Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Assassino

Assassino

Titel: Assassino Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Ruebenstrunk
Vom Netzwerk:
andere stoppen. Ganz einfach.«
    Auch Faruk Sen waren die entgeisterten Mienen der Neuankömmlinge nicht entgangen. »Mustafa weiß genau, was er tut. Sie dürfen den Verkehr hier nicht an ihren europäischen Maßstäben messen. Es geht alles etwas chaotischer zu, aber weil wir das gewohnt sind, ist es nicht weniger sicher als anderswo.«
    Vor ihnen tauchte die Zufahrt zu einer Autobahn auf, die rettungslos verstopft war. Sen sprach ein paar Worte auf Türkisch mit dem Fahrer, und der riss das Steuer herum und bog in eine Seitenstraße ein, wobei er zwei Spuren schnitt und erneut eine Reihe schimpfender und hupender Fahrer hinter sich ließ.
    Kati krallte sich in ihren Sitz. Sie fragte sich ernsthaft, ob sie auf diese Weise heil ihr Ziel erreichen würden. Sie suchte nach einem Sicherheitsgurt, aber so etwas gab es in diesemFahrzeug nicht. Ilyas verfolgte die Manöver ihres Fahrers mit unbewegtem Gesicht. Wahrscheinlich nahm er an, das sei die normale Art, sich im Straßenverkehr zu bewegen. Zum ersten Mal wünschte sich Kati, über solche Unkenntnis zu verfügen. Dann würde sie die Fahrt weitaus besser überstehen.
    »Wir nehmen die Küstenstraße.« Faruk Sen, der vorn neben Mustafa saß, drehte sich zu seinen Fahrgästen um. »Das dauert zwar etwas länger, aber dafür bekommen Sie schon mal einen ersten Eindruck von unserer schönen Stadt.«
    Viel Schönes war allerdings auf den ersten Kilometern nicht zu sehen. Sie fuhren durch ein ödes Industriegebiet, wie es so häufig in der Nähe von Flughäfen zu finden ist: Lagerhäuser, Tanks, flache, in Schnellbauweise zusammengebaute Fabriken und mittendrin vertrocknetes Brachland, aus dem hier und da wie knochige Finger die Reste von Betonkonstruktionen, halb eingestürzte Schuppen sowie die Ruinen von kleinen Häusern aufragten, die man, nachdem sie ihren Zweck erfüllt hatten, einfach vergessen hatte.
    Besser wurde es erst, als sie sich der Küste näherten. Zwar versperrten ab und zu Einkaufszentren oder Mauern den Blick, aber dazwischen tauchte immer wieder das Marmara-Meer auf, das im Licht der Sonne golden schimmerte. Wie Spielzeugboote sahen die weißen Linienschiffe aus, die zwischen den riesigen Frachtern auf den Bosporus zusteuerten. Sie kamen an großzügigen Parks vorbei, in denen Kinder spielten oder alte Frauen auf Bänken saßen, während Männer mit langen Angelruten in der Hand zielstrebig dem Ufer entgegenliefen.
    Auf der anderen Seite der Straße wechselten sich Läden mitTavernen ab, deren Tische und Stühle kreuz und quer davor auf dem Gehsteig verstreut waren. Die Gebäude machten zum Teil einen abenteuerlichen Eindruck mit ihrer Mischung aus Glas und bunt bemalten Sperrholz- oder Resopalplatten. Überall saßen Leute und aßen, tranken und redeten. Durch die Tischreihen schlängelten sich kleine Zigeunerkapellen und spielten für die Anwesenden auf.
    »Das ist Kumkapı«, erklärte Faruk Sen. »Ganz in der Nähe ist der Fischmarkt, deshalb bekommt man hier auch zu jeder Tages- und Nachtzeit ganz exzellente Fischgerichte.« Er strich sich genießerisch über den Bauch, den er sicher auch schon viele Mal hierhergetragen hatte.
    Je näher sie der Stadt kamen, desto dichter wurde der Verkehr. Mustafa, dessen Fahrstil man während des größten Teils der Strecke durchaus als zurückhaltend hätte bezeichnen können, kam nun wieder in sein Element. Alle paar Sekunden drückte er auf die Hupe, schwenkte mal nach rechts, mal nach links und schimpfte aus dem geöffneten Fenster heraus auf die anderen Autofahrer, als ob sich alle gegen sein rasches Fortkommen verschworen hätten.
    Die Sonne versank im Meer, als sie auf die legendäre Galatabrücke fuhren. Das bessere Wort wäre heranschleichen, dachte Kati, denn hier nutzten Mustafa seine ganzen Fahrtkünste nichts mehr. Der Verkehr war zum Erliegen gekommen und nur alle paar Minuten bewegte sich die träge Masse der Fahrzeuge einen Meter voran. Trotzdem ließ es sich kaum ein Fahrer nehmen, durch immerwährendes Hupen seine Vorderleute daran zu erinnern, dass er noch da war.
    Die Überquerung der Brücke dauerte fast so lange wiedie Fahrt vom Flughafen bis hierhin. Kati sah die Lichter der Schiffe, die unter ihnen das Goldene Horn hinaufzogen. Überhaupt wimmelte es auf dem Wasser zur Rechten und zur Linken von beweglichen Lichtern, die wie Glühwürmchen in alle möglichen Richtungen auseinanderzustieben und dann wieder zusammenzukommen schienen.
    »Da rechts von uns liegt der Fährhafen von

Weitere Kostenlose Bücher