Astrella 02 - Brudernacht
ausgesehen, dass du sicher sein kannst, es hat Cash Spaß gemacht. Ich glaube, du kannst dir nicht vorstellen, wie gefährlich die sind.«
»Das mag ja stimmen«, erwiderte Maxi, die hoffte, das Thema bald beenden zu können. »Aber ich habe auch schon oft genug Bilder von irgendwelchen Unglücken gesehen, bei denen die Toten wahrscheinlich noch schrecklicher ausgesehen haben.«
»Was willst du damit sagen?«, fragte Micha und schaute sie erstaunt an. »Machst du es dir da nicht ein bisschen zu einfach?«
»Ich will damit nur klarstellen, dass ich jetzt einfach keine Lust mehr habe, darüber zu reden. Zum Schluss quatschen wir nur noch über dieses eine Thema, und dabei will ich endlich meine Ruhe haben vor diesen Typen. Ich habe mir das alles einfach nicht so vorgestellt. Komm, lass uns irgendwas machen. Draußen ist es so schön.«
»Also, gut«, lenkte Micha ein. »Was schlägst du vor?«
»Wir könnten nach Leutkirch fahren.«
»Du meinst, zu deiner Oma?«
»Ja, oder hast du was dagegen?«
»Nein, nein natürlich nicht«, erklärte Micha rasch. Er ahnte nicht, dass Maxi gerade jetzt so wütend auf sich selbst war wie noch nie. Wütend deswegen, weil sie Micha aus selbstsüchtigen Gründen davon abgebracht hatte, zur Polizei zu gehen und die Bande anzuzeigen. Dass aber auch Angst um ihrer beider Sicherheit eine Rolle spielte, ahnte er ebenso wenig.
Als Astrella nach Hause kam, blinkte der Anrufbeantworter. »Guten Tag, hier ist Frau Ebersbach aus Preschingendorf. Sie waren bei mir und haben sich nach Pfarrer Bertram erkundigt. Es wäre nett, wenn Sie mich anrufen würden. Meine Nummer lautet …«
Astrella, der eine Information erwartet hatte und deshalb den Stift längst in der Hand hielt, schrieb sich die Nummer auf.
»Danke und auf Wiederhören.«
Was konnte Frau Ebersbach von ihm wollen? Astrella überlegte nicht lange und wählte die angegebene Nummer. Es klingelte fünfmal, bevor abgenommen wurde.
»Hier Pfarramt Preschingendorf, Frau Ebersbach am Apparat.«
»Guten Tag, Frau Ebersbach, hier Astrella.«
»Ach, Herr Astrella! Danke für Ihren Anruf. Ich habe die Namen der beiden Haushälterinnen herausgefunden, die vor mir bei Pfarrer Bertram gearbeitet haben. Und ich dachte mir, dass es Sie interessiert.«
»Ja, natürlich. Ich habe was zum Schreiben.«
»Die erste Haushälterin hieß Lydia Wellschat und die zweite Klara Singenscheit.«
»Wie schreibt sich Wellschat?«, fragte Astrella nach, dem dieser Name bekannt vorkam.
»Ich hoffe, es hilft Ihnen weiter«, fügte Frau Ebersbach hinzu, nachdem sie ihm den Namen buchstabiert hatte.
»Ganz bestimmt, Frau Ebersbach. Wie haben Sie denn meine Nummer herausgefunden?«
»Aber ich bitte Sie, Herr Astrella! Erstens ist Ihr Name nicht so verbreitet wie Sand am Meer und zweitens leben wir hier zwar auf dem Land, aber nicht hinter dem Mond.«
Das angenehme Lachen zeigte Astrella, dass sie stolz darauf war, vom Lande zu kommen.
Er bedankte sich herzlich und beendete dann das Gespräch.
Ein erster Kreis schloss sich. Astrella setzte sich an den Küchentisch. Lydia Wellschat. Jetzt galt es, ruhig zu bleiben und zu überlegen, wie dieser Name zu dem rätselhaften Mord an Klimnich passte. Klimnich hatte Lydia als Patientin betreut. Und das ›W‹ in Wellschat konnte dem ›W‹ in Klimnichs Tagebucheintrag entsprechen. Warum jedoch und von wem war diese Arzt-Patient-Beziehung von heute auf morgen beendet worden? Von Klimnich? War Lydia ihm gegenüber ausfällig geworden? War sie mit seinen Behandlungsmethoden plötzlich nicht mehr einverstanden gewesen? Das war nicht einleuchtend. Oder war sie in eine andere Stadt gezogen? Nur: War das wahrscheinlich? Vor dreißig Jahren waren die Menschen noch nicht so mobil gewesen wie heute. Auch zog es die überwiegende Zahl der jungen Leute damals vor, nahe der Heimat einen Arbeitsplatz zu bekommen und eine eigene Existenz aufzubauen. Traf dies auf Lydia zu, hätte sie es nicht nötig gehabt, ihren Arzt zu wechseln. Infrage kam als Grund noch eine Möglichkeit: Klimnich hatte den Kontakt zu ihr abgebrochen, weil er ein schlechtes Gewissen hatte. Vielleicht lag der Grund seines Verhaltens in dieser rätselhaften Sache, die er in seinem Tagebuch erwähnt hatte und deren Einzelheiten Astrella noch nicht kannte. Wenn dies damals wirklich so schlimm für ihn gewesen war, bedeutete das, möglicherweise etwas Verbotenes getan zu haben. Dann jedoch hätte er sich der Gefahr ausgesetzt, von Lydia irgendwann
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