Assassin's Creed: Der geheime Kreuzzug (German Edition)
dürfen.“
„Was Ihr ja getan habt“, erwiderte Altaïr freundlich.
„Ja, ja, aber aus einem bestimmten Grund, wie ich fürchte“, antwortete Fahad mit trübem Lächeln. Er rückte im Sattel hin und her. „Ich bin hier, um den Mörder meines Sohnes aufzuspüren.“
„Was Ihr ebenfalls getan habt“, sagte Altaïr unverändert freundlich.
Das Lächeln schwand aus Fahads Gesicht. „Ich verstehe“, meinte er und lehnte sich vor. „Wer von Euch ist es also?“ Sein Blick wanderte an der Reihe der Assassinen entlang.
„Habt Ihr keinen Zeugen, der den Mörder Eures Sohnes identifizieren kann?“, fragte Altaïr. „Kann er nicht auf den Täter unter uns zeigen?“
„Ich hatte einen“, seufzte Fahad. „Aber die Mutter meines Sohnes ließ ihm die Augen ausstechen.“
„Aha“, sagte Altaïr. „Nun, er war ein Wiesel. Es mag Euch ein Trost sein, dass er kaum etwas unternahm, um Euren Sohn zu beschützen oder ihn gar zu rächen, als er tot war. Kaum stand er zwei alten Männern gegenüber anstatt nur einem, zog er den Schwanz ein und rannte davon.“
Fahads Gesicht lief dunkel an.
„Ihr?“
Altaïr nickte. „Euer Sohn starb so, wie er lebte, Fahad. Es machte ihm Spaß, Schmerzen zu bereiten.“
„Ein Zug, den er von seiner Mutter geerbt hat.“
„Verstehe.“
„Und sie besteht darauf, dass sein Name gerächt wird.“
„Dann gibt es nichts mehr zu sagen“, erwiderte Altaïr. „Es sei denn, Ihr habt vor, Euren Versuch jetzt zu wagen? Ansonsten werde ich Euch in Kürze mit Eurer Armee erwarten.“
Fahad sah argwöhnisch drein. „Ihr wollt mich gehen lassen? Keine Bogenschützen, um mich aufzuhalten? Und das, obwohl Ihr wisst, dass ich mit einer Streitmacht zurückkehren werde, die Euch zermalmen wird?“
„Wenn ich Euch umbrächte, zöge ich mir den Zorn Eurer Frau zu.“ Altaïr lächelte. „Und außerdem habe ich das Gefühl, dass Ihr Eure Absicht, Masyaf anzugreifen, auf dem Weg zurück in Euer Lager noch einmal überdenken werdet.“
„Und warum sollte ich das tun?“
Altaïr lächelte immer noch. „Fahad, wenn wir gegeneinander kämpften, gäbe keiner von uns nach. Wir würden beide mehr aufs Spiel setzen, als die Trauer es wert ist. Meine Gemeinschaft wäre verheert, vielleicht irreparabel – aber Eure wäre das auch.“
Fahad schien zu überlegen. „Aber über den Preis der Trauer entscheide nun einmal ich.“
„Vor nicht allzu langer Zeit habe ich meinen eigenen Sohn verloren“, sagte Altaïr, „und deswegen war ich drauf und dran, alle Menschen zu verlieren, die mir etwas bedeuten. Ich erkannte, dass dieser Preis zu hoch war, um ihn zu zahlen, selbst für meinen Sohn. Wenn Ihr gegen uns zu den Waffen greift, riskiert auch Ihr einen solchen Verlust. Ich bin sicher, dass die Werte Eurer Gemeinschaft sich gravierend von denen der meinen unterscheiden, aber sie sind auf ihre Weise genauso hoch und sollten nicht leichtfertig verspielt werden.“
Fahad nickte. „Ihr seid ein klügerer Kopf als Euer Vorgänger, Altaïr. Vieles von dem, was Ihr sagt, ergibt Sinn, und ich werde in der Tat auf dem Ritt zurück zum Lager darüber nachdenken. Außerdem werde ich mich bemühen, es meiner Frau darzulegen.“ Er nahm die Zügel auf und wendete sein Pferd. „Viel Glück, Assassine“, wünschte er.
„Ich glaube eher, Ihr seid derjenige, der Glück brauchen wird.“
Der Räuber schenkte ihm noch ein trübes, schiefes Lächeln, dann zog er ab. Altaïr lachte in sich hinein und schaute zur Zitadelle hinauf.
Es gab viel zu tun.
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12. August 1257
Es ist also zu spät, um aus Masyaf zu fliehen, bevor die Mongolen kommen. Denn sie sind da . Deshalb brechen wir binnen Stunden nach Konstantinopel auf, und ich schreibe diese Worte eilig nieder, während unsere Sachen bereits von Helfern auf die Karren verladen werden. Und wenn Maffeo glaubt, die scharfen Blicke, die er mir unentwegt zuwirft, könnten mich veranlassen, die Feder wegzulegen und ihnen zur Hand zu gehen, so hat er sich geirrt. Ich weiß nun, dass diese Worte für zukünftige Assassinen von größter Wichtigkeit sein werden. Sie müssen sofort festgehalten werden.
Es handelt sich um einen kleinen Voraustrupp, so hat man es uns jedenfalls gesagt. Aber die Hauptstreitmacht ist nicht weit entfernt. Der Voraustrupp scheint sich derweil eigene Lorbeeren verdienen zu wollen und hat zwar kleine, aber erbitterte Angriffe unternommen. Die Feinde erklommen die Mauern des Dorfes und kämpften auf den Wehrgängen, bevor sie sich
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