Aster, Christian von - Die grosse Erdfer
Losung sagen, die ewigen Verse der Neuerung, woraufhin diese das Tor öffnen würden. Er würde den Kalten Schoß betreten, um aus den stählernen Eiern zwei Nachfahren zu erwählen, die das Eherne Volk stärken würden.
Fazzgadt blieb stehen und kniete nieder, um sich an die ewigen Verse der Neuerung zu erinnern, deren Aussprechen die Wächter veranlassen würde, ihn einzulassen.
Diese hatten nunmehr Haltung angenommen und ließen wie aus einem Mund ihren Text verlauten: »Was begehrst du, Abkömmling der Ehernen, dass du kniest vor diesem Ort, der da birgt die Zukunft deines Volkes? Deine Worte wähle mit Bedacht, denn sie sind der Schlüssel zu dem Tor, dessen Schutz wir unser Leben weihten.«
Jetzt waren die Verse der Neuerung gefragt. Wenn Fazzgadt sich recht entsann, hatten sie etwas mit Vergänglichkeit zu tun. Und Ewigkeit. Auf jeden Fall mit Zwergen. Das zumindest war sicher. Aber so sehr er sich auch anstrengte, die genauen Worte wollten ihm nicht unter den Helm kommen. Dabei hatte er sie auswendig gelernt. Eines nach dem anderen, und er war sich sicher, dass der nüchterne Teil in ihm sie genau kannte.
Bedauerlicherweise überwog zu diesem Zeitpunkt bei Weitem der nicht nüchterne Teil von ihm. Schließlich hatte er heute bereits ein paar Flaschen Trauertrunk geleert. * So stand Fazzgadt ein wenig hilflos vor dem stählernen Tor und beschloss schließlich, zu improvisieren. Er nuschelte etwas, das zumindest er selbst als wohlklingendes Versmaß erachtete, und flocht zwischendurch immer wieder einige deutlicher gesprochene Worte ein, die mit Sicherheit irgendwo ihren Platz in den Versen hatten.
»… das letzte trunk’ne Lied verklungen… seinen letzten Hammer geschwungen… hat in den Fels der Freund gebissen… Alle werden ihn vermissen… Er zieht in die Hohe Höhle ein… sein Geist wird nimmer nüchtern sein… Der Tote ruht im Flammengrab… ich hol jetzt seine Söhne ab.«
Im Lauf seines Vortrages gewann Fazzgadt mehr und mehr an Sicherheit, und war gegen Ende schließlich der Meinung, die Verse der Neuerung, wenn er sie verfehlt haben sollte, dann auf jeden Fall übertroffen zu haben. Im Brustton der Überzeugung beendete er seine Improvisation und schaute die beiden Wächter erwartungsvoll an. Die aber rührten sich nicht. Und da er gerade in Fahrt war, ließ Fazzgadt sich nicht lumpen.
»Hier stehe ich, mein Weg war hart… ich, des toten Bruder Bart.«
Zumindest den linken der beiden Wächter schienen Fazzgadts Worte offensichtlich zu amüsieren, während der andere noch immer die Hand vor das Gesicht geschlagen hatte und missmutig in seinen Bart murmelte.
Unter dem blonden Bart des linken Wächters zeichnete sich ein breites Lächeln ab, und er streckte fordernd die offene Hand in Richtung seines Mitwächters. »Diese Verse waren ja wohl so was von falsch. Du schuldest mir sechs Kiesel.« Sein Gegenüber aber wollte sich noch nicht geschlagen geben. »Ich denke, wir sollten ihm noch eine Chance lassen!«
»Wie du meinst.«
Sie stellten sich wieder in Position und blickten auf den Knienden hinab, die gekreuzten Äxte fest in den Händen. Dann sagten sie wieder im Chor: »Abkömmling des Ehernen Volkes, deine Worte wähle mit Bedacht, denn sie sind der Schlüssel zu dem Tor, dessen Schutz wir unser Leben weihten!«
Fazzgadt nahm an, dass er mit seinen Versen wohl doch etwas danebengelegen hatte. Dieses Mal gab er sich noch mehr Mühe, was bedeutete, dass er den fehlenden Inhalt durch Betonung und Lautstärke wettzumachen suchte.
»Den Atem verhaucht, der Herzstein verschlissen… der Freund hat in den Fels gebissen… Sein letztes Feuer ist verglommen… er ist hinüber, ganz und vollkommen… Sein Tod sei uns Mahnmal, sein Leben uns Zeichen… jeder muss dem Ende weichen… Wir sind nicht geschaffen, ewig zu wandeln… mit dem Schicksal lässt sich nicht handeln… Kurz ist der Zwerg und ewig der Stein… So war es stets und so wird es sein… Ewig sind Steine und ewig Gesetze… die in sie einst schlugen die Gesetzesmetze… Der Tote geht bei den Göttern ein… sein Platz, er muss erneuert sein… Ein Zwerg ist dahin, schafft Platz nun für zwei… darum erbitte ich das Ei.«
Seine Worte brachten nun auch den übellaunigen Wächter zum Grinsen. Fluchend zog er einen kleinen Beutel hinter seinem Brustharnisch hervor und drückte ihn dem anderen in die Hand. »Stahlkrätze und Asselplage, das ist jetzt das fünfte Mal in Folge. Ich weiß nicht, wie du das machst, du vermaledeiter
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