Aszendent Blödmann
aber auch ich. Mal abwarten.«
»Bloß keine falsche Bescheidenheit. Der Job ist dir sicher. Ilka weiß, was sie an dir hat. Außerdem: Bei dem, was Melina in letzter Zeit alles verbockt hat …«
Endlich schien es Yvonne gelungen zu sein, Kais Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Er ließ sich in seinem Schreibtischstuhl zurücksinken und sah sie nachdenklich an. »Ehrlich gesagt kann ich mir das auch nicht erklären. Sie hat das Fotoshooting verschwitzt, dann die vergeigte Präsentation, das falsche Datum auf den Einladungskarten … Ein Eigentor nach dem anderen. Was ist bloß los mit Melina? Irgendwie passt das alles so gar nicht zu ihr.«
»Vielleicht hat jemand etwas nachgeholfen …«
Kai raufte sich in gespielter Verzweiflung die Haare. »Verdammt, Yvonne, jetzt fängst du auch noch damit an. Reicht es nicht, dass Melina mir unterstellt, dass … Moment mal …« Er fuhr mit der Hand nachdenklich über die dunklen Bartstoppeln an seinem Kinn. »Sag bloß, du hast die CD manipuliert?«
Anstelle einer Antwort lächelte ihn Yvonne Beifall heischend an. »Kinderspiel. Als du mal kurz auf der Toilette gewesen bist, zack, einmal kurz mit dem Schlüssel drüber – schon war’s Essig mit der Präsentation.«
Halt suchend lehnte ich mich gegen den Türrahmen. Meine Knie fühlten sich an, als wären sie aus Gummi. Yvonne? Ausgerechnet Yvonne, die stets freundliche, fröhliche Yvonne? Die gute Seele der Marketingabteilung?
»Und der Zettel vor dem Fotoshooting …«, begann Kai.
»… den habe ich ihr erst am nächsten Tag unter den Ordner geschmuggelt.«
»Die Einladungskarten mit dem falschen Datum, das Gerücht von Mels Schwangerschaft …?«
Yvonne nickte so stolz, als hätte Kai eine Liste ihrer Verdienste verlesen, für die sie nun einen Preis oder eine Auszeichnung in Empfang nehmen würde. »Geht alles auf mein Konto. Mit dem Virus hatte ich allerdings nichts zu tun«, fügte sie noch in aller Bescheidenheit hinzu. »Das war reiner Zufall. Mit so etwas kenne ich mich leider nicht aus.« Zumindest konnte man ihr nicht vorwerfen, dass sie sich mit fremden Federn schmückte.
Kai sprang von seinem Schreibtischstuhl auf und begann, ohne Vorwarnung loszubrüllen: »Tickst du eigentlich nicht richtig?! Dich hat man wohl als Kind zu heiß gebadet! Du kannst sie doch echt nicht mehr alle beisammenhaben!«
Yvonne rutschte vor Schreck vom Schreibtisch. »Ich dachte, du würdest dich freuen«, sagte sie und zog eine beleidigte Schnute. »Außerdem braucht Mel den Job doch gar nicht – im Gegensatz zu dir. In ein paar Monaten geht sie in Mutterschutz, dann müsste der Abteilungsleiterposten schon wieder neu besetzt werden.«
»Mutterschutz?« Sichtlich verunsichert stutzte Kai einen Moment, doch dann fuhr er mit schneidender Stimme fort: »Glaubst du tatsächlich, ich falle noch einmal auf diesen Schwindel herein?«
»Dieses Mal bekommt sie aber echt ein Baby. Sie hat sich von mir einen Schwangerschaftstest besorgen lassen, außerdem kotzt sie sich die Seele aus dem Leib.«
»Du meinst, Melina ist wirklich schwanger?« Kai sprangen vor Überraschung fast die Augen aus dem Kopf.
»Das ist ein Ding, was?« Yvonne, die wohl annahm, dass Kai nach dieser Insiderinformation versöhnlich gestimmt war, fuhr im Plauderton fort: »Und ich dachte schon, diesen imaginären Freund, von dem sie manchmal erzählt hat, gibt es in Wirklichkeit gar nicht.«
»Ich glaube, du bist hier nicht ausgelastet«, unterbrach Kai Yvonnes Lästereien. Seine Stimme klang so frostig, dass ich eine Gänsehaut bekam. »Sonst hättest du wohl kaum Zeit, solche Intrigen zu spinnen. Am besten suchst du dir schon mal einen neuen Job, der dich mehr fordert. Noch heute wirst du zur Geschäftsleitung gehen und dein widerwärtiges Verhalten beichten. Sonst tue ich es. Vielleicht lassen Conrad und Ilka ja noch einmal Gnade vor Recht ergehen und geben dir ein halbwegs passables Zeugnis. Und Melina wirst du gefälligst auch reinen Wein einschenken.«
Ich hatte genug gehört. Mit der Schuhspitze stieß ich die Tür auf und betrat das Büro. »Das braucht sie nicht mehr.«
Ich hatte mit allem gerechnet, mit Tränen, mit Erklärungsversuchen oder einer Entschuldigung, doch stattdessen rauschte Yvonne einfach nur mit trotzigem Blick an mir vorbei und knallte die Tür hinter sich zu.
»Wie man sich doch in einem Menschen täuschen kann«, murmelte ich mit feuchten Augen leise.
»Nicht wahr? Aber wenn’s dich beruhigt: Ich wäre auch im Leben nicht
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