Atevi 3 - Erbe
es läuft nun mal nicht immer nach Wunsch.«
»Als wir die Festung verließen, war mir schon klar, daß wir nicht fischen gehen«, sagte Jason auf mosphei’.
»Du dachtest, ich lüge«, antwortete Bren in derselben Sprache.
Es blieb längere Zeit still zwischen den beiden.
Dann sagte Jason: »Werden wir denn fischen gehen? Fast alle, die hier mit uns ziehen, sind bewaffnet. Es ist von heimlichen Funkverbindungen die Rede. Von Hanks. Dabei wollten wir bloß fischen gehen.«
»Dazu wird es schon noch kommen.« Das Versprechen kam selbst ihm ziemlich lau vor. Aber er konnte Jason keinen reinen Wein einschenken, da er die Zusammenhänge nicht begriff und Gott weiß was für Schlüsse ziehen würde.
Das Schweigen dauerte noch eine Weile an. Bren wanderte in Gedanken ab; er saß Barb an einem Tisch gegenüber, und Barb fragte: Wann? Sei ehrlich, Bren. Wann?
»Daß wir fischen gehen, redest du dir doch selbst bloß ein«, sagte Jason. »Stimmt’s?«
»Jason, ohne einen solchen Vorsatz kommen wir gewiß nicht dorthin.« Und halb resigniert fügte er hinzu: »Von einem Dutzend geplanter Reisen kommt vielleicht eine einzige wirklich zustande.«
»Sind alle Mospheiraner wie du?«
Das anzunehmen gefiel ihm nicht. Er sah sich lieber ohne jene Marotten, die ihm an seinen Landsleuten zuwider waren. Die meisten Menschen auf der Insel lebten nach der Uhr und routinierten Abläufen, sei es bei der Arbeit oder in der Freizeit; und sie wählten Präsidenten, die ein ähnliches Leben führten und die erforderlichen Entscheidungen von ihren Wasserträgern treffen ließen, anstatt von wirklich kompetenten Leuten.
Falsche Vorstellungen spielten auf Mospheira eine maßgebliche Rolle.
Falsche Vorstellungen machte man sich dort im besonderen über die Möglichkeiten, ein eigenes Raumschiff zu bauen, und über die Zukunft allgemein.
Ganz zu schweigen von den Selbsttäuschungen, wozu er ja anscheinend selbst neigte.
»Wie auch immer«, antwortete er und räusperte sich verlegen. »Ich bin nach wie vor darauf aus, fischen zu gehen, Jason.«
»Nur nicht in nächster Zeit.«
»Doch, verdammt! Wir stehen ständig unter Alarmbereitschaft. Damit lebe ich. Zwischendurch entspanne ich mich, wenn denn dazu ein paar Stunden bleiben. In neun von zehn Fällen passiert nichts, oder es passiert woanders etwas, und ansonsten geht alles wie gehabt weiter. Wenn man vorhat, fischen zu gehen, kann es sein, daß man dazu kommt oder auch nicht.«
»Eine ziemlich nervöse Art zu leben.«
»Was Wunder, wenn ihr eurer Riesenschiff über unseren Köpfen im Orbit parkt und dem, der zuerst kommt, Sonne, Mond und Sterne versprecht. Wir alle sind ein bißchen hektisch geworden.«
»War das Leben hier vor unserem Aufkreuzen friedlicher?«
»Es bewegte sich in gewohnten Geleisen. Ihr habt unsere Welt auf den Kopf gestellt. Ist euch das etwa nicht bewußt? Das Leben ganz normaler Leute hat sich von Grund auf verändert. Ganz normale, durchschnittliche Leute tun Dinge, die sie früher nie getan hätten.«
»Ist das gut so oder schlecht?«
»Vielleicht sowohl als auch.«
Sie schwiegen für eine Weile. Bren beobachtete Jago, die vor ihm her ritt; sie war beileibe nicht durchschnittlich, ebensowenig wie Banichi.
Er liebte Jago. Er liebte beide.
»Ja, sowohl als auch«, wiederholte er. Und dann: »Warum ist das Schiff zurückgekehrt?«
»Versteht sich das nicht von selbst?«
Er ließ sich Jasons Antwort durch den Kopf gehen und stimmte ihr schließlich im stillen zu. Es war der natürliche Kurs des Schiffes: zwischen Sternen hin und her zu kreuzen und gelegentlich einen Hafen anzulaufen, wo Menschen anzutreffen waren. Warum sollte es nicht gekommen sein?
Bren hatte sich stets einen eigenen Reim machen müssen auf Jasons halbe Antworten aus den Tagen, da Jason kaum ein Wort auf ragi sagen konnte, oder auch danach, als der Druck wegen der zu leistenden technischen Übersetzungen immer stärker wurde. Sie hatten sich fließend über Dichtungen und Hitzeschilde unterhalten. Doch als er wenige Tage vor Antritt dieser Reise auf mosphei’ gefragt hatte, »Wo warst du?«, hatte ihm Jason Schaubilder gezeichnet, aus denen er nicht schlau wurde.
Und er hatte sich das Verständigungsproblem damit erklärt, daß er eben kein Astronom war und keinen Schimmer hatte von der Astronavigation. Oder die Raumfahrt ja vielleicht überhaupt nicht so romantisch war wie gedacht – oder – oder…
Tja, aber – aber…
Ob er auch in dieser Frage falschen Vorstellungen
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