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Athyra

Athyra

Titel: Athyra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Brust
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antwortete er: »Seine Lordschaft hat es von einigen seiner Krieger tun lassen, die Hilfe von … ein Jhereg ist auch hier –«
    »Ich habe ihn gesehen.«
    »Ja. Sie haben mich an einen Stuhl gefesselt, und … sie wollten, daß ich ihnen sage, wo der Ostländer ist.«
    »Oh. Habt Ihr es gesagt?«
    Der Meister preßte die Augen fest zu. »Am Ende.«
    »Oh«, machte Savn. Die Bedeutung dieser Worte drang langsam tiefer. Er stellte sich Vlad vor, der ruhig in der Höhle lag und keine Ahnung haben konnte, daß er verraten worden war. »Wenn es doch nur einen Weg gäbe, ihn zu warnen.«
    »Gibt es nicht.«
    »Ich weiß.« Aber der Ostländer konnte Warnungen empfangen. Vielleicht könnte er doch noch fliehen. Aber er würde glauben, daß Savn, der verschwunden war, der Verräter sei. Savn schüttelte den Kopf. Wie kleinlich von ihm, sich darüber Gedanken zu machen, wenn Vlads Leben in Gefahr war, und sich um Vlads Leben zu sorgen war sinnlos, solange Meister Wack Schmerzen hatte, gegen die Savn etwas tun konnte. »Können wir es hier heller machen?«
    »Nein.«
    »Dann nicht.« Savn holte tief Luft. »Ich werde Euch jetzt ausziehen.«
    »Natürlich. Aber vorsichtig.«
    »Dann werde ich –«
    »Ich weiß selbst, wie du vorgehen wirst.«
    »Braucht Ihr mehr Traumgras?«
    »Nein.« Der Meister war nun kaum noch zu hören. Er sagte: »Mach nur, Savn.«
    »Ja. Es ist wahr, und es ist unwahr, daß einst ein Dorf an einem Ort erwuchs, wo zwei Flüsse sich vereinten. Nun war der eine Fluß aber breit, so daß man –«
    »Seicht und breit.«
    »Oh, ja. Entschuldigung. Seicht und breit, so daß man ihn überall durchschreiten konnte, ohne sich die Knie zu benetzen. Der –«
    Meister Wack keuchte.
    »– andere floß sehr schnell und voller – ich meine, floß sehr schnell, war tief und voller schaumiger Strudel, Wirbel, Felsen und Irrströme, so daß man nicht einmal ein Boot auf ihm steuern konnte. Nach dem Zusammenfluß der Strö –«
    Der Meister zuckte.
    »– me wurde der Fluß, der Großerfluß geheißen war, breit, tief, schnell, aber sanft, so daß man die Nachbarn auf ihm besuchen fahren konnte, flußauf, flußab, indem man –«
    Hier fing der Meister zu stöhnen an und hörte nicht mehr auf.
    »– mit eigens zu diesem Zweck entworfenen Pfählen steuerte. Und auch den weiten, trägen Fluß konnten sie hinauf- und hinunterfahren. Doch den schnellen, gefahrvollen Fluß konnte niemand bewältigen. Als so die Zeit verging –«
    Aus dem Stöhnen wurden plötzlich Schreie.
    »– überlegten die Dorfbewohner, was wohl dahinter lag, und sie besprachen –«
    Die Schreie wurden lauter.
    »– wie man einen Weg finden könne, den Fluß trotz seiner Gefahren und Strudel und wechselnden Strömungen aufwärts zu kommen. Mancher schlug vor, den Wind zu nutzen, doch.«
    Bald hörte Savn weder seine eigene Stimme noch des Meisters Schreien, beides nur noch eintönig und fern. Er war ganz auf das Ausrichten der Knochen konzentriert und erinnerte sich an alles, was der Meister ihn gelehrt hatte, daß man fest und gleichmäßig Druck ausüben muß und maßvoll die Hände benutzt, so daß kein Finger heftiger oder sanfter an die Knochen drückt als nötig, um dem Patienten unnötige Schmerzen zu ersparen. Mit den Fingern spürte er, wie die Knochen aneinanderrieben, und er konnte es auch hören, sogar durch seinen eigenen Singsang, und er sah, daß der Meister vor Schmerzen grau geworden war, trotz des Traumgrases, doch er hörte nicht auf und wurde nicht einmal langsamer. Er dachte, der Meister – der echte Meister, nicht dieser kaputte und gebrochene alte Mann, den er behandelte – wäre bestimmt stolz auf ihn.
    Die Geschichte erzählte sich von selbst, und er arbeitete mit dem Rhythmus, so daß seine Hände dann am geschäftigsten waren, wenn er die Stimme erhob und die spannenden Momente erzählte und der Patient am stärksten nach Ablenkung verlangte. Meister Wack erwies sich als guter Patient, zum Glück, denn er hätte nichts hiergehabt, um ihn zu fixieren.
    Aber es kam ihm sehr lang vor.
     
    Savn schaute seinen Meister an, der stöhnend dalag, die Knöchel mit Stücken aus der eigenen Kleidung verbunden, schweißgebadet. Savns Stirn fühlte sich selbst so naß an wie der Meister aussah. Er wollte einen Schluck Wasser trinken, doch als er merkte, wie wenig noch übrig war, bot er es mit etwas Traumgras dem Meister an. Der nahm es wortlos hin.
    Als Savn dem Meister beim Essen und Trinken half, merkte er, wie seine Hände

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