Atemlose Begierde
Ich hab Oksana um
deine Nummer bitten müssen.«
»Ja, ich weiß. Sie hat dir auch erzählt, was ich beruflich mache,
oder?«, fragte ich und nippte am Kaffee.
Er schmunzelte: »Bist du jetzt beruhigt?«
»Nein, gar nicht. Warum?«
Er lachte.
»Ich wusste aber schon vorher, dass du keine Nutte bist.«
»Ah ja?«
»Ich hatte dich an diesem Abend schon in der Galerie gesehen. Dann
auf der Straße, dicht hinter mir.« Er zwinkerte.
»Im Ernst, du hast mich gesehen?«
»Eine schöne Frau kann meinem Blick nicht entgehen. Vor allem nicht
du. Es hat mir gefallen, dass du mir gefolgt bist. Das passiert mir nicht jeden
Tag.«
»Und du bist trotzdem zu einer Nutte gegangen?«
»Das Haus gehört meinen Eltern. Es ist vermietet, zwar nicht gerade
die beste Adresse«, er zuckte mit den Achseln, »aber es wirft Geld ab, und ich
kenne die Leute, die dort arbeiten. Auch Drew.«
»Dann hast du mich in eine Falle gelockt?«
»Nein, warum?« Er runzelte die Stirn und grinste frech.
»Warum hast du mich nicht wissen lassen, dass du mich gesehen
hast?«
»Gegenfrage«, sagte er: »Warum hast du mich nicht wissen lassen, dass du mich gesehen
hast?«
»Ich wusste nicht, was ich zu dir sagen sollte. Ich … ich war zu
schüchtern.«
»Aber nicht zu schüchtern, um mir nachzugehen?«
»Das war eine Ausnahme. Was soll ich sagen, irgendwas an dir,
hm … gefällt mir.«
Er schmunzelte. Er wusste es bereits.
»Was würdest du sagen, wenn ich dich heute ganz einfach bitten würde,
mit mir mit zu kommen? Du müsstest mir dann nicht mehr heimlich folgen. Wär dir
das recht?«
Mir blieb die Spucke weg. »Wie?… Wann?«, stammelte ich.
»Jetzt.«
»Zu dir?«
»Ja. Oder ist dir das zu direkt?«
In meinem Bauch und etwas tiefer begann es zu krib-beln. Es war
verdammt direkt, aber unverschämt aufregend. Sonntagvormittags mit einem fremden
Mann nach Hause gehen? Mit einem Mann, der mich beim zweiten Aufeinandertreffen
in Hundertstelsekunden meiner Unterhose entledigt hatte. Meine Sicherungen
brannten beinahe durch, als meine Phantasien im Kopf losgingen.
»Ja. Warum nicht«, sagte ich, über meine eigene Courage erstaunt.
»Schön.« Er biss sich leicht auf seine Unterlippe. »Ich koche uns was
zu Mittag. Möchtest du?«
Damit hatte er die Situation schon wieder etwas entschärft. Ich
atmete auf.
»Oder ist das dann nicht mehr so verlockend für dich?« Jetzt grinste
er.
»Doch, das wär nett«.
Wir schlängelten uns gemeinsam durch das dichte Gedränge am
Blumenmarkt zu seinem Wagen. Immer wieder berührten sich dabei unsere Hände. So
eine Aktion war an sich überhaupt nicht mein Ding. Mein Herz klopfte bis zum
Hals, ich fühlte mich ziemlich verwegen. Bei dem Gedanken, dass uns hier
jederzeit Freunde von mir begegnen konnten, hinter jedem Blumenstand, an jeder
Cafébar, wurde ich immer nervöser. Als wen hätte ich ihn vorstellen sollen? Er
war ein Fremder, und an meiner Nasenspitze war abzulesen, was mit mir los war.
Rick hingegen schien völlig entspannt, kaufte am Weg einen riesigen Strauß
Kamelien und lächelte mir bei jeder Gelegenheit zu. Die Art, wie seine Nase in
die Blütenkelche tauchte, wie er mit dem Verkäufer sprach, wie unauffällig
elegant er sein Portemonnaie aus dem Sakko zog, die Besonnenheit und Ruhe, die
er dabei ausstrahlte, ließen meine Unsicherheit langsam weichen und ein noch nie
dagewesenes Verlangen in mir hochsteigen. Als wir in sein Auto stiegen, schien
es besiegelt. Wir fuhren in Richtung Westen. Es war eine nette Reise durch den
Sonntagvormittagsverkehr. Ich genoss die Fahrt mit ihm. Es war ein exotisches
Gefühl, von einem so begehrenswerten, offenbar auch noch gefährlichen Mann in
seinem komfortablen Range Rover durch die Stadt geführt zu
werden. Als wir am Bloomsbury Square parkten, war ich verblüfft. Ich hatte
Freunde, die sehr gut in dieser Stadt lebten, darunter einige, die ihre Häuser
in hübschen Stadtteilen besaßen, aber niemand davon lebte so zentral. Wir stiegen aus und schlenderten in eine kleine
Seitengasse abseits vom Square. Gänsehaut überzog meine Arme, als mir klar
wurde, dass er nicht nur eine schnuckelige kleine Wohnung in diesem ungewöhnlich
proportionierten, graugetünchten Backsteinhaus sein Eigen nannte. Rick führte
mich gleich durchs ganze Untergeschoss. Es war mehr als geräumig und
verschwenderisch möbliert. Er bemerkte mein Staunen und erzählte gleich, dass
das sein Elternhaus sei, das nun nur noch ihm gehöre und er hier
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