Assassino
sich Ilyas zu Wort.
Paola fasste ihn leicht am Arm, und er ließ es, wie Kati bemerkte, geschehen. »Das ist eine ziemlich lange und auch ziemlich verworrene Geschichte«, erwiderte sie. »Aber wenn du ein wenig Zeit hast, dann gebe ich dir gerne eine kleine Einführung.« Ihre Stimme klang wie das Schnurren einer Katze, die ihre Beute direkt in ihre Fänge laufen sieht.
Kati bekam eine Gänsehaut. War das wegen der Kälte im Raum oder wegen Paola? Sie wusste es nicht. Sie spürte nur, dass irgendwas nicht stimmte.
Leider war sie die Einzige. Chris und Ilyas sahen zu, wiePaola das Buch sorgsam einpackte und in das Schubfach zurücklegte.
Wie zwei treue Hunde, die auf die nächste Anweisung ihrer Herrin warten
, dachte Kati. Sie drehte sich demonstrativ weg und kramte in ihrer Tasche herum.
Wenige Minuten später begannen sie mit ihrer Arbeit. Chris und Kati saßen über ihren Unterlagen und nannten Paola die Dokumente, die sie gerne einsehen wollten. Die Studentin tippte etwas in den Computer und informierte sie darüber, ob sie vorhanden waren oder nicht. Ilyas stand währenddessen an einen der Metallschränke gelehnt und beobachtete Paola mit nachdenklicher Miene.
Nachdem sie herausgefunden hatten, dass es drei mögliche Quellen gab, die ein genaueres Studium lohnten, stand Paola auf, um sie zu holen. »Kommst du mit?«, fragte sie Ilyas. »Ich glaube, ein wenig Bewegung tut dir gut, und du kannst mir beim Tragen helfen.«
Ilyas nickte. Kati wollte ihn zurückhalten, riss sich aber im letzten Moment zusammen. Damit würde sie sich nur lächerlich machen. Sie hatte ein ungutes Gefühl dabei, ihn mit Paola allein zu lassen, ohne genau zu wissen, warum.
»Na, eifersüchtig?«, grinste Chris, kaum dass die beiden den Raum verlassen hatten.
»Wer? Ich? Quatsch«, erwiderte sie eine Spur zu heftig.
»Das sieht mir aber nicht so aus. Hast du Angst, dass sie dir deinen kleinen Wilden wegnimmt?«
Kati schlug Chris spielerisch auf den Oberarm. »Hör auf damit! Setz lieber dein Gehirn in Bewegung! Irgendwas stimmt mit Paola nicht.«
»Klar. Wie kann so eine Granate was im Kopf haben?«, grinsteChris. »Du bist eben nicht die einzige gut aussehende Frau, die über eine hohe Intelligenz verfügt. Es gibt noch andere. Klar, dass du da allergisch drauf reagierst.«
Kati fand das gar nicht lustig. Was war, wenn Chris recht hatte? Mochte sie Paola nur deswegen nicht, weil sie intelligent war
und
zugleich, im Gegensatz zu ihr, einen extrem lockeren Eindruck machte? War sie neidisch auf Paolas soziale Kompetenz?
Als hätte er ihre Gedanken gelesen, sagte Chris: »Gib’s zu, das ist nur Zickenneid.«
»Bin ich für dich etwa eine Zicke?!«
»Nein, nein«, beschwichtigte er sie. »Das sagt man doch bloß so.«
»Demnächst kommst du mir noch mit Stutenbissigkeit und anderen Verbalperlen.«
»Ich entschuldige mich, okay?«
Kati seufzte. »Tut mir leid. Vielleicht bin ich zu empfindlich. Aber irgendwas stimmt hier nicht, das kann ich fühlen.«
»Du bist zweimal überfallen worden. Da wäre ich auch beunruhigt«, sagte Chris. »Aber deshalb muss man nicht alles und jeden verdächtigen.«
»Ich hatte dieses Gefühl schon vor dem ersten Überfall«, verteidigte sich Kati. »Und es hat mich nicht getäuscht.«
»Ich gebe zu, Dubrovnik hat mich auch ein wenig nervös gemacht«, räumte Chris ein. »Aber das lag wohl eher am Charakter der Stadt. Und Paola kann es wohl kaum auf uns abgesehen haben, denn
wir
haben
sie
ja aufgesucht und nicht umgekehrt.«
Kati nickte. »Rational kann ich dir folgen. Und trotzdem … «Sie beendete den Satz nicht, denn wirklich in Worte fassen konnte sie ihre Ahnung nicht.
Kurz darauf kehrten Paola und Ilyas zurück. Er trug drei große Metallkästen, die er auf dem Tisch vor Kati und Chris absetzte.
»Wenn ihr nichts dagegen habt, zeige ich eurem Freund das Museum, während ihr die Unterlagen durcharbeitet«, sagte Paola. »Wenn ihr was braucht, dann ruft einfach an.« Sie legte eine Karte mit einer Mobilfunknummer auf den Tisch.
»Alles klar, danke«, erwiderte Chris, der bereits dabei war, den Inhalt des ersten Kastens zu untersuchen. Kati blickte Ilyas an.
»Ist das in Ordnung für dich?«, fragte sie ihn.
»Ich begleite Paola«, nickte er.
Die Studentin warf Kati einen
Siehst-du-Blick
zu, und in ihren Augen blitzte etwas auf, das Kati nicht eindeutig identifizieren konnte, aber das ihr überhaupt nicht gefiel. Dann verließen die beiden den Raum.
Kati starrte ihnen
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