Atevi 3 - Erbe
genug war, um das Getrappel und Geschnaufe der Mecheiti übertönen zu können. »Ich vertraue dir, Bren. Ich zwinge mich dazu.«
»Und ich verspreche dir, daß ich dich heil zurückbringe.«
»Das ist nicht meine Sorge.«
»Was denn?« fragte Bren und glaubte, endlich einen Ansatz gefunden zu haben, der ihm Aufschluß über Jasons Denken und Fühlen vermitteln würde.
Doch Jason antwortete nicht.
In diesem Moment sah Bren, wie Cenedi sein Mecheita zügelte und sich hinter Babsidi zurückfallen ließ. Zuerst schien es, als wollte Cenedi mit Banichi reden. Doch er wartete, wie sich zeigte, bis Bren und Jason zu ihm aufgeschlossen hatten.
»Bren-Paidhi«, sagte Cenedi, während Bren zusehen mußte, daß Nokhada von ihrem Rivalen abließ. »Die Aiji-Mutter will wissen, warum Sie ihr aus dem Weg gehen. Und ich soll Ihnen sagen, daß Nokhada, falls Sie es vergessen haben sollten, immer noch weiß, wo’s langgeht.«
22
Nokhada wußte sehr wohl wohin, und da er die Zügel locker hielt, eilte sie heimlich, still und leise nach vorn. Hätte er die Gerte eingesetzt, wäre sie auf Kosten sämtlicher Mecheiti vorgeprescht.
Daß ihr Platz zu machen sei, erklärte sie den anderen, die ihr den Weg verstellten, mit nachdrücklichen Kopfstößen und Stoßzahnstochereien. Glücklicherweise hatten Mecheiti ein ungemein dickes Fell, so daß kein Blut floß und nur die sorgsam gestriegelte Haardecke zerzaust wurde.
Weil sich Cenedi zurückfallen ließ, erreichte Nokhada die Position, auf die sie es abgesehen hatte, nämlich neben Babsidi, wo sie sogleich ruhiger und fügsam wurde.
»Aha.« Ilisidi saß wie immer aufrecht und elegant im Sattel und geruhte, ihm einen Blick zuzuwerfen. »Sie machen mich neugierig.«
Er wagte nicht, den Mund aufzumachen.
»Ach, kommen Sie, nand’ Paidhi. Sind wir wie die Menschen? Oder die Menschen wie wir? Sind wir – wie soll ich sagen? – technisch kongruent?«
»Gewiß sind wir nicht das erste Paar, das…« – er stand plötzlich vor einer grammatikalischen Klippe und spürte, wie er rot wurde – »…es auf einen Versuch hat ankommen lassen.«
»War’s schön?« Sie hatte sichtlich Freude daran zu fragen.
»Ja, nand’ Aiji-Mutter.« Mit dem festen Vorsatz, standhaft zu bleiben, begegnete er ihrem Blick von der Seite mit heiterem Lächeln.
Worauf sie ihm ein Grinsen zeigte, das aber urplötzlich aus ihrem Gesicht verschwand. »Es wird Klatsch und Tratsch geben, sobald bekannt ist, woran der Paidhi so alles Gefallen findet. Mein Nachbar, der es nicht lassen kann, meinen Balkon zu observieren, wird wahrscheinlich hinter unseren unschuldigen Frühstücksbegegnungen einen Skandal wittern. Wir müssen das unbedingt wiederholen.«
»Mit Vergnügen, Aiji-ma.« Daß sie die Sache so locker nahm, erleichterte ihn sehr. »Diese gemeinsam mit Ihnen verbrachten Stunden bedeuten mir viel.«
»Daran soll’s nicht mangeln. Zeitverschwendung ist mir eine Lust. Meine Stunden sind kleine Geschenke.« »Ihre Stunden und Ihre Klugheit sind meine Rettung, Aiji-ma, und darum komme ich wieder gern darauf zurück, möchte aber nicht aufdringlich erscheinen.«
»Papperlapapp. Ihr laßt neuerdings junge Männer vom Himmel fallen und erwartet, daß ich sie zivilisiere. Gibt es Ärger, nand’ Paidhi? Sehe ich richtig, daß zwischen Ihnen Spannungen aufgekommen sind?«
»Er will fischen und findet in diesen Höhenlagen keine Gelegenheit dazu.« Ilisidi lachte und lachte.
»Ja, Paidhi-ji, wenn uns doch dieser Fisch ins Netz ginge, dieser großmäulige Kadigidi-Fisch, der glaubt, uns foppen zu können. Ich wollte, Bren-ji, daß Sie mich begleiten. Unsere addierten Zahlen haben uns bislang Glück gebracht, und ich werde mich hüten, einen Atigeini in seiner Tugendhaftigkeit zu überfordern.«
Er war schockiert. Banichi und Jago hatten zu ihm aufgeschlossen, und er fragte sich, ob sie berücksichtigten, welch große Versuchung die Paidhiin im Umkreis der Atigeini darstellten, jetzt, da die Würfel rollten und die Dämonen Glück und Zufall ihre Chance erhielten, die Ordnung der Welt umzustoßen.
Baji-Naji. Das Gewebe des Universums, das in ihrem Muster so manche Änderung zuließ.
Tabini lag mit einer Atigeini im Bett, und Tatiseigi hatte sein Appartement aufgesucht, um ihnen, den Paidhiin, auf den Zahn zu fühlen. Und schließlich war Ilisidi auf den Plan getreten, sie, die für Tatiseigi die größte Versuchung war, nach der Macht zu greifen, aber wieder auf Abstand gegangen war, bevor er
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