Atevi 1 - Fremdling
sich aufmühte, wurde mit einem Male ein wüstes Poltern und Krachen auf der Gangway laut. Bren hörte dumpfe Schläge mit knirschender Wirkung. Wenig später sah er Banichi in der Einstiegsluke stehen, einen metallenen Schlagstock in der Hand.
Der Kampf war vorüber; er hatte nur ein paar Sekunden gedauert. Es waren für manche die letzten gewesen. Andere blieben halbtot auf der Strecke. Jetzt tauchte auch Jago in der Kabine auf, gefolgt von drei Gardisten aus Ilisidis Truppe; ein vierter kam mit einer Pistole in der Hand aus der Tür zum Cockpit.
»Nand’ Paidhi«, stöhnte Banichi und deutete eine Verbeugung an. »Nand’ Aiji-Mutter. Nehmen Sie doch Platz. Cenedi, nach vorn ins Cockpit, wenn ich bitten darf.«
Bren ließ sich in die Rückenlehne fallen und musterte Banichi und Cenedi, die in drohender Gebärde einander gegenüberstanden. Dann legte Ilisidi eine Hand auf Cenedis Arm und sagte: »Wir gehen mit ihnen.«
Cenedi verbeugte sich und half der Aiji-Mutter, über die am Boden liegenden Leiber hinwegzusteigen.
»Vorsicht«, sagte Bren. »Treten Sie bitte nicht auf meinen Computer. Da muß irgendwo eine Satteltasche auf dem Boden liegen.«
»Suchen Sie die Tasche«, forderte Banichi einen der Männer auf. Ein anderer meldete sich mit ruhiger Stimme und sagte: »Nadi Banichi, wir wären insgesamt vierzehn an Bord. Es dürfen aber nur zehn plus zwei Mann Besatzung.«
»Das käme ja dann ungefähr hin«, sagte einer. »Die Toten zählen nicht.«
»Wie viele sind denn gefallen?« wollte jemand wissen. Dann rief Cenedi von vorn: »Der Pilot bleibt hier. Er ist aus Wigairiin und möchte nach Hause.«
»Einer weniger.«
»Und laßt den da auch gehen«, sagte Bren mit heiserer Stimme und deutete auf den Mann, der immerhin so gnädig gewesen war, auf seinen gebrochenen Arm aufmerksam zu machen. Doch Banichi verlangte, daß eine der Leichen nach draußen geschafft werden solle. Die Rebellen, die noch am Leben waren, wurden gefesselt, die toten aus dem Weg geräumt.
Zwei Männer schnappten sich Rotblau und warfen ihn zur Luke hinaus. Der Pilot beeilte sich, nach draußen zu kommen.
Banichi ließ per Knopfdruck die Tür zuklappen. Die Turbinen heulten noch lauter auf. Noch waren die Bremsen angezogen.
Bren schloß die Augen und erinnerte sich, von Ilisidi gehört zu haben, daß sich am Rand der Piste ein Felsbruch befand, von dem Gefahr durch Heckenschützen ausgehen könnte.
Die Tür war verschlossen. Die Motoren drehten immer weiter auf. Dann löste Cenedi die Bremsen, und die Maschine schnellte nach vorn.
Banichi ließ sich am Fenster nieder und streckte den geschienten Fuß aus. Bren hielt die Armlehne umklammert, krallte sich in der Polsterung fest, während auf der einen Seite der Fels, auf der anderen die flachen Gebäude vorbeisausten. Dann links blauweißer Himmel, rechts noch immer Fels.
Schließlich zu beiden Seiten Himmel. Das Fahrwerk rastete ein.
»Wir werden wahrscheinlich in Mogaru nachtanken müssen«, meinte Banichi. »Dann geht’s direkt weiter nach Shejidan.«
Jetzt, jetzt konnte er’s glauben.
XVI
Als er geglaubt hatte, sterben zu müssen, war ihm nicht etwa Barb in den Sinn gekommen. Gedanken an und Gefühle für sie ließen sich wie auf Schalterdruck ein- und ausblenden.
Nein, zu vergessen war verdammt leicht. An sie zu denken verlangte Phantasie, die er bemühte, um den tristen Alltag zu verschönern oder dann, wenn er sich für ein paar Urlaubstage auf den Weg nach Mospheira machte.
Der Wunsch, Barb zu sehen, war kaum mehr als ein Vorwand, um zu verhindern, daß ihn die Familie mit Beschlag belegte.
»Ich will Barb sehen«, log er seiner Mutter vor, so oft er allein sein und in die Berge fahren wollte.
Das war die Wahrheit, die er sich bislang nur noch nicht eingestanden hatte.
Das war – menschlich gesprochen – seine Befindlichkeit jenseits aller beruflichen Verpflichtungen und Gedankenspiele im Hinblick auf Äquivalenzen, magische Zahlen und Schlingerwände. Früher hatte er sich unter Menschen sehr viel wohler gefühlt.
Seit einiger Zeit aber zog es ihn in die Berge, in Wind und Schnee. Vor kurzem noch war er glücklich gewesen, als Paidhi wirken und unter Atevi leben zu dürfen. Der Erfolg hatte ihn blind gemacht und die Gefahren geringschätzen lassen. Diejenigen, denen er sein Vertrauen geschenkt hatte…
Etwas Rauhes, Feuchtes attackierte sein Gesicht; eine kräftige Hand drückte ihm den Kopf in den Nacken, und im Hintergrund vernahm er
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