Aszendent Blödmann
darauf gekommen, dass Yvonne hinter diesen ganzen Gemeinheiten stecken könnte.«
»Ich sollte mich wohl bei dir entschuldigen.«
Kai lächelte schief. »Ja, das solltest du wohl. Dass du mir so was zugetraut hast, ist schon ein ziemlich starkes Stück.« Und mit anklagender Stimme fügte er hinzu: »Wann hattest du eigentlich vor, mir zu sagen, dass ich Vater werde? So eine tolle Neuigkeit kannst du doch nicht einfach für dich behalten.«
Einen Moment war ich versucht, ihn in dem Glauben zu lassen. Er schien sich aufrichtig zu freuen. Es gab jede Menge Kuckuckskinder, auf eins mehr oder weniger kam es da doch wohl nicht an. Aber so dreist zu lügen brachte ich einfach nicht fertig.
»Tut mir leid, du bist nicht der Vater.« In dem Moment, in dem die Worte raus waren, wurde mir bewusst, dass das nicht einfach nur so dahingesagt war. Ich bedauerte zutiefst, dass Kai nicht der Vater sein konnte. »Aber mit Mathe hast du es ja wohl nicht so«, versuchte ich zu scherzen.
Kai maß mich mit einem durchdringenden Blick. »Das liegt dann wohl an der Nachhilfelehrerin. Oder was meinst du, Anastasia?«
»Ana … Anastasia?!« Ich riss die Augen auf. »Du wusstest die ganze Zeit, wer ich bin?!« Bevor meine wackeligen Beine komplett ihren Dienst quittieren konnten, setzte ich mich sicherheitshalber auf meine Schreibtischkante.
»Ja, das heißt: nein. Also auf Anhieb erkannt habe ich dich natürlich nicht. Mein lieber Schwan, seit der Schulzeit hast du dich ja ganz schön verändert. Deine Frisur«, Kai wies auf meine Haare, die ich an diesem Tag hochgesteckt trug, »also ich bin bei diesem ganzen Beautyzeugs ja kein Experte, ich sag nur: Pfirsichhaut. Aber wenn mich nicht alles täuscht, warst du früher keine Blondine, oder? Mächtig abgenommen hast du auch, und dann auch noch der neue Vorname …« Kai zuckte die Achseln. »Also, ich finde Anastasia ja hübsch, wenn ich mich allerdings recht entsinne, hast du den Namen noch nie besonders gemocht. Oder bringe ich da was durcheinander? Dreizehn Jahre sind eine verdammt lange Zeit, und du weißt ja, wie vergesslich ich bin. Es hat Wochen gedauert, bis du es geschafft hast, mir den Satz des Pythagoras einzubläuen. a² × b² = c².«
»a² + b² = c²«, berichtigte ich mechanisch.
»Wie bitte?«
»a² + b² = c².«
»Ach so. Stimmt.« Da war es wieder, das Lausbubenlächeln, das ich so an ihm mochte, das mich aber auch schon des Öfteren zur Weißglut getrieben hatte. »Jetzt, wo du es sagst. Na, wie auch immer«, redete Kai weiter. »Obwohl ich dich nicht sofort wiedererkannt habe, hätte ich schwören können, dass wir uns schon mal irgendwo begegnet sind, in der Kneipe, an einer Bushaltestelle oder was weiß ich.« Kai ließ sich wieder auf seinen Schreibtischstuhl fallen und wippte vor und zurück. »Falls es dich übrigens interessiert: Charly und deine Ohren waren es, die dich verraten haben.«
»Meine Ohren?«, fragte ich entgeistert und zupfte ratlos an meinen Ohrläppchen herum.
»Ja, wie sie rot werden, wenn du dich aufregst, ist wirklich einmalig. Aber erst als Charlotte mit Ben auf der Bildfläche erschienen ist, hat es bei mir klick gemacht.«
Na, herzlichen Glückwunsch. Das hörte eine Frau gerne. Meine roten Ohren und meine Freundin waren es also gewesen, die bleibenden Eindruck hinterlassen hatten. Na, immerhin. Zumindest auf die Freundin konnte ich stolz sein.
»Und warum hast du nichts gesagt?«, fragte ich entgeistert. »Ich meine, nachdem du wusstest, wer ich bin?«
»Ich dachte, du wirst schon deine Gründe haben, warum du so tust, als ob wir uns noch nie begegnet wären. Mir kam es so vor, als hättest du mit deiner Vergangenheit komplett abgeschlossen. Irgendwie war mir das auch ganz recht. Obwohl die Ausgangsbedingungen alles andere als optimal waren – immerhin bin ich dir als Konkurrent vor die Nase gesetzt worden –, habe ich es als Chance angesehen, noch einmal bei null anzufangen.« Seine Augen und seine Stimme waren voller Wärme. »Ehrlich gesagt begreife ich bis heute nicht, was damals, während der Abizeit, zwischen uns schiefgelaufen ist. Du hast mir ja plötzlich von einem Tag auf den anderen die kalte Schulter gezeigt. Ein paarmal habe ich versucht, mit dir darüber zu reden, aber du hast mich einfach stehen lassen.«
»Wundert dich das?!« Aufgebracht gestikulierend sprang ich auf und lief vor meinem Schreibtisch hin und her. »Du hast mich bis auf die Knochen blamiert. Aber eigentlich bin ich selbst schuld gewesen. Ich
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