Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Assassino

Assassino

Titel: Assassino Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Ruebenstrunk
Vom Netzwerk:
Herzklopfen in ihrer Brust verstärkte noch das ungute Gefühl, das sich während Marts Erklärungen bei ihr eingestellt hatte.
    Es gab nur eine Möglichkeit: Sie musste mit Bernie sprechen.
    Kati stand auf, schlüpfte in Hose und Sweatshirt und lief barfuß die Treppe hinunter. Bernie öffnete ihr gleich nach dem ersten Klopfen. Er sah nicht danach aus, als habe er imBett gelegen, und Kati flog in seine ausgebreiteten Arme und legte den Kopf an seine Brust.
    Auch wenn Bernies offizieller Titel der eines Assistenten von Bergman war, so war er doch viel mehr. Ursprünglich hatte Katis Vater ihn als Leibwächter und Krankenpfleger angeheuert, aber sein Tätigkeitsbereich hatte sich schnell ausgeweitet. Unter anderem hatte er die Rolle eines Kindermädchens für Kati eingenommen, und sie hatte ihn bald der für sie angestellten Betreuerin vorgezogen. Im Laufe der Jahre hatte sich zwischen ihnen beiden ein enges Vertrauensverhältnis entwickelt.
    Bernies Zimmer war ebenso spartanisch ausgestattet wie ihres. Er führte sie zu dem Stuhl am Schreibtisch. Er selbst blieb stehen und lehnte sich gegen den Kleiderschrank. Er war immer noch gut in Form. Man sah ihm an, dass er täglich trainierte und auf seine Ernährung achtete. Während Martin Bergman eher ein Fleischesser war, hatte Bernie ihr die Finessen der Salatzubereitung nahegebracht und sie gelehrt, wie schmackhaft ein gesundes Essen sein konnte.
    »Hast du das alles gewusst?«, fragte sie ohne Umschweife.
    Er wich ihrem Blick nicht aus. »Ja.«
    »Und du hast mir nie etwas davon erzählt.«
    »Weil mir das nicht zusteht. Dein Vater hat mich ins Vertrauen gezogen. Wenn du mir etwas Vertrauliches mitteilst, würde ich ihm das auch nicht sagen.«
    »Aber das   … das ist so ungeheuerlich.«
    »Was? Dass dein Vater ein Leben hatte, bevor er an den Rollstuhl gefesselt wurde? Dass er Fehler gemacht hat?«
    »Natürlich nicht!« Sie warf die Hände in die Höhe. »Odervielleicht doch? Immerhin bin ich direkt betroffen, nur weil er einen alten Streit mit diesem Muller hat.«
    »Es ist mehr als ein Streit, Kati. Es ist eine Sache auf Leben und Tod.«
    »Jetzt werd nicht melodramatisch. Wer ist denn gestorben?«
    Bernie sah sie schweigend an. Er überlegte. Schließlich sagte er: »Deine Mutter.«
    »Was?!« Kati sprang auf. »Willst du sagen, dieser Muller hat meine Mutter umgebracht?«
    Der breitschultrige Mann seufzte. »Es ist komplizierter, als du denkst, Kati. Und nicht alles im Leben ist schwarz oder weiß, auch wenn wir uns das oft wünschen.«
    Sie packte ihn am Arm und rüttelte ihn. »Was ist mit meiner Mutter?«
    »Du kennst die Geschichte. Deine Eltern hatten einen Unfall, als du vier Jahre alt warst. Ihr Auto kam von der Straße ab und stürzte eine Anhöhe hinunter. Deine Mutter war sofort tot, dein Vater ist seitdem von der Hüfte abwärts gelähmt.«
    »Natürlich weiß ich das. Was soll daran neu sein?«
    »Dein Vater vermutet, dass Muller das Auto sabotiert hat, um ihn aus dem Weg zu räumen.«
    »Er vermutet?« Kati hätte am liebsten auf Bernie eingeprügelt, der sich jedes Wort einzeln aus der Nase ziehen ließ.
    »Es gibt keine Beweise dafür.« Er sah Kati mitfühlend an. »Deshalb wollte dein Vater dich damit auch nicht belasten.«
    Das war typisch Mart!
    »Und jetzt ist das anders?«
    »Jetzt bist du erwachsen und hast es ebenfalls mit Muller zu tun. Da solltest du wissen, woran du bist.«
    »Danke, Bernie.« Kati wanderte im Zimmer auf und ab. »Ich hätte mich gefreut, wenn Mart mir das selbst gesagt hätte.«
    »Du kennst deinen Vater, Kati. Was er tut oder nicht tut, das macht er, weil er dich schützen will.«
    Ja, sie kannte ihren Vater. Er war im Grunde seines Herzens ein Einzelgänger, eine Eigenschaft, die sie wohl von ihm geerbt hatte. Warum wunderte sie sich dann immer wieder, wenn er etwas vor ihr verheimlichte? Und warum schmerzte es sie?
    Aber jetzt hatte sie keine Zeit, sich in solchen Gedanken zu verlieren. »Wenn Muller das Auto wirklich sabotiert hat, dann hat Mart das doch sicher nicht einfach so hingenommen?«, fragte sie.
    »Jetzt geraten wir auf verbotenes Terrain.« Bernies Gesicht nahm einen abweisenden Ausdruck an. Es war zwecklos, noch mehr aus ihm herauszubekommen. Aber manchmal hatte auch die Verweigerung einer Auskunft einen Informationswert. Ihr Vater hatte also wahrscheinlich versucht, sich an Muller zu rächen. War der ebenfalls verheiratet? Hatte er eine Frau, die auch Opfer eines Unfalls geworden war?
    Von Bernie

Weitere Kostenlose Bücher