Bergman, als sie geendet hatte.
»Nur Paola. Aber sie wird es wohl kaum gewesen sein, denn das hätte sie einfacher haben können. Außerdem Chris, du, Seamus und Faruk Sen.«
»Hmmm.« Ihr Vater legte nachdenklich den Finger an dieNase. »Erst das Hotel, dann das jetzt. Das ist ein Zufall zu viel. Wir haben einen Verräter in unseren Reihen.«
»Meinst du, es war Muller?«
Bergman schüttelte den Kopf. »So, wie Bulut den Dieb beschreibt, passt das ganz und gar nicht zu Karol. Er hätte auch kaum Geld hinterlassen.« Er legte den Kopf in den Nacken, als ob er die Lösung des Rätsels an der Zimmerdecke finden könnte. »Dann hatte Karol doch recht.«
»Was meinst du damit?«
»Nun, er hat mich gestern abgefangen, als ich für ein Stündchen draußen war. Und er hat mir erzählt, dass es noch eine dritte Partei gibt, die hinter der Fibelscheibe her ist.«
Kati war entsetzt. »Du hast das Haus verlassen? Nach dem, was passiert ist?«
»Ich bin ein erwachsener Mann, Katinchen. Ich weiß, was ich tue.«
Sie kannte diesen Ton und war klug genug, nicht weiter nachzuhaken. »Und der Verräter arbeitet für diese unbekannte Partei.«
»Sieht so aus«, nickte Bergman. »Faruk traue ich das nicht zu. Ich kenne ihn schon lange, und bisher habe ich ihm immer vertrauen können. Und deinen Freund, den Iren, habe ich überprüft. Er ist, wenn ich das mal so ausdrücken darf, ein intellektueller Krimineller.«
»Er fälscht ab und an mal Papiere im Auftrag der Polizei, das weiß ich«, sagte Kati. »Aber ein Krimineller?«
»Vom gelegentlichen Passfälschen kann niemand so gut leben wie er, Katinchen«, lächelte ihr Vater. »Seamus Quinlan ist außerdem einer der größten lebenden Kunstfälscher. Erhat Millionen mit seinen zugegeben exzellenten Arbeiten gemacht.« Er beugte sich zu ihr hin und senkte verschwörerisch die Stimme: »Selbst ich habe mal einen Quinlan für viel Geld gekauft. Das darfst du aber niemandem weitersagen.«
Kati wusste nicht, ob sie schmunzeln oder wütend auf Seamus sein sollte, dass er ihr nicht die Wahrheit gesagt hatte. »Und deshalb, denkst du, ist er der Verräter.«
Bergman schüttelte den Kopf. »Quinlan ist ein Einzelgänger, der stets nur auf eigene Rechnung arbeitet. Er hat sich nie einer Organisation angeschlossen und handelt zudem, so meine Gewährsleute, nach gewissen moralischen Maßstäben. Ihn können wir also ebenfalls ausschließen.«
»Aber wer war es dann?«, rief Kati ratlos.
»Wenn es einen Verräter gibt, dann kann es nur einer von denen sein, die wir für unschuldig halten. Aber das wird uns die Fibelscheibe auch nicht wiederbringen. Ich bin nur froh, dass Karol sie nicht in die Finger bekommen hat.«
Das war für Kati kein Trost. Sie war von der magischen Kraft der Fibel sowieso nicht überzeugt, und wenn sie das
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