Atemlos
rausgeschmuggelt werden, und wenn nicht, soll die ›Electronomics‹ anderswo Geschäfte machen. Du wolltest mit mir über die Gesellschafterversammlung sprechen?«
»Seine Lordschaft wird heute nachmittag um vier zu Hause sein.«
Seine Lordschaft, das war Lord Brinton, und dem gehörten fünfundzwanzig Prozent der Stafford-Sicherheits-Beratungs-GmbH. Ich stand auf, ging ans Fenster und blickte zum Hochhaus-Turm des Inter City Building hinüber – Brintons Adlerhorst. Von seinem Penthouse aus übersah er die ganze City, und von Zeit zu Zeit stieg er von dort herab, um hier eine Firma zu schlucken oder dort eine profitbringende Fusion zu manipulieren. »Vier Uhr paßt mir«, sagte ich. »Ich gebe Joyce Bescheid. Und sonst läuft alles?«
»Glatt wie geschmiert.« Charlie beäugte mich abschätzend. »Du siehst nicht besonders gut aus. Kriegst du Grippe oder was?«
»Oder was, glaube ich. Heute morgen ist mir ein Name genannt worden, und ich habe nicht mal mehr gewußt, daß der Mann bei uns arbeitet. Ist doch schlimm.«
Er lächelte. »Der Laden wächst uns über den Kopf. Die Strafe des Erfolges.«
Ich nickte. »Sieben von acht Stunden am Tag bin ich an den Schreibtisch gefesselt. Manchmal wünsch ich mir die schlimmen alten Zeiten zurück, wo wir noch selber die Knochenarbeit gemacht haben. Heutzutage schiebst du doch als Chef nur noch jede Menge verdammtes Papier in der Gegend herum.«
»Ja, Papierkram«, sagte Charlie, »aber ein großer Teil von diesem Papier besteht aus knusprig-knackigen Fünfpfundscheinen.« Charlie wies auf die Stadtlandschaft vor den Fenstern, die City von London in ihrer ganzen Majestät. »Kein böses Wort gegen das Erfolgserlebnis auf diesem geheiligten Boden – das wäre höchst unmoralisch!«
Dann klingelte das Telefon, und er hielt mir den Hörer hin. Joyce war am Apparat. »Mr. Hoyland möchte Sie sprechen.«
»Okay. Verbinden Sie.« Ich legte die Hand auf die Sprechmuschel und sagte zu Charlie: »Vielleicht hörst du dir das mal mit an. Kann euch Verwaltungsheinis ja nichts schaden, die Stimme der Front zu vernehmen.«
Es klickte und knackte im Hörer. »Mr. Stafford?«
»Ja, hier ist Max Stafford.«
»Hier spricht Hoyland, von …«
»Ich kenne Sie gut, Mr. Hoyland«, sagte ich und kam mir wie ein Hochstapler vor. »Wo brennt's denn?«
»Hier ist was Komisches passiert, Sir«, sagte er. »Vor einer Woche ist ein Mann namens Billson verschwunden, und ich hab' das Gefühl, ich renne gegen eine Wand.«
»Ist dieser Billson ein Sicherheitsrisiko?«
»Zum technischen Bereich gehört er nicht, er arbeitet in der Buchhaltung, aber …«
»Haben Sie die Bücher überprüft?«
»Alles okay bis auf den letzten Penny«, sagte Hoyland. »Aber da liegt der Hase nicht im Pfeffer, Sir. Es geht um das Verhalten der Firma. Ich komme da zu überhaupt keiner Zusammenarbeit.«
»Das müssen Sie mir genauer erklären.«
»Also, dieser Billson ist eigentlich ein Schwachkopf, aber er kriegt viel mehr bezahlt, als seine Arbeit wert ist. Er tut kaum mehr als ein Laufjunge, und dafür kassiert er achttausend Pfund im Jahr. Und als ich Isaacson fragte, wieso, bekam ich eine ziemlich patzige Abfuhr. Die Lohnpolitik der Firma ginge den Werkschutz einen Dreck an, hat er gesagt.«
Hoyland war sauer und mit Recht. Ich war auch sauer. Denn wenn wir mit einer Firma einen Werkschutzvertrag abschließen, dann ist damit auch festgelegt, daß den Werkschutz alles angeht.
»Das hat er wirklich gesagt? Und wer ist dieser Isaacson überhaupt?«
»Der Chefbuchhalter«, sagte Hoyland. »Können Sie sich den nicht mal zur Brust nehmen? Von mir läßt der sich nämlich nichts sagen.«
»Ich nehm ihn mir vor«, sagte ich grimmig. »Aber dieser Billson – was soll das heißen: Er ist verschwunden?«
»Billson ist seit voriger Woche nicht mehr aufgetaucht und hat sich auch nicht gemeldet. Wir haben nachgeforscht und festgestellt, daß er auch ohne Angabe von Gründen sein möbliertes Zimmer aufgegeben hat.« Hoyland machte eine Pause. »Das ist natürlich kein Verbrechen, Mr. Stafford.«
»Außer, er hat was mitgenommen. Sie sagten, er sei kein Sicherheitsrisiko?«
»Ausgeschlossen. Billson war fünfzehn Jahre lang ein kleiner, farbloser Fisch in der Buchhaltungsabteilung. Kein Zugang zu Verschlußsachen.«
»Soweit wir wissen«, überlegte ich laut. »Also gut, Mr. Hoyland, ich werde mit diesem Isaacson ein Wörtchen reden. Einstweilen überprüfen Sie Billson weiter, man weiß nie, was man
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