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Atevi 1 - Fremdling

Atevi 1 - Fremdling

Titel: Atevi 1 - Fremdling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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gerecht.«
    »Gibt es Grenzen für Sie, was den Austausch an Know-how angeht?«
    Er schüttelte den Kopf. »Nein.«
    »Und wie steht’s um die Schnellstraßen?«
    Verdammt, schon wieder diese Frage. Er holte Luft und ließ sich Zeit zum Überlegen. »Ich weiß aus eigener Anschauung, wie es um die Transportwege gerade in den Bergen bestellt ist, und werde meine Beobachtungen unserem Rat zu Gehör bringen. Und ich bin sicher daß die Nai-Aijiin mir entsprechende Empfehlungen mit auf den Weg geben.«
    Er hatte die Lacher auf seiner Seite. Doch es wurde schnell wieder ernst. »Ob eine Stadt das von ihr benötigte Transportsystem erhält, hängt weniger von der Entscheidung der Legislative ab als vielmehr von Ihrem Dafürhalten, nicht wahr?«
    »Nein, darüber befinde ich nicht allein, sondern in Absprache mit dem Aiji, den Ratsausschüssen, den Gremien der Legislative.«
    »Warum kommt es dann nicht zum Ausbau der Schnellstraßen?«
    »Weil…«
    Weil Mecheiti ihrem Anführer folgen. Weil Babs das Leittier ist und Nokhada keine andere Wahl hat, es sei denn, sie legte es auf einen Machtkampf an, was sie nicht will… Verrückter Einfall. Er mußte auf diese Frage antworten, und zwar so, daß sich kein Atevi auf den Zopf getreten fühlte.
    »Weil die Konsequenzen noch nicht klar genug vorauszusehen sind. Weil sich Schwierigkeiten in der Planung abzeichnen.« Er wußte nicht weiter, geriet in Panik. Er hatte den Faden verloren. Was er sagte, ergab keinen Sinn und mußte sich deshalb wie eine Lüge anhören. »Und außerdem stand zu befürchten, daß sich in Fragen der Finanzierung der Bund auseinanderdividieren könnte.«
    Der Interviewer zögerte, verzog aber höflicherweise keine Miene. »Soll das heißen, daß der gegenwärtige Stand der Dinge auf eine Fehleinschätzung zurückzuführen ist?«
    Himmel hilf! »Von Fehleinschätzung kann nicht die Rede sein, allenfalls von vorsichtiger Zurückhaltung.« Bren setzte neu an, hatte wieder Tritt gefaßt. Strukturprobleme waren in erster Linie Angelegenheit der Atevi.
    »Den Dörfern und Kleinstädten in Randgebieten hätte ein solches Projekt nicht viel gebracht, im Gegenteil. Sie wären noch weiter ins Abseits gedrängt worden, während diejenigen Orte, die das Glück gehabt hätten, an Schnellstraßen angebunden zu werden, einen enormen Aufschwung genommen hätten. Je breiter und schneller eine Straße, desto eher lassen sich an ihr Handel und Gewerbe nieder. Ein Wildwuchs von Ballungsgebieten würde daraus entstehen, und bis auf den Aiji wäre niemand mehr interessiert am Zustand der entlegenen Ortschaften. Das wirtschaftliche Ungleichgewicht hätte unweigerlich auch ein politisches Ungleichgewicht zur Folge. Ich sehe durchaus die Notwendigkeit für den Bau von Straßen, doch die sollten nach meiner Meinung eingebunden sein in das Netz des zentralen Transportsystems.«
    Der Interviewer schien sein Interesse an diesem Thema verloren zu haben. Vielleicht fürchtete er, daß den Zuschauern die detaillierten Ausführungen des Paidhi zu langweilig werden könnten. Daß er eine andere Sitzhaltung annahm, deutete auf einen Wandel der Gesprächsführung hin. Bren war froh darüber. Sein Gegenüber wollte nun wissen, wo er zu Hause sei, welches Verhältnis er zu seiner Familie pflege, wie er seinen Urlaub verbringe und dergleichen mehr, gottseidank keine kritischen Fragen. Unter dem heißen Scheinwerferlicht hatte sich Schweiß auf der Stirn gebildet, und er atmete erleichtert auf, als das Interview abgeschlossen wurde mit den üblichen höflichen Floskeln.
    »Vielen Dank, nand’ Paidhi«, wiederholte der Interviewer, nachdem das Licht ausgeschaltet worden war.
    »Ich bin es leider nicht gewöhnt, vor Kameras zu sprechen«, entschuldigte sich Bren. »Hoffentlich hat das, was von mir zu hören war, Sinn gemacht.«
    »Sie waren sehr gut, nand’ Paidhi, viel besser als manch andere Gesprächspartner aus Politik und Wirtschaft, das versichere ich Ihnen. Wir sind froh, daß Sie Zeit für uns gefunden haben.« Der Mann stand auf Bren stand auf, und Banichi, der am Rand im Schatten gesessen hatte, stand ebenfalls auf. Sie alle verbeugten sich. Der Interviewer bot ihm, Bren, die Hand. Eine nette Geste, zu der man ihm vermutlich hinter den Kulissen geraten hatte.
    »Sie wissen, was bei uns Brauch ist«, sagte Bren. Der Interviewer grinste und drückte kräftiger zu, als es einem zarter gebauten Menschen lieb sein konnte.
    Die nächste Linienmaschine nach Shejidan startete erst am Abend.

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