Atevi 3 - Erbe
aufsaß? Oder einem menschlichen Bedürfnis entsprach und sich Jasons Verhalten so zurechtbog, daß es sich besser in seine Erwartungen fügte?
Das Schiff kam seinem Versprechen nach. Das Shuttle wurde Realität.
Daß aber der vermeintlich freundliche und heitere junge Mann, mit dem er sich vor der Landung über Funk anscheinend so gut verstanden hatte, in Wirklichkeit ganz anders war als in seiner Vorstellung, hatte Bren nicht so recht akzeptieren wollen.
Er hatte an der Wunschvorstellung festgehalten und Jasons Part an einer Konversation im Geiste mit übernommen und sich Antworten zurechtgelegt, die Jason hätte geben können, wenn ihm nur das entsprechende Vokabular geläufig und Zeit zu intensiveren Gesprächen vorhanden gewesen wäre. Jason stand verständlicherweise unter Stress; eine Fremdsprache lernen zu müssen konnte einem schwer zusetzen. Und vielleicht war umgekehrt auch Jason in seinen Erwartungen von Bren getäuscht worden; vielleicht fühlte er sich deshalb betrogen.
»Jason«, sagte er.
»Was ist?«
»Wo ist das Schiff gewesen?«
»Das habe ich dir doch schon gesagt. Bei einem Stern, einer Zahl auf einer Karte.«
»Als du erfahren hast, daß wir nicht fischen gehen…«
»Ja?«
»Was du dabei empfunden hast, empfinde ich, wenn du mir eine solche Antwort gibst.«
Es folgte düsteres Schweigen, und Bren bereute, daß er Jason damit gekommen war.
Er wünschte, es würde ein Wunder geschehen und Jason käme aus seiner Schmollecke heraus, um endlich umzusetzen, was er ihm beigebracht hatte, und, statt Probleme aufzuwerfen, ihm eine Stütze sein zu können, wenn es hart auf hart zuginge.
Barb hatte ihm zur Seite gestanden, bis es ihr zuviel wurde, und sie war davongelaufen, um Paul Saarinson zu heiraten. Vielleicht hatte auch Jason beruflich und persönlich anderes im Sinn, als einem Paidhi zur Seite zu stehen.
Vielleicht, dachte Bren, wußte Jason immer noch nicht, woran er bei ihm war, und womöglich lag der mangelnden Verträglichkeit eine andere Ursache zu Grunde als konkretes Fehlverhalten. Mit den Atevi kam er, Bren, doch wirklich gut zurecht. Sein persönliches Leben…
Barb konnte bezeugen, daß er ein durchweg umgänglicher Mensch war.
Er erinnerte sich an Wilson-Paidhi und daran, daß er sich vorgenommen hatte, niemals so zu werden wie sein Vorgänger. In der Uni war unter seinen Mitstudenten darauf gewettet worden, daß Wilson durch nichts und niemanden zum Lachen zu bringen und zu keiner emotionalen Reaktion zu bewegen sei. Ein schrecklich düster gestimmter Mann.
Doch zur selben Zeit hatten diejenigen, die in der Ausbildung für den Außendienst standen, damit angefangen zu lernen, nicht durchblicken zu lassen, was einem auf dem Herzen lag oder durch den Kopf ging. Es war ihnen beigebracht worden, nach außen hin nichts unbewußt preiszugeben.
Barb hatte sich darüber beschwert. Sie hatte des öfteren gesagt – er sah sie vor sich am Tisch bei Kerzenlicht: Bren, du bist nicht auf dem Festland. Du hast mich vor dir.
Es war wohl wirklich nicht zu leugnen, daß er sich wirklich ein gutes Stück weit von Mospheira und seinesgleichen entfremdet hatte. Doch Jason war darauf eingestellt. Bren hatte auch ihm immer wieder nahegelegt, seine Gefühle verborgen zu halten.
Müßte Jason nicht mittlerweile mehr Verständnis aufbringen?
Tatsache war, daß er Jason eingeschärft hatte, Atevi gegenüber keine Emotionen zu zeigen, doch als Banichi und Jago gekommen waren, hatte er, Bren, all seinen guten Ratschlägen zum Trotz gelacht, gescherzt und deutlich gemacht, wie froh er über dieses Wiedersehen war.
Vielleicht hätte er zu Anfang weniger Gewicht auf den Sprachunterricht und mehr Wert auf die Kommunikation untereinander legen sollen. Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn sie sich mehr Zeit gelassen hätten, einander kennenzulernen.
»Du und ich«, sagte er auf mosphei’, »wir müssen miteinander reden, Jason. Das ist dringend nötig.«
»Unter anderem wollten wir dazu diese Urlaubstage nutzen.«
»Tut mir leid, aber ich hatte wirklich keine Ahnung, was uns hier erwartet. Ich wußte zwar, daß unser Urlaub in eine schwierige Zeit fällt, doch das ist ja immer der Fall, wenn man das Bedürfnis hat auszuspannen. Und ich wußte auch, daß die Gesellschaft, in der wir reisen, nicht gerade der Garant für eine ruhige Erholung ist, aber ohne sie wären wir auch nicht weggekommen. So ist es nun mal.«
»Verstehe«, antwortete Jason mit seltsam wackliger Stimme, die gerade laut
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