Atevi 2 - Eroberer
unsere Chancen nutzen.«
»Dabei kommen Ihre Konzepte, Ihre Geschichte und Ihre Technologie zum Tragen. Das ist doch ganz allein Ihre Sache, nicht unsere.«
»Nadiin, wir leben in derselben Luft und unter den Einflüssen derselben Schwerkraft, derselben Atmosphäre. Die entscheiden über die Konstruktion von Flugzeugen, nicht wir. Wären die Menschen hier niemals aufgekreuzt, würden die Atevi Flugzeuge entwickeln, die auf die gleiche Weise funktionieren wie die unseren und auch ähnlich aussehen. Und die Atevi kämen nicht umhin, ihre Vorbehalte gegen Computer abzulegen, denn die sind für fortgeschrittene Luftfahrt unerläßlich. So auch die Fernsehtechnik. Und die Raumschiffe, die Atevi schließlich bauen würden, ließen sich von dem da oben kaum unterscheiden, wenn nur das Wesentliche, absolut Notwendige in den Entwurf gelangt.«
»Über das Wesentliche entscheiden nicht zuletzt kulturelle Maßgaben«, bemerkte der Ausschußvorsitzende. »Darum ist dieser Ausschuß einberufen worden. Wir begnügen uns nicht mit Ihren Entwürfen, Nadi, und lassen uns nicht vorschreiben, wie wir was zu bauen haben.«
»Das ist auch richtig so, Mylord.« Gütiger Himmel, er sah die Klippe vor sich, faßte sich ein Herz und setzte zum Sprung an, im vollen Bewußtsein der Gefahr. »Aber kulturelle Maßgaben sind das eine. Das andere sind die physikalischen Bedingungen. In der Hinsicht kann es in unseren Welten keine Unterschiede geben, Mylord.«
»Es gibt nur ein Universum«, murrte Geigi. »Und nach den darin geltenden Gesetzen haben sich unsere Entwürfe auszurichten, wenn sie denn tauglich sein sollen. Darum werden alle tauglichen Geräte, die einen bestimmten Zweck erfüllen, einander ähnlich sein, ob sie nun gebaut wurden von Atevi oder von Menschen. Der Umgang mit ihnen wird ähnlich sein, so schließlich auch das Bewußtsein derer, die sie bedienen. Von den Vorgaben der Natur haben sich nicht zuletzt auch die Wi’itikiin in ihrer Entwicklung leiten lassen müssen und Flügel ausgebildet, die Auftrieb gewähren so wie die Tragflächen der Flugzeuge.
Kurzum: Wir alle sind der Zahlenordnung der natürlichen Welt unterworfen, Atevi und Menschen gleichermaßen. Und Atevi, die den Weltraum erobern wollen, werden diese Ordnung berücksichtigen müssen und in Harmonie mit ihr zu leben lernen, also auch in Übereinstimmung mit den Menschen, die diese Zahlenordnung anerkennen. Daß Atevi einen ausgeprägten Sinn für harmonische Zahlenverhältnisse haben, beweisen Sprache und Kultur. Darin sind sie den Menschen überlegen. Wir bewundern ihre Fähigkeiten und suchen die Zusammenarbeit mit ihnen. Gemeinsam werden wir große Fortschritte erzielen.«
»Nicht, wenn Raumschiffe die von Ihnen zitierten Naturgesetze verletzen«, entgegnete Geigi. »Erklären Sie mir, was es mit Ihren Schiffen auf sich hat, die angeblich schneller als Licht fliegen können, nand’ Paidhi. Belegen Sie das anhand von Zahlen.«
Die Spannung im Konferenzsaal lud sich merklich auf. Lord Geigi riskierte viel, denn er forderte eine Antwort heraus, die möglicherweise nicht nur alles, woran er glaubte, erschüttern mochte, sondern auch die Existenz seines Hauses und sämtlicher Institutionen, die er unterstützte, in Frage stellte. Er hatte viel zu verlieren.
»Nadi-ma«, antwortete Bren. »Ich werde die gewünschten Belege beibringen. Das verspreche ich. Aber aus dem Stegreif weiß ich leider keine plausible Erklärung abzugeben. Die physikalischen Hintergründe sind allzu komplex. Ich vermag kaum mit den Worten der eigenen Sprache sinnvoll Auskunft zu geben, geschweige denn auf ragi.«
»Fliegt das Schiff schneller als Licht? Ja oder nein?«
»Daß wir von Überlichtgeschwindigkeit sprechen, ist eine grobe Vereinfachung und nicht wortwörtlich zu verstehen.« Bren war verzweifelt. Die enge Bandage bereitete ihm wieder Atembeschwerden, und er fürchtete, bleich wie ein Laken zu sein. »Die Menschen drücken sich oft sehr unpräzise aus, weil ihnen die sprachlichen Mittel fehlen – im Unterschied zu den Atevi. Wir haben keine Begriffe für extrem große Mengen oder extrem weite Räume. Das angeschnittene Problem verweist uns auf ein mathematisches Feld, das sich mit Worten nicht so einfach beschreiben läßt.« Wovon er auch überhaupt keine Ahnung hatte. »Geben Sie mir ein paar Tage Zeit. Ich bin sicher, Formulierungen zu finden, die zutreffender sind als das, was Hanks oder ich bislang darüber haben verlauten lassen.«
Lord Geigi sah alles andere als
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