Assassino
erkennen und den Mann verteidigen zu können. Stattdessen saß er jetzt in der Falle und Kati und ihr Vater waren diesen Männern ausgeliefert. Er musste ihnen unbedingt zu Hilfe kommen!
Aber seine Gegner wussten um seine Kampfkünste und verhielten sich entsprechend vorsichtig. Remzi war zwei Schritte zur Seite getreten, um freie Schussbahn zu haben. Im Spiegel sah er, wie der falsche Kellner vortrat und nach seinen Händen griff. Der Mann umschloss Ilyas Handgelenke mit einer eng anliegenden Fessel und trat dann schnell zurück. Remzi machte eine kurze Bewegung mit der Waffe. »Und jetzt sofort raus!«
Er dirigierte ihn durch eine Tür auf der gegenüberliegenden Seite des Gangs. Ilyas prüfte unauffällig die Fesseln. Sie waren aus einem ihm unbekannten Material und lagen fest an. Er spannte leicht die Arme, aber die Bänder gaben keinen Millimeter nach, sondern drückten sich nur tiefer in seine Haut.
Sie traten in einen großen Raum, der von zwei Reihen metallener Schränke durchzogen wurde, deren Oberflächen zum Teil aus Gittern bestanden. Darüber hingen von der Decke des Zimmers seltsame Metallgebilde. Auf einigen der Schränke standen Pfannen und Töpfe, und Ilyas schloss daraus, dass es sich hier wohl um eine Küche handeln musste. In einem Nebenraum stießen sie auf Claude und Said, die dort acht gefesselte Männer bewachten.
»Sieh an, unser Freund aus dem Basar«, höhnte Claude, der ebenfalls Hemd und Hose eines Kellners trug, als er Ilyas erblickte. »Hast du Sehnsucht nach deinen Brüdern gehabt?«
»Schluss jetzt!«, kommandierte Remzi. Er wandte sich an den Mann in Kellnerkleidung, den Ilyas nicht kannte und der vermutlich der vierte Mann war, für den sie ihn anfangs gehalten hatten. »Sassan, sobald hier alles gesichert ist, bringstdu unseren Freund hier nach unten und verpackst ihn im Wagen. Wir gehen jetzt los.«
Sassan nickte. Die anderen drei verschwanden im Flur.
Sassan drängte Ilyas aus dem Raum heraus und verschloss die Tür von außen. Er holte aus einem Rucksack, der neben der Tür lehnte, einen Behälter aus Metall, an dem oben ein dünner Schlauch befestigt war. Er stellte den Behälter vor die Tür, zog den Schlüssel aus dem Schloss und steckte stattdessen den Schlauch hinein. Dann drehte er an einem kleinen Rad auf dem Behälter. Ein leises Zischen war zu hören.
»Los, weg jetzt!«, befahl Sassan. Er trieb Ilyas vor sich her durch die Küche zurück und in den Gang, allerdings nicht in Richtung der Terrasse. Sie traten in einen der fahrenden Räume, die man »Aufzug« nannte und fuhren abwärts.
Mit jeder Sekunde entfernten sie sich weiter von Kati. Sein Gegner stand in der gegenüberliegenden Ecke des Aufzugs, die Waffe auf ihn gerichtet. Damit fehlte auch das Überraschungsmoment für einen Angriff.
Zum ersten Mal seit langer Zeit empfand Ilyas eine tiefe Hilflosigkeit. Er hatte seine Freunde im Stich gelassen! Es war wie damals, als er zusah, wie Aschkan mehr und mehr verzweifelte, und er sich unfähig fühlte, dagegen etwas zu unternehmen.
In einem riesigen Keller, der voller Autos stand, stiegen sie aus. Sassan dirigierte ihn zu einem verbeulten silbernen Fahrzeug. Ohne die Waffe zu senken, öffnete er eine der Hintertüren und bedeutete Ilyas einzusteigen.
Das war die Gelegenheit! Der Mann stand nah bei der Tür. Ilyas tat so, als beuge er sich vor und wirbelte dann herum.
Zumindest war das sein Plan gewesen. Denn bevor er sich ganz gedreht hatte, erhielt er einen kräftigen Schlag auf den Kopf und es wurde dunkel um ihn.
2.
Kati fragte sich, wo Ilyas so lange blieb. Ein Schauer lief ihr über den Rücken, und auf ihren Armen bildete sich eine Gänsehaut, obwohl es weder windig noch kalt war. Ihr Herz schlug schneller, und unruhig rutschte sie auf ihrem Stuhl hin und her.
Ihr Vater unterhielt sich angeregt mit Seamus über irgendwelche alten Handschriften, und Chris plauderte mit Paola. Sie war wieder ganz in Schwarz gekleidet und hatte nur dezent Make-up aufgetragen, aber die Wirkung war umwerfend. Kati fühlte sich seit ihrem Auftauchen in ihren Sachen unwohl, obwohl sie, wie sie wusste, darin sicher nicht schlecht aussah. Es war auch weniger die Kleidung, sondern die Art, wie Paola sie trug, als wäre sie eine zweite Haut, die ihre körperlichen Vorzüge noch unterstrich.
Kati drehte sich um und blickte ins Innere des Restaurants. Ein Kellner kam mit einem Tablett in den Händen auf sie zu. Hinter ihm glaubte sie, zwei weitere Gestalten erkennen zu
Weitere Kostenlose Bücher