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Atemlos

Titel: Atemlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bagley Desmond
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die alle nicht aufgingen, wo sollte ich da mit meinem kleinen Einmaleins anfangen?
    Schließlich holte ich Byrnes Umschlag aus der Tasche und reichte ihn Paul. »Machst du mir das mal auf?«
    »Natürlich.« Er riß ein Ende ab, schüttete den Inhalt aus und reichte mir alles.
    Byrnes Rechnung, zahlbar in englischen Pfund Sterling, bestand aus mehreren, säuberlich aufgeführten Einzelposten. Seine eigenen Dienste veranschlagte er unter der Rubrik Reiseführer mit dreißig Pfund pro Tag – mal dreiunddreißig Tage macht 990 Pfund. Dann kamen die Benzinrechnungen – soundsoviel Liter à soundsoviel, plus Öl und neue Reifen; dann Gebühren für Mietkamele sowie der Ankauf von fünf Kamelen zum Preis von hundert Pfund pro Stück. Die Hälfte der Kosten für den Ankauf eines neuen Toyota Landcruiser empfand ich im ersten Augenblick als starkes Stück, aber dann fiel mir wieder ein, wie Kissack den Wagen in der Ténéré voller Löcher geschossen hatte. Insgesamt kostete mich das alles etwas über fünftausend Pfund. Zuschlag für Lebensrettung war nicht erhoben. Dieser Byrne war schon ein Teufelskerl.
    Paul sagte: »Ich freu mich schon jetzt auf das Gesicht dieses Chefredakteurs.«
    »Ach, Paul«, sagte ich, »tu mir einen Gefallen. Zieh jetzt in London keine große Show ab. Sag keiner Menschenseele ein Sterbenswörtchen, bis ich dir grünes Licht gebe. Bitte!«
    »Ja, wieso denn?«
    Ich seufzte. »Ich kann dir das jetzt nicht erklären. Glaub mir, es ist zu deinem eigenen Wohl. Von Lash und Kissack darfst du sowieso keinen Mucks verlauten lassen.«
    Wieder fragte er: »Wieso?«
    »Menschenskind, Paul! Du hast einen Mann getötet! Ihm einfach die Rübe weggeschossen! Hast du schon mal den Spruch von den schlafenden Hunden gehört, die man nicht wecken soll? Paß auf – du kannst den Zeitungen alles erzählen, wie wir die Luftikus und den Leichnam deines Vaters gefunden haben. Aber laß mir Zeit. Ich muß erst 'rauskriegen, was wirklich dahintersteckt.«
    »In Ordnung«, sagte er. »Ich halt den Mund, bis du grünes Licht gibst.«
    »Und du tust auch nichts – versprichst du's?«
    »Ich versprech's.« Er schwieg eine Zeitlang, dann sagte er: »Eigentlich kann ich mich kaum noch an meinen Vater erinnern. Ich war erst zwei, als er starb, weißt du.«
    »Ich weiß.«
    »Ich erinnere mich nur noch, wie er mich manchmal auf sein Knie setzte und Hoppe-Hoppe-Reiter mit mir spielte und dazu einen Kinderreim sang. Er hatte die Worte etwas verändert, und es klang so: ›Flieg, Peter, flieg – dein Vater ist im Krieg …‹ Komisch, nicht?« Er rieb sich das Kinn. »Aber meinen Stiefvater mochte ich überhaupt nicht.«
    Ich sah ihn von der Seite an. »Aarvik? Was war mit dem?«
    »Ach nein, Aarvik meine ich nicht. Der kam erst später. Ich meine den anderen.«
    Ich sagte: »Soll das heißen, daß deine Mutter dreimal verheiratet war?«
    »Ja, natürlich. Haben Sie das nicht gewußt?«
    »Nein«, sagte ich nachdenklich. »Das nicht. Wie hieß er denn?«
    »Daran kann ich mich nicht erinnern. Er war selten zu Hause, und ich war noch klein. Als ich vier war, kam er überhaupt nicht mehr. Es ist alles schon so lange her.«
    Ja, es war alles sehr lange her …
    Nach dieser Enthüllung kam nicht mehr viel von ihm, auch ich sagte nur wenig. Wir schwiegen vor uns hin, jeder für sich, aber mir ging der unbekannte Stiefvater noch im Kopf herum, als wir schon in Algier landeten.
    Die Comanche rollte vor dem Hangar aus, der große Mercedes mit dem arabischen Chauffeur stand bereits dort, und bald wurden wir in üppiger Behaglichkeit die Anhöhen von Bouzarea hinaufgeschaukelt, von wo aus man ganz Algier überblickt. Falls der Chauffeur überrascht war, einen Targui durch die Stadt zu fahren, ließ er es sich jedenfalls nicht anmerken.
    Wir hielten vor der Mauer mit dem Pförtchen, das sich wieder so leise und geheimnisvoll öffnete wie damals, und ich ging mit Paul auf das Haus zu. Hesther Raulier lag immer noch auf der Chaiselongue, und wenn sie nicht ein anderes Kleid angehabt hätte, wäre ich überzeugt gewesen, sie hätte sich nie fortbewegt. Als wir näher traten, legte sie die Zigarre beiseite und stand auf.
    Plötzlich löste sich ihr Affengesicht in tausend kleine Lächelfältchen auf und sie rief heiser: »Mensch, Stafford! Was treiben Sie nur? Bewerben Sie sich um eine Rolle für den Film ›Die Wüste lebt‹?«
    Hesther steckte mich bald ins Bett und bestellte einen Arzt, der, wie es schien, nur auf ihren Anruf

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