Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Atemlos

Titel: Atemlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bagley Desmond
Vom Netzwerk:
überbringen, daß sein Beinbruch letzten Endes doch zehn Kamele wert war – lieferbar zu Beginn der nächsten Saison in Bilma. Außerdem ging er zur Post und schickte Hesther Raulier ein Telegramm. Ich weiß nicht, was er ihr gekabelt hatte, jedenfalls kündigte Hesther daraufhin ein Charterflugzeug an, das Paul und mich nach Algier ausfliegen würde. »Du mußt dir schleunigst den Arm in Ordnung bringen lassen«, sagte Byrne. »Aber nicht hier. Hesther kennt die richtigen Leute in Algier. Da wird das still erledigt.«
    Ich nickte. »Wir haben noch etwas zu tun«, sagte ich. »Gibt's hier in Dschanet so was Ähnliches wie einen Notar?«
    »Na klar. Wozu?«
    »Ich möchte alles, was wir an der Luftikus defekt vorgefunden haben, schriftlich niederlegen – die Sache mit dem Kompaß und dem Zeug auf dem Tankboden. Und ich möchte, daß du das vor einem Notar bestätigst. Ich werde es auch unterschreiben, aber Paul lassen wir aus der Sache raus. Ob es hier irgendwo eine Schreibmaschine gibt?«
    »Im Hotelbüro«, sagte er. »Die leih ich mir aus.«
    Einen halben Tag lang schrieb ich an dieser eidesstattlichen Erklärung; ich flocht zahlreiche Bezüge auf Byrne ein, um die technischen Details besser zu erläutern. Ich mußte es mit einer Hand machen, was ich aber gar nicht als so hinderlich empfand, weil ich sowieso immer nach dem Zwei-Finger-Such-System tippe. Am folgenden Morgen suchten wir den Notar auf; wir unterschrieben jede Seite einzeln, und jede Seite bekam auch das notarielle Siegel. Daß der Notar vom Inhalt nichts verstand, spielte dabei keine Rolle, er hatte ja lediglich unsere Unterschriften zu beglaubigen.
    Dann brachte ich meine Rasierseifendose zum Vorschein, die gaben wir in einen Umschlag, und der wurde ebenfalls versiegelt, auf die Umschlagklappe setzten wir ebenfalls unsere Unterschriften. Ich beobachtete Byrne, wie er mit ungeübter Hand immer wieder seinen Namen aufs Papier setzte, jedesmal streckte er dabei wie ein kleiner Schuljunge die Zunge raus, aber er brachte ihn trotzdem jedesmal deutlich lesbar zustande – Lucas Byrne.
    Als wir vor dem Haus des Notars wieder auf der Straße standen, sagte der Alte: »Hast du dir schon ein paar Gedanken gemacht?«
    »Jede Menge«, sagte ich. »Aber alle ziemlich wirr.«
    »Ist ja auch anders nicht möglich. Wenn du was hörst, gib mir Bescheid.«
    »Ist doch klar«, sagte ich.
    Wir speisten zu dritt in einem Restaurant und schütteten uns ein paar Biere ein, dann fuhr Byrne uns am Hotel vorbei, wo wir unser Gepäck abholten, und anschließend die paar Kilometer nach In-Debiren; da gab es eine Landepiste, und da wartete eine Piper Comanche auf uns. Und dieser Paul, der vor noch nicht allzu langer Zeit nie ein Dankeswort für irgendwas oder irgendwen über die Lippen brachte, dieser Paul verabschiedete sich nun von Byrne mit einer rührend herzlichen Umarmung. Der Alte freilich nahm eine andere Haltung ein: »Laß mal gut sein, mein Junge, war ja nicht der Rede wert.«
    Ich sagte: »Paul, steig schon mal ein. Ich muß noch ein letztes Wort mit Luke reden.« Sobald er außer Hörweite war, sagte ich: »Paulchen hat recht, weißt du. Mit ›Danke‹ allein kann man nie abgelten, was du für uns …«
    Byrne lächelte. »Dein Wort in Gottes Ohr.« Er hielt mir einen Umschlag unter die Nase, versiegelt und an mich adressiert. »Das ist für dich. Ich hab' dir ja gesagt, du kriegst eine Rechnung. Du kannst das bei Hesther erledigen.«
    Ich grinste und steckte es mir ungeöffnet in die Tasche meiner Gandura. »Und was fängst du nun an?«
    »Heim in die Air und zu meinen Geschäften – heim in ein stilleres Leben. Grüß Hesther von mir.«
    »Ich werde sie sehr liebevoll von dir grüßen«, sagte ich.
    »Liebevoll?« Er beäugte mich spöttisch. »Riskier das – wie eine Hyäne wird sie lachen.« Wir reichten uns die Hände. »Paß gut auf dich auf. Nach allem, was ich höre, geht's in den großen Städten gefährlicher zu als in der Wüste.«
    »Ich werd's mir merken«, versprach ich und kletterte in die Comanche. Die Maschine drehte noch eine Runde über der Piste. Byrne hatte den Start nicht abgewartet. Der Toyota war schon, einen Staubwolke hinter sich herziehend, auf dem Weg nach Süden – nach Bilma und dann weiter zur Air.
    Zuerst, auf diesem Flug nach Norden, war ich lange mit meinen eigenen Gedanken beschäftigt und starrte, ohne richtig zu schauen, in das grenzenlose Schmutzigbraun hinab, das unter uns dahinglitt. Es gab zu viele Berechnungen,

Weitere Kostenlose Bücher