Assassino
machte ihm Vorschriften, er konnte seine Meinung sagen, durfte widersprechen.Aber zugleich musste er auch selbst entscheiden. Das war es, was Guégen gemeint hatte. Das Leben wurde dadurch nicht leichter.
Aber es wurde erfüllter.
Und jetzt, da er an dieser Freiheit geschnuppert und Gefallen daran gefunden hatte, musste er wieder gehorchen.
Er musste Tamar folgen.
Das war seine Bestimmung.
Und seine Strafe.
Assassinen
1.
Mustafa setzte sie vor dem Eingang des Kemal Palace ab. Das Hotel war ein gesichtsloses Hochhaus aus Glas und Beton mitten im Stadtviertel Beyo ğ lu.
»Es sieht vielleicht nicht so aus, aber hier kocht einer der besten Küchenchefs Istanbuls«, erklärte Bergman, während sie mit dem Fahrstuhl ins achtzehnte Stockwerk fuhren. »Und der Ausblick allein soll einen Besuch wert sein.«
Er hatte nicht zu viel versprochen. Die Dachterrasse des Restaurants bot einen fantastischen Blick über die Stadt, weit über das Goldene Horn hinweg, das im Sonnenlicht schimmerte. In dieser Höhe wurde der Lärm der Stadt zu einem leisen Hintergrundrauschen und die in den Straßenschluchten oft unerträglich stickige Luft war hier oben frisch und rein.
Bergmans Bodyguards schoben den Rollstuhl an einen Tisch und zogen sich dann ins Innere des Restaurants zurück. Zwei von ihnen bezogen Position vor den Aufzügen und der dritte postierte sich im Treppenhaus. Außer ihnen waren keine anderen Gäste anwesend.
»Faruk Sen hat dafür gesorgt, dass wir unter uns sind«, lächelte Katis Vater. »Ich weiß auch nicht, wie er das immeranstellt, aber der Mann hat Verbindungen, die jeden Diplomaten neidisch machen müssen.«
Außer Kati und ihrem Vater waren Ilyas, Chris und Seamus anwesend. Bernie war mit einem Auftrag unterwegs, den Bergman ihm erteilt hatte. Dafür war Paola diesmal dabei, auf deren Einladung Chris bestanden hatte.
Kati gefiel das nicht. Ilyas konnte es deutlich in ihrem Gesicht lesen, als die junge Frau mit ein paar Minuten Verspätung eintraf. Was hatte sie gegen Paola? Die Studentin hatte ihnen geholfen und sie hatte ihn von Anfang an wie einen normalen Mann behandelt und nicht wie einen kleinen Jungen. Bei Kati hingegen hatte er manchmal den Eindruck, sie traue ihm nicht zu, sich allein in dieser Welt zurechtzufinden. Er akzeptierte das, weil er wusste, dass sie nur sein Bestes wollte.
»Tut mir leid, wenn ich mich verspätet habe, aber die Einladung kam etwas kurzfristig«, erklärte Paola, während sie sich setzte. Ein freundlicher Kellner reichte ihnen die handgeschriebenen Speisekarten und nahm ihre Getränkewünsche auf. Ilyas fragte ihn nach den Toiletten, und der Mann bat ihn, ihm zu folgen.
Sie durchquerten den Innenraum, wo Bergmans Bodyguards neben dem Fahrstuhl und dem Treppenaufgang Wache hielten, gingen an einer langen, verwaisten Bar vorbei und bogen dahinter nach rechts in einen Flur ein, von dem mehrere Türen abgingen. Der Kellner zeigte auf eine Tür am Ende des Gangs und Ilyas bedankte sich mit einem Kopfnicken.
Wie immer in den letzten Tagen war er überrascht davon,welche Aufmerksamkeit man in dieser Welt der menschlichen Notdurft schenkte. Diese Toilette war so groß wie eine ganze Wohnung, in der bequem zehn Personen Platz gefunden hätten. Boden und Wände bestanden aus glänzendem Marmor, wie man sie sonst nur in Fürstenpalästen fand. Die Griffe der silbernen Armaturen waren aus Gold und die Waschbecken so groß wie eine kleine Badewanne. Er fuhr mit der Hand über das glatte, geschmeidige Porzellan des Beckens. Welch ein Reichtum! Und welch eine Verschwendung von Platz in einer Stadt, in der er die Enge gesehen hatte, in der viele Menschen hausen mussten.
Nachdem er sich erleichtert hatte, wusch er sich die Hände und trocknete sie mit einem der weichen, vorgewärmten Handtücher ab. Plötzlich flog die Tür auf.
Vor ihm stand Remzi und richtete eine
Emmpie
auf ihn. Hinter ihm sah er einen zweiten Mann – den freundlichen Kellner.
»So trifft man sich wieder.« Ein Raubtierlächeln lag auf Remzis Gesicht. »Diesmal gibt es kein Fenster, durch das du springen kannst. Umdrehen und Hände auf den Rücken!«
Ilyas tat, wie ihm geheißen. In seiner Lage hatte er gegen die Waffen keine Chance. Also musste er abwarten, bis sich eine bessere Gelegenheit bieten würde. Dies war der Überfall auf Martin Bergman, mit dem er gerechnet hatte. Hätte er ihn doch nur früher gewarnt! Aber er hatte sich darauf verlassen, einen Angriff der Bruderschaft rechtzeitig zu
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