Atlan 010 - Planet der Vogelmenschen
weitersprechen konnte. Er schaltete die Rundrufanlage aus und setzte sich auf die schmale Bank neben Tekener und Kennon.
Als die Beschleunigungsphase vorbei war und der Triebwerkslärm sich mäßigte, erklärte Trask:
“Unsere Landung dürfte unbemerkt bleiben. Die Anflugwerte sind so berechnet, daß wir auf der Nachtseite des Planeten landen, aber dicht an der Grenze zwischen Tag und Nacht. Der Aufenthaltsort der Kamucs wird zu dieser Zeit gerade von den ersten Sonnenstrahlen getroffen werden. Da diese Wesen bei Sonnenaufgang in eine Art Trance verfallen, werden sie uns nicht bemerken.”
“Welche Strecke müssen wir etwa zurücklegen?” fragte Tekener.
“Rund fünfzig Kilometer. Näher dürfen wir nicht an die Kamucs herangehen, sonst bemerken sie das Schiff. Zu jeder anderen Tageszeit würden sie uns schon beim Landeanflug aufspüren und vernichten.”
“Na, da kann ich nur hoffen, daß Ihr Zeitplan stimmt”, warf Kennön ein.
“Wenn er nicht stimmt, werden wir es rechtzeitig merken”, sagte ein hünenhafter akonischer Offizier. Seine Gesichtshaut wirkte so rosig, wie sie nur nach einer Oberflächengewebserneuerung wirken konnte. Er mußte vor nicht allzu langer Zeit fürchterliche Verbrennungen erlitten haben.
“Sie scheinen Erfahrungen mit Fehlschlägen zu haben”, sagte Kennon trokken. Innerlich bebte er, als er daran dachte, daß sein erster Körper vor einiger Zeit total verbrannt war.
In den Lautsprechern der Rundrufanlage knackte es.
“Beibootkommandant an Einsatzkommando!” ertönte eine tiefe Stimme. “Wir lösen uns jetzt vom Mutterschiff. Ab sofort herrscht Funkstille. Sobald die Schleusen sich öffnen, haben Sie genau zehn Sekunden Zeit zum Verlassen des Bootes. Ende!”
Ronald Tekener spürte, wie das Beiboot startete, obwohl die Andruckabsorber die Ausstoßbeschleunigung hundertprozentig kompensierten. Aber ein erfahrener Raumfahrer besaß eine Art sechsten Sinn für solche Dinge.
Kurz darauf ertönte das Tosen der Triebwerke. Es hielt zwanzig Minuten lang an, dann verstummte es. Zehn Minuten später setzte es wieder ein: Das Beiboot bremste ab. Die Triebwerksgeräusche wurden noch vom Brüllen der verdrängten Atmosphäre übertönt. Es wurde heiß und stickig, denn der Schutzschirm war nicht eingeschaltet.
Schlagartig trat wieder Stille ein.
Lurlean Trask sprang auf und rannte zur großen Bodenschleuse. Die Akonen stellten sich auf. Als die beiden Schleusenschotte in die Schiffswände zurückglitten, setzten sich die Männer in Bewegung. Tekener konnte sich die Anerkennung nicht versagen, die das schnelle und disziplinierte Ausschleusen der Truppe verdiente. Terraner hätten es nicht besser machen können.
Dennoch gab es einen entscheidenden Unterschied: Terraner hätten sich zu einer verbrecherischen Militäraktion niemals hergegeben. Von Ausnahmen, die es überall gab, abgesehen, wäre jeder terranische Offizier, der eine ungesetzliche Aktion anordnete, von seinen eigenen Leuten entwaffnet und unter Arrest gestellt worden. Die Elitesoldaten des Energiekommandos waren in diesem Sinne alles andere als eine Elite.
Die Luft war kalt, und die Männer froren. Das Beiboot war wieder gestartet, und sie standen allein auf dem trokkenen Sand eines dunklen Tales.
“Wenn die Sonne herauskommt, wird es euch schon warm werden”, erklärte Lurlean Trask. “Truppführer, lassen Sie Ihre Leute in einer Reihe antreten! Trupp Eins zu mir! Trupp Vier und Fünf nehmen die Transportkarren!”
Schemenhaft huschten die Soldaten über den Talboden. Tekener und Kennon sahen die Transportkarren, zweirädrige Fahrzeuge mit luftbereiften Rädern, die mit Hilfe von Gurten gezogen werden mußten. Auf einem Karren erkannten die USOSpezialisten schwere Waffen, auf einem anderen den großen Hyperkom, mit dem nach dem Einsatz Verbindung mit der SARNEsos aufgenommen werden sollte.
Befehle wurden halblaut gegeben, dann setzte sich die Marschkolonne ohne Tritt in Bewegung. Tekener und Kennon hielten sich seitlich der Kolonne.
Als sie das Tal verließen, wurde es dämmerungslos hell. Die gelbe Sonne Kamuc stieg über den Horizont und beleuchtete eine von Sträuchern bewachsene Ebene, hinter der sich ein kahler Gebirgszug erstreckte.
Irgendwo in diesem Gebirge sollten die Kamucs wohnen.
Ronald Tekener fragte sich, ob diese Lebewesen ahnten, wer sich ihnen näherte ...
*
Sie marschierten vier Stunden lang über trockenen Sand, über Geröllhänge und durch Täler, deren niedrige Vegetation versengt und geschwärzt auf
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