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@ E.R.O.S.

@ E.R.O.S.

Titel: @ E.R.O.S. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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des Pronomens aufgefallen? Jetzt schleicht sich das ›ich‹ ein. Achten Sie auf den korrekten Gebrauch des Futurs bei ›gezwungen sein‹. Und die Zeiten sind durchgehend korrekt. Ich glaube, wir haben es mit einem Mann von beträchtlicher Bildung zu tun.«
    Mein Blick gleitet über das Faxpapier, ohne daß ich etwas sehe. »Wissen Sie, was ich glaube? Ich glaube, daß Gespräch zwischen Levon und Sarah war nur ein Köder.«
    »Hmm?« murmelt Lenz. »Was soll das heißen?«
    »Daß er die Sache nur durchgezogen hat, um festzustellen, ob wir imstande sind, ihn in einem Chatroom zu lokalisieren, eine Telefonleitung zu EROS zu isolieren und so weiter. Um zu sehen, wie weit wir kommen können.«
    »Und wir haben ihn in einem Raum gefunden.«
    »Das war reines Glück.«
    »Aber das weiß er nicht«, stellt Lenz klar.
    »Nein, aber ich bezweifle, daß Sie wirklich verstehen, was die Verwendung eines neuen Pseudonyms bedeutet. Entweder hat er irgendwie Sysop-Privilegien bekommen, oder er hat Zugriff auf mindestens eine – und vielleicht sogar Hunderte – andere legitime Zugangsberechtigungen.«
    »Nein. Das ist ja das Schöne an EROS. Für Strobekker,meine ich. Wir sind teuer, aber wir stellen eine Pauschalgebühr in Rechnung. Jemand, der meinen Usernamen und mein Paßwort kennt, könnte sich stundenlang für mich ausgeben, ohne daß ich davon erfahren, oder wenn doch, ohne daß es mich einen Dreck kümmern würde.«
    »Sie wollen damit sagen ...«
    »Ich will damit sagen, wenn Strobekker die Namen und Paßwörter wirklicher Zugriffsberechtigter kennt – wenn er tatsächlich eine Kopie der Kundenhauptliste und der Paßwörter der Kunden hat –, werden Sie ihn vielleicht nie aufspüren. Weil wir ihn dann nämlich nur finden können, wenn wir einen Raum nach dem anderen nach seinem gottverdammten Prosastil absuchen. Sie haben doch gesehen, wie lange wir heute abend brauchten, und wir hatten Glück.«
    Lenz brummt etwas und wendet sich von mir ab. Er steht schweigend da, wie ein Mann, der eine Niederlage erlitten hat. Doch dann sehe ich, wie er plötzlich verkrampft.
    »Was ist los?« frage ich leise.
    Er hebt den rechten Arm und zeigt auf den schwach leuchtenden Monitor des Dell. »Levon ist wieder da. In einer Lobby.« Der Psychiater läßt sich auf seinen Stuhl fallen und zieht sich zum Dell heran. »Wie spreche ich ihn an?«
    »Tun Sie’s nicht . Beobachten Sie ihn nur.«
    »Sie haben selbst gesagt, wir hätten ihn nur durch reines Glück gefunden.«
    »Eben. Aber ich glaube nicht an Glück.«
    Lenz klickt mit der Maus und gibt dann etwas über die Tastatur ein.
    »Beißen Sie bloß nicht an, Doktor. Er hat jetzt die Kontrolle. Ich sehe keinen Vorteil, bis wir den Spieß umdrehen können ...«
    Es ist sinnlos. Lenz hat – unter dem Pseudonym ›Lilith‹ – Levon bereits eingeladen, sich in einem Privatraum mit ihm zu
treffen. Meine Finger zittern, während ich auf Brahmas Antwort warte. Die Wörter erscheinen blitzschnell und ohne einen
einzigen Tippfehler:
     
    LEVON>
Wir kennen uns noch nicht, oder?
     
    »Ich habe ihn!« ruft Lenz, und seine Finger fliegen über die Tastatur.
     
    LILITH>
Ich bin dem Network gerade erst beigetreten. Ich will mir einen Eindruck verschaffen, was hier im Cyberspace los ist. Aber ich muß gestehen, bis jetzt bin ich etwas enttäuscht.
    LEVON>
Wieso?
    LILITH>
Die meisten Gespräche sind konventionell. Sogar das »pikante« Zeug ist ziemlich langweilig. Ich hatte auf eine anspruchsvollere Kost gehofft.
    LEVON>
Man muß wissen, wo man suchen muß. Dein Name fasziniert mich, Lilith. Kennst du seine Herkunft?
    LILITH>
Kennst du sie?
    LEVON>
Glaube mir, ich kenne sie.
     
    Lenz hält inne. Dann tippt er:
     
    LILITH>
Sieh es als Prüfung an.
    LEVON>
Ich war bei Prüfungen immer sehr gut, Lilith.
    LILITH>
Verblüffe mich.
    LEVON>
»Lilith« ist ein hebräisches Wort für »Dämon der Nacht«. Es wurde im Buch Jesaja falsch übersetzt als »Schleiereule«, daher haben deine Eltern wahrscheinlich den Namen. »Lilith« stammt vom babylonischen _lilitu_, was seinerseits wieder vom semitischen Wort für »Nacht« abstammt. Später übernahmen Rabbis dieses »Nachtgespenst« und schufen aus ihm »Lilith« – ein wunderschönes Geschöpf, das Adams Frau wurde, bevor Eva geschaffen wurde. Vielleicht wurde dein Vater in der rabbinischen Tradition unterwiesen?
     
    Lenz’ verblüffter Ausdruck verrät mir, daß Brahmas Information zutreffend ist. Ich bin noch immer
schockiert, als Lenz mit

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