Atemlos
schon weiter. In meinem Vorzimmer hackte Joyce auf der Schreibmaschine.
»Tag, Joyce. Ist Mr. Ellis da?«
»Sie sind am Arm verletzt.«
»Und ein anderes Gesicht hab' ich auch. Weiß ich schon. Ist er da?«
Er war da. »Tag, Jack. Haben Sie den ganzen Kram beisammen?«
»Alles da.« Er schloß die Schreibtischschublade auf. »Das chemische Gutachten und die Heiratsurkunde. Es war 1937, nicht '36.«
Ich nickte. »Natürlich, die Trauerzeit.«
»Um was geht es überhaupt, Max?«
Ich schloß mit einer Hand meinen Aktenkoffer auf und warf die Dokumente hinein. »Besser für Sie, wenn Sie nichts wissen. Ist Brinton da?«
»Seine Lordschaft befinden sich bei Charlie.«
»Prima. Wenn Sie Feuerwerk mögen, kommen Sie gleich auf Ihre Kosten.«
Eiskalt, ohne Voranmeldung, marschierte ich in Charlies Zimmer, das Geflattere seiner Sekretärin übersah ich. Charlie saß hinterm Schreibtisch und Brinton neben ihm, in einem Lehnsessel. Der Sessel war neu, aber Brinton war dafür bekannt, daß er sehr auf seine leibliche Bequemlichkeit sah. Wenn Charlie einen neuen Sessel angeschafft hatte, mußte Brinton ein häufiger Besucher sein.
Charlie sah mir mit ausdruckslosem Gesicht entgegen, aber dann fiel der Penny. »Max!«
»Hallo, Charlie.« Ich nickte Brinton zu. »Mylord.«
»Ja, hol mich der Teufel!« sagte Brinton. »Wo sind denn Sie entsprungen? Wie ich sehe, haben Sie sich am Arm verletzt. Wie haben Sie das zustande gebracht?«
»Skifahren hat so seine Gefahren.« Das war eine absolut wahrheitsgemäße Behauptung, wenn auch keine Antwort auf Brintons Frage. Ich zog mir einen Stuhl heran, setzte mich und stellte den Aktenkoffer neben mich auf den Boden.
»Ja, wo waren Sie denn? Gstaad?« Brinton machte mal wieder ganz auf jovial, aber Charlie war wohl die Zunge festgefroren, und im Gesicht hatte er so einen gehetzten Ausdruck. Ich sagte: »Ich hab' da so ein paar verdammt komische Geschichten über die Firma gehört, da bin ich eben wieder zurückgekommen.«
Charlie warf Brinton einen Seitenblick zu, der schien aber nicht darauf zu achten. Brintons Lächeln hielt immer noch an. Er sagte: »Von Ellis, nehme ich an. Nun, es stimmt sogar. Wir haben einige Änderungen vorgenommen, um die Gewinnmarge zu erhöhen.«
»Ohne mein Wissen«, sagte ich kalt, »und ohne meine Zustimmung.«
»Was ist denn in dich gefahren, Max?« sagte Brinton. »Magst du auf einmal kein Geld mehr?«
»Genausogern wie jeder andere – aber ich habe meine eigenwilligen Vorstellungen davon, wie ich es mir verdienen möchte.« Ich sprach Charlie an. »Aus dem Electronomic-Vertrag hast du diese eine Klausel nicht herausgenommen. Die ganze Geschichte ist also schon damals ausgekocht worden. Was, zum Teufel, fällt dir eigentlich ein?« Er gab keine Antwort, also sagte ich: »Schön, dann fangen wir mal ganz von vorn an.«
Es klang fast bedauernd, als Brinton sagte: »Ich fürchte, daraus wird wohl nichts, Max. So viel haben Sie hier nicht mehr zu sagen.«
Ich sah ihn an. Das Lächeln war immer noch in seinem Gesicht, aber es reichte nicht bis zu den Augen; die waren kalt wie Eis. »Wie kommen Sie mir vor? Ich besitze einundfünfzig Prozent der Geschäftsanteile – die Kontrollmehrheit.«
Er schüttelte den Kopf. »Das war einmal. Sie sind nicht auf dem laufenden. Sie haben einen Fehler begangen, den elementaren Fehler eines verliebten Mannes. Sie haben einmal jemandem vertraut.«
Da wußte ich es. »Gloria …!«
»Tja, Gloria. Sie sind überstürzt abgereist, und in der Eile haben Sie nicht mehr an die sieben Prozent gedacht, die Sie ihr einmal überschrieben hatten. Die habe ich nun gekauft.« Er wackelte mit dem Kopf. »Sie sollten etwas mehr auf gute, alte Sprichwörter geben, da steckt viel Wahres drin. Die Hölle kennt nicht so viel Wut wie ein verschmähtes Weib – oder so ähnlich. Verstehen Sie jetzt, was ich meine.«
Ich sagte: »Sieben plus fünfundzwanzig ergibt zweiunddreißig. Das reicht leider nicht fürs Kontrollieren.«
Das Grinsen in seinem Gesicht nahm deutlich etwas Schlangenartiges an. »Doch«, sagte er. »Wenn Charlie mit mir zusammen stimmt. Und das tut er. Ich hatte in letzter Zeit den Eindruck, daß er sich Sorgen um seine finanzielle Lage macht. Es liegt also eindeutig in seinem Interesse, die Gewinne der Firma zu steigern. Es ist mir gelungen, ihm diese simplen Zusammenhänge klarzumachen.«
»Ich würde natürlich nie behaupten, daß Sie mit seiner besorgniserregenden Finanzlage etwas zu tun gehabt
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