Aster, Christian von - Die grosse Erdfer

musste.
    Nur der Kopf des Felsläufers schaute aus der mächtigen Faust des Zwergs heraus. Das Tier blickte hin und her. Langsam mussten die Samen doch zu sehen sein!
    Die andere Hand des Zwergs sah das Tier nicht einmal kommen. Und dann drehte der Zwerg ihm den Hals um…
    Leise grunzend warf Khorrn Kastenwurz den toten Felsläufer in den Kamin. Er sah, wie die Flammen gierig nach dem Kadaver griffen. Nachdenklich fuhr sich der Zwerg über den Bart, während der Geruch verbrannten Fells sich mit dem verbrannten Fleisches mischte. Keine Spuren. So, wie der merkwürdige Fremde es ihm aufgetragen hatte. Er hatte ihm ein Stück Stoff gegeben und gesagt, der Felsläufer sei das vereinbarte Zeichen. Sie hatten das Tier geschickt, und nun würde er seinen Teil ihrer Vereinbarung erfüllen müssen. Obwohl Kastenwurz nicht recht verstand, was die Fremden mit dem, was sie ihm aufgetragen hatten, bezwecken wollten. In seiner Position als erster Käferer hätte er noch ganz andere Dinge tun können. Doch er sollte sich lediglich um die Rauchkäfer im Quartier der Stählernen Garde kümmern.
    Und er würde tun, was sie von ihm verlangt hatten. Für den Lohn, den sie ihm versprochen hatten, hätte er einiges getan. Eine Frau… Eine echte Frau. Allein für ihn. Dafür hatte er, den man den Unbestechlichen nannte, dem Neuen Stahl seine Seele verkauft. Für eine Frau. Die Macht der Fremden musste enorm sein…
    Er riss den Blick vom Kamin los, in dem sich die Knochen des Felsläufers bereits dunkel färbten, drehte sich langsam um und ging zu den Käfigen hinüber, um sich an die Arbeit zu machen.
     
     
    Der zweite Felsläufer des Meisters hatte es weiter. Sein Weg führte ihn aus dem Zwielicht der dunklen Höhle des Meisters zwei Ebenen tiefer. Dorthin, wo es warm war, wo Farne und andere Pflanzen wuchsen. Seine Krallen wirbelten über den Felsen, er flog förmlich um die Windungen der Gänge, von einem in den nächsten, unbeirrbar, wie ein Pfeil aus Fleisch, der seine Bahn kannte. Er hastete einen in die Tiefe führenden Gang hinunter, an einer Kreuzung vorbei, rannte über eine Ansammlung Schleimschleicher hinweg, die verwirrt ihre Fühler nach ihm ausstreckten, und weiter, tiefer in den Felsen hinein.
    Der Duft war stark. So stark.
    Seine Krallen zerrissen einige Wurzeln, er stürzte sich senkrecht in einen Schacht, landete auf allen vieren und rannte weiter.
    Es roch nach Ziel, nach Ziel und getrockneten Pflanzen. Ein kräftiger würziger Geruch, der sich mit dem des Ziels mischte. Das Wasser lief ihm Maul zusammen. Und dann erkannte er das unruhige Licht der Fackeln am Ende des Ganges.
    Der Rauchmeister hörte das Klappern, als der Felsläufer aus dem Loch in der Wand in den Käfig sprang. Zufrieden zog er an seiner Pfeife und stakste zwischen den getrockneten Tabakblättern, die von der Decke der Höhle hingen, auf den Käfig zu. Der kräftige Rauch mischte sich mit dem Geruch der Blätter.
    Nachtschattentabak. Einer der stärksten. Hier unten in den Niederungen wuchs er am besten. Dort, wo auch die Farne am besten gediehen. Daneben Runzelrinde, Tausendschmauch und Keuchkraut. Abertausende Blätter hingen von der Decke der Höhle herab, jedes einzelne größer als ein Zwerg. Blatt an Blatt trockneten sie in der warmen Luft, die aus den Magmahöhlen aufstieg.
    Beim Hindurchgehen streifte der Rauchmeister die Blätter, die leise knisterten. Wie die trockenen Blätter von der Glut seiner Pfeife verschont blieben, war allen ein Rätsel. Aber Staubboldt Stockbruch war einer der ältesten und besten Rauchmeister der Ehernen Tiefen. Sogar der Ewige Zwerg hätte angesichts seiner Tabakmischungen gestaunt. Stockbruch wusste, was man in welcher Menge welchem Kraut beifügen musste, um einen Zwerg sehen zu lassen, was hinter den Felsen war. Nach der richtigen Pfeife in Verbindung mit dem richtigen Bier konnte ein Zwerg eine gute Stunde lang mit den Göttern sprechen.
    Stockbruch aber sprach nicht mit den Göttern. Er experimentierte nur. Allerdings wussten die wenigsten, womit, und das war auch gut so. Geronnenes Fledermausblut, Schleimschleicherfühler und Schieferspringerspei waren nichts, was ein Zwerg gern bewusst zu sich genommen hätte. Aber sie gaben dem Tabak eine eigene Note. Und tatsächlich waren das noch die harmloseren seiner geheimen Zutaten.
    Im Moment glühte in seiner Pfeife jedenfalls neben einer zerstoßenen Aschassel auch geraspelter Trollfingernagel. Aber er hatte das Gefühl, dass er vielleicht doch besser einen