Assassin's Creed: Revelations - Die Offenbarung (German Edition)
einen durch die Luft flog, zog er eine seiner verborgenen Klingen ein und fing den abgetrennten Hellebardenkopf auf, ehe er zu Boden fiel. Den Stumpf des Schafts in der Faust, drosch er dem ehemaligen Besitzer der Waffe die Schneide der Axt in die Brust.
Nun zogen die anderen den Kreis enger und drangen auf ihn ein. Er konnte sich gerade noch ducken, spürte den Luftzug, mit dem eine geschwungene Hellebarde über ihn hinwegsichelte und seinen gebeugten Rücken nur um Zentimeter verfehlte. Er fuhr herum und hackte dem Angreifer, der vor ihm stand, die linke Klinge tief ins Bein. Aufheulend ging der Mann zu Boden.
Der Reisende packte die fallen gelassene Hellebarde, die ihm beinahe den Garaus gemacht hätte, ließ sie kreisen und trennte einem anderen Gegner die Hände ab. In hohem Bogen flogen sie durch die Luft, die Finger wie um Gnade flehend gekrümmt, und zogen einen Schweif aus Blut wie einen roten Regenbogen hinter sich her.
Das gebot den Angreifern für einen Moment Einhalt. Doch die Männer hatten schon Schlimmeres gesehen, und dem Reisenden blieb nur eine Sekunde, um sich zu sammeln, bevor sie wieder auf ihn losgingen. Er schwang die Hellebarde, und die Klinge grub sich tief in den Hals eines Mannes, der eben noch auf ihn zugesprungen war, um ihn zu Fall zu bringen. Der Reisende ließ den Schaft der Hellebarde los und brachte seine andere verborgene Klinge wieder zum Vorschein, damit er die Hände frei hatte, um einen Gegner zu packen, der mit einem Breitschwert bewaffnet war. Er schleuderte den Mann in eine Gruppe seiner Kameraden und entwand ihm dabei das Schwert. Er hielt es mit beiden Händen, und seine Muskeln spannten sich unter dem Gewicht, als er es gerade noch rechtzeitig hochriss, um einem weiteren Hellebardier den Helm zu spalten, der hinterrücks auf ihn zugekommen war, in der Hoffnung, ihn zu überraschen.
Das Schwert war gut und für diesen Kampf besser geeignet als der leichte Säbel, den er auf seiner Reise erworben hatte und jetzt an der Hüfte trug. Im Nahkampf waren allerdings die verborgenen Klingen unschlagbar. Sie hatten ihn noch nie im Stich gelassen.
Weitere Männer strömten von der Burg herab. Wie viele waren nötig, um diesen einzelnen Mann zu überwältigen? Sie drängten auf ihn zu, engten ihn ein, aber er wirbelte herum und sprang bald hierhin, bald dorthin, um sie zu verwirren. Einmal setzte er über den Rücken eines Mannes hinweg, landete sicher auf den Beinen, wehrte einen Schwerthieb mit der metallenen Armschiene über seinem linken Handgelenk ab und drehte sich, um dem Angreifer sein Schwert in den Leib zu rammen.
Doch dann … ein kurzes Stocken. Warum? Der Reisende hielt inne, holte Luft. Früher hatte er keine Atempause gebraucht. Er schaute auf. Immer noch war er umringt von Soldaten in grauen Kettenhemden.
Zwischen ihnen entdeckte der Reisende jedoch auf einmal einen anderen Mann.
Er hatte sich unter sie gemischt. Unbeobachtet, ruhig. Ein junger Mann in Weiß. Ansonsten gekleidet wie der Reisende selbst, die gleiche Kapuze auf dem Kopf, die nach vorn hin spitz zulief wie der Schnabel eines Adlers. Die Lippen des Reisenden teilten sich vor Staunen. Alles schien plötzlich ganz still zu sein. Alles schien zu ruhen, bis auf den jungen Mann in Weiß, der festen Schrittes, ruhig und unerschrocken seines Weges ging.
Der junge Mann schien sich durch das Kampfgeschehen zu bewegen, als spazierte er durch ein Maisfeld, als berührte es ihn nicht, als ginge es ihn nichts an. War das die gleiche Schnalle, die seinen Gürtel hielt, die gleiche, die auch der Reisende trug? Mit dem gleichen Insigne? Dem Insigne, das dem Reisenden seit über dreißig Jahren ins Bewusstsein und ins Leben gebrannt war – so wie sein Ringfinger vor langer Zeit gebrandmarkt worden war?
Der Reisende blinzelte, und als er die Augen wieder öffnete, war die Vision – wenn es denn eine gewesen war – verschwunden, und der Lärm, die Gerüche, die Gefahr waren wieder da, rings um ihn her, schlossen ihn ein. Reihenweise Feinde, denen er, da machte er sich nichts vor, weder Herr werden noch entkommen würde. Aber aus irgendeinem Grund fühlte er sich nicht mehr so allein.
Er hatte keine Zeit zum Nachdenken. Sie bedrängten ihn jetzt mit aller Macht, waren ebenso wütend wie voller Angst. Hiebe hagelten auf ihn herab, zu viele, um sie abzuwehren. Der Reisende kämpfte hart, tötete noch fünf, dann zehn. Aber er kämpfte gegen eine Hydra mit tausend Köpfen. Ein großer, kräftiger Mann trat auf ihn
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