Assassin's Creed: Der geheime Kreuzzug (German Edition)
Herzschläge lang. Er sah, wie das Leuchten verblasste, empfand Staunen und Angst in einem, fühlte sich zu dem Artefakt hingezogen und von ihm abgestoßen. Dann verstaute er es wieder, und der Spion sagte: „Ein schönes Spielzeug, das Ihr da habt. Hättet Ihr etwas dagegen, wenn ich es mir ausliehe?“
Altaïr wusste eines mit Bestimmtheit – um den Apfel in die Finger zu bekommen, musste der Templer ihm das Artefakt aus den toten Händen winden. Er zog blank, war zum Kampf bereit. Der Templer lächelte voller Vorfreude auf das Duell und wollte gerade vom Wehrgang heruntersteigen, als …
Er hielt inne.
Und das Lächeln rann ihm vom Gesicht wie tropfendes Öl.
Aus seiner Brust ragte eine Klinge hervor. Auf seiner weißen Tunika erblühte eine blutrote Blüte und verschmolz mit dem roten Kreuz. Der Mann blickte an sich hinunter, völlig verblüfft, als frage er sich, wie die Waffe da hingekommen war. Auf dem Hof unter ihm stellte Altaïr sich dieselbe Frage. Dann geriet der Templer ins Wanken, und Altaïr sah eine Gestalt hinter ihm. Eine Gestalt, die er erkannte – Maria.
Sie lächelte und versetzte dem Spion einen Schubs. Er stürzte von der Mauer und schlug schwer auf die Stufen, die in den Hof hinunterführten. Blut tropfte von Marias Schwert. Sie grinste Altaïr zu, schüttelte ihre Klinge ab und schob sie zurück in die Scheide.
„Ihr hattet den Apfel also schon die ganze Zeit “ , stellte sie fest.
Er nickte. „Und nun habt Ihr gesehen, was für eine gefährliche Waffe dieses Artefakt in den falschen Händen wäre.“
„Ich bin nicht sicher, ob ich die Euren als die richtigen bezeichnen würde“, erwiderte sie.
„Nein, da habt Ihr ganz recht. Ich werde den Apfel zerstören … oder ihn verstecken. Das kann ich erst entscheiden, wenn ich das Archiv gefunden habe.“
Maria grinste. „Ihr könnt aufhören, danach zu suchen. Ihr steht nämlich darauf.“
47
Just in diesem Moment erscholl vom Hofeingang her großes Geschrei, und eine Gruppe von Templern stürmte herein. Ihre Augen funkelten gefährlich hinter den Schlitzen ihrer Visiere.
Von oben rief Maria herab: „Hier entlang, schnell!“ Sie drehte sich um und lief über den Wehrgang auf eine Tür zu. Altaïr wollte ihr gerade folgen, als drei Männer sich auf ihn stürzten. Er fluchte, setzte sich mit seinem Schwert zur Wehr, Stahl klirrte, und er verlor Maria aus den Augen.
Die Männer verstanden ihr Handwerk und hatten hart trainiert, wovon nicht nur ihr muskulöser Nacken kündete. Aber nicht einmal drei Ritter konnten dem Assassinen das Wasser reichen. Er tanzte flink um sie herum und hieb nach ihnen, bis alle drei tot zu seinen Füßen lagen.
Er warf einen Blick nach oben. Die Wehrgänge waren leer. Am oberen Ende der Treppe lag nur die Leiche des Templerspions. Von Maria keine Spur. Er jagte die Stufen hinauf und hielt oben nur kurz inne, um einen Blick auf den Toten zu werfen. Wenn die Aufgabe eines Spions darin bestand, den Feind zu stören, dann hatte dieser hier die seine gut erfüllt. Er hatte das Volk beinah gegen die Widerstandskämpfer aufgebracht und die Menschen in die Arme der Templer getrieben, die nicht vorhatten, sie zu erleuchten, sondern sie zu unterdrücken und zu kontrollieren.
Altaïr rannte weiter und erreichte die Tür am Ende des Wehrgangs. Dann war dies also der Eingang in das Gebäude, welches das Archiv beherbergte. Er trat ein.
Hinter ihm schlug die Tür zu. Er fand sich auf einem Pfad wieder, der an der Wand eines tiefen Schachts entlang nach unten führte. In Wandhalterungen steckten Fackeln, die dürftiges Licht verbreiteten und flackernde Schatten auf die Templerkreuze warfen, mit denen die Wände verziert waren. Es war still.
Nein, nicht ganz.
Von irgendwo aus der Tiefe vernahm er Rufe. Wachen vielleicht, die auf Marias Anwesenheit aufmerksam geworden waren? Ein solcher Freigeist wie sie hätte sich nie und nimmer den Ideologien der Templer anpassen können. Jetzt war sie eine Verräterin. Sie war ins Lager der Assassinen gewechselt – sie hatte einen Templer getötet und einem Assassinen gezeigt, wo das Archiv zu finden war. Man würde sie an Ort und Stelle umbringen. Aber so, wie er sie im Kampf erlebt hatte, mochte das leichter gesagt als getan sein.
Er machte sich auf den Weg in die Tiefe, rannte im Halbdunkel liegende Stufen hinunter, setzte hier und da mit einem Sprung über Lücken im bröckelnden Gemäuer hinweg, bis er einen Raum mit sandigem Boden erreichte. Dort trafen
Weitere Kostenlose Bücher