Assassin's Creed: Renaissance - Der offizielle Roman zum Videogamebestseller Assassin’s Creed 2 (German Edition)
woran ich herumbastele. Aber ich wollte es nicht zurücklassen.“
„Was ist es?“
Leonardo zierte sich. „Ich rede nicht gern über Dinge, bevor sie fertig sind …“
„Leonardo! Mir könnt Ihr doch vertrauen.“ Ezio senkte die Stimme. „Immerhin habe auch ich Euch Geheimnisse anvertraut.“
Leonardo rang mit sich, dann gab er nach. „Na gut, aber Ihr dürft mit niemandem darüber sprechen.“
„Promesso.“
„Jedermann würde Euch für verrückt halten, wenn Ihr davon erzähltet“, fuhr Leonardo fort, aber seine Stimme klang ganz aufgeregt. „Hört zu. Ich glaube, ich habe eine Möglichkeit gefunden, wie ein Mensch fliegen kann!“
Ezio sah ihn an und lachte ungläubig.
„Eines Tages wird Euch dieses Grinsen noch vergehen“, sagte Leonardo gutmütig.
Er wechselte das Thema und begann über Venedig zu plaudern, La Serenissima, die Stadt, die zum Rest Italiens Distanz wahrte und oft eher nach Osten als nach Westen blickte, sowohl der Handelsmöglichkeiten wegen als auch vor Angst, denn die Herrschaft der ottomanischen Türken erstreckte sich dieser Tage über die halbe Nordküste der Adria. Er sprach von der Schönheit und der Treulosigkeit Venedigs, von der festen Entschlossenheit der Stadt, Geld zu machen, von ihrem Reichtum und ihrer seltsamen Konstruktion – eine Stadt aus Kanälen, die sich aus einer Marschlandschaft heraus erhob und auf einem Fundament aus Tausenden von Holzpfählen errichtet worden war –, von der erbittert gewahrten Unabhängigkeit und der politischen Macht der Stadt: Es war noch keine dreihundert Jahre her, seit der Doge von Venedig einen ganzen Kreuzzug vom Heiligen Land aus umgelenkt hatte, auf dass er seinen eigenen Zielen diente und jedwede kommerzielle als auch militärische Konkurrenz seines Stadtstaats vernichtete und das byzantinische Reich in die Knie zwang. Leonardo erzählte weiter von den geheimen, tintenschwarzen Seitenarmen und toten Wassern, den hoch aufragenden, von Kerzen erleuchteten palazzi , dem merkwürdigen italienischen Dialekt, den man dort sprach, von der über allem lastenden Stille, von der grellen Pracht der Kleidung, den großartigen Malern, deren Prinz Giovanni Bellini war, den zu treffen Leonardo kaum erwarten konnte, von der venezianischen Musik, den Maskenbällen und davon, wie man es in Venedig verstand zu protzen, wie auch von der dort zur Meisterschaft gebrachten Kunst des Vergiftens. „Und all das“, schloss Leonardo, „weiß ich nur aus Büchern. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie es in Wirklichkeit sein wird.“
Schmutzig wird es sein und voller Menschen, dachte Ezio kalt. Wie überall. Doch seinem Freund zeigte er ein beipflichtendes Lächeln. Leonardo war ein Träumer. Und Träumer sollten träumen dürfen.
Sie hatten eine Schlucht erreicht, und ihre Stimmen hallten von den Felswänden wider. Ezio blickte wachsam an den Kliffs empor, die den Weg zu beiden Seiten säumten, und spannte sich auf einmal. Die Reiter waren ihnen ein Stück voraus geritten, aber er hätte in dieser engen Kluft den Hufschlag ihrer Pferde hören müssen. Aber es war nichts zu vernehmen. Ein leichter Nebel war aufgekommen, der eine plötzliche Kühle mitgebracht hatte, und beides war nicht angetan, ihn zu beruhigen. Leonardo war blind und taub für die veränderte Situation, aber Ezio sah, dass auch die Fuhrleute unruhig geworden waren und sich aufmerksam umschauten.
Da kullerten kleine Steine an der Wand der Schlucht herab, und Ezios Pferd scheute. Er sah nach oben, blinzelte ins Licht der weit über ihnen stehenden Sonne und machte einen fliegenden Adler aus.
Jetzt merkte auch Leonardo, dass etwas nicht stimmte. „Was ist?“, fragte er.
„Wir sind nicht allein“, erwiderte Ezio. „Dort oben an den Kanten der Felswände könnten feindliche Bogenschützen stehen.“
Aber dann hörte er das Donnern der Hufe von mehreren Pferden, die sich ihnen von hinten näherten.
Ezio wendete sein Pferd und sah ein halbes Dutzend berittene Soldaten nahen. Ihr Banner zeigte ein rotes Kreuz auf einem gelben Schild.
„Borgia!“, zischte er und zog sein Schwert, als ein Bolzen in die Seite des Karren hämmerte. Die Fuhrmänner flüchteten bereits die Straße hinauf, und selbst die Ochsen wurden unruhig und legten sich freiwillig ins Zeug, um fortzukommen.
„Nehmt die Zügel und haltet die Ochsen in Bewegung!“, rief Ezio zu Leonardo hin. „Sie sind hinter mir her, nicht hinter Euch. Fahrt weiter, was auch geschieht!“
Leonardo leistete der
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