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Astrella 02 - Brudernacht

Astrella 02 - Brudernacht

Titel: Astrella 02 - Brudernacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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diese Gelegenheit beim Schopf zu packen. Er würde zu Frau Klimnich gehen und ihr behutsam beibringen, dass sich schon die erste Spur als reine Spekulation erwiesen hatte. Sie müsse deshalb weiter in den Tagebüchern ihres Mannes suchen, um etwas Eindeutigeres zu finden. Er würde ihr sagen, sie hätten im Grunde genommen schon von Anfang an mit diesem Ergebnis rechnen müssen, weil ihrem Mann die ganze Sache nur einen einzigen Eintrag wert gewesen war. Außerdem hatte er sich auch um seine Arbeit und sein Privatleben zu kümmern. Auch wenn Anne bis jetzt noch nichts von sich hatte hören lassen. Er vermisste sie.
    Hier stockte Astrella.
    Wollte er all das wirklich der alten Dame ins Gesicht sagen, die so viele Hoffnungen auf ihn setzte? Wie wollte er ihr glaubhaft darlegen, dass den Morden an ihrem Mann und dem anderen kein Plan zugrunde lag? Konnte er das verantworten, wo die Witwe ihren Lebensinhalt nur noch darin sah, den Mörder ihres Mannes zu finden? Es ging einzig und allein um ihren Mann. Was den Mord an Lemsack betraf, brauchte sie dieser nicht zu interessieren. Gerade das war doch die herausragende Arbeit der Polizei: Interesse für Verbrechen an Menschen zu haben, für die sich sonst niemand interessierte. Wäre es anders, gäbe es nicht die stetig zunehmenden Schwierigkeiten, Zeugen für Verbrechen zu finden, die sich oftmals direkt vor den Augen der sich unbeteiligt gebenden Zuschauer ereigneten. Jeder Polizist war allein seines Berufes wegen gezwungen, genau das nicht zu tun, was die Masse der Menschen tat: Verbrechen zu ignorieren, solange sie einen nicht selbst betrafen. Dabei war dies oft genug nur eine Frage der Zeit.
    Nachdem er die Arztpraxis verlassen hatte und um die nächste Straßenecke bog, wäre Astrella beinahe gestürzt: Er war plötzlich auf umherrollende Murmeln getreten. Kaum hatte er wieder festen Boden unter den Füßen, als auch schon ein schwarzer Wuschelkopf um ihn herumflitzte und flinke Hände nach den bunten Glaskugeln schnappten, die im Sonnenlicht glitzerten. Nur kurz huschte ein Blick aus einem feingeschnittenen Gesicht zu ihm hoch. Es war ein Mädchen, das als fliegende Händlerin hier ihren Stand mit allem möglichen Krimskrams aufgebaut hatte. Astrella schätzte sie auf knappe sechzehn Jahre.
    Da einige der Murmeln bereits auf die andere Straßenseite gerollt waren, zögerte Astrella keine Sekunde und half dem Mädchen. Minuten später lagen alle wieder in der Schachtel, die ihr offenbar vom Stand heruntergefallen waren. Sie strahlte ihn an, als sei der ganze Vorfall eine willkommene Abwechslung gewesen.
    »Danke fürs Helfen!« Ihre Stimme hatte einen sanften, melodiösen Klang und doch: Das Blitzen in ihren grünen Augen verriet Witz und Temperament. Astrella wusste, er sollte jetzt etwas sagen, doch es fiel ihm nichts ein. Zu krass war der Gegensatz zwischen dieser sonnenbestrahlten Fröhlichkeit und seiner Arbeit samt den damit verbundenen finsteren Gedanken. So blieb ihm nur ein hilfloses Nicken.
    Plötzlich streckte sie ihm überraschend ihre zu einer Faust geballte rechte Hand entgegen, sodass sie ihn an der Brust berührte. Er blieb stehen. Sie öffnete die Faust. Auf der Handinnenfläche lag ihre größte und schönste Murmel.
    »Für Sie! Ein kleines Dankeschön.«
    Astrella fühlte sich wie ein dummer Junge, dem die Lieblingstante über die Haare strich. Er hoffte nur, jetzt nicht auch noch den entsprechenden Gesichtsausdruck zu haben. Immer noch sprachlos nahm er ihr die Murmel aus der Hand. Flink schlossen sich ihre schlanken Finger um die seine. Das Blitzen in ihren Augen verstärkte sich, und endlich wusste er, warum es ihm die Sprache verschlagen hatte: Das junge Mädchen erinnerte ihn an Gloria und Sandra und an eine Zeit, als sein Familienleben noch ein Baden unter der Sonne gewesen war. Rasch entzog er der Unbekannten seine Hand mit der heiß brennenden Glaskugel und eilte davon.
     
    »Und was ist, wenn der Mann doch noch stirbt?«, fragte Micha, während er den Ascher vom Nachttisch nahm und die Asche am Rand abtippte.
    »Dann kannst du immer noch zur Polizei gehen.«
    »Und warum erst dann?«
    »Weil ich keinen Sinn dahinter sehe, dich und mich in Schwierigkeiten zu bringen. Oder meinst du im Ernst, die würden sich das gefallen lassen?«
    »Aber gerade deshalb! Du hast keine Ahnung, Maxi, was die Typen ohne jeden Grund anstellen. Dass Cash bereits einen zum Krüppel geschlagen hat, habe ich dir doch schon erzählt. Der hat anscheinend so übel

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