Atlan 010 - Planet der Vogelmenschen
Regen wartete.
Gegen Mittag betrug die Lufttemperatur vierundfünfzig Grad—in der Sonne, denn Schatten gab es nicht. Die Gesichter der Akonen waren gerötet. Wenn sie nicht bald in den Schatten kamen, würden die ersten Männer zusammenbrechen.
Lurlean Trask deutete auf ein tiefeingeschnittenes Seitental, das zur Hälfte im Schatten lag.
“Erste Pause!” befahl er. “Gruppe Sieben zum Wasserholen! Gruppe Acht kocht ab. Keine Atomöfen verwenden, sondern nur Trockenbrennstoff!”
Plötzlich wurden die erschöpften Soldaten wieder munter. Das Tal wurde im Eilmarsch erreicht, und die Männer warfen sich im Schattenbereich auf den Boden.
“Ich habe das Gefühl, als wäre mein Gehirn gesotten worden”, murmelte Ronald Tekener und zündete sich eine Zigarette an. Neidisch musterte er seinen PsychoPartner. Sinclair Marout Kennon—das Gehirn—wurde von den Klima-Aggregaten seiner Vollprothese ständig auf der zuträglichsten Temperatur gehalten. Da die Aggregate absolut verläßlich abgeschirmt waren, bestand keine Ortungsgefahr.
“Viel kann da nicht gesotten worden sein”, gab Kennon zurück. “Ah, da kommt ja unser Pfadfinder!”
Lurlean Trask grinste. Dem Plophoser hatte die Hitze offenbar weniger ausgemacht als den Akonen. Er wirkte relativ frisch.
“Am Nachmittag wird es noch wärmer, meine Herren. Den Kamucs macht das allerdings nichts aus. Sie fühlen sich dann erst richtig wohl.”
“Heute werden wir sie kaum erreichen”, sagte Kennon. “Ich schätze, wir haben höchstens zwanzig Kilometer zurückgelegt.”
“Rund einundzwanzig”, antwortete Trask. “Eine gute Leistung bei dieser Hitze. Sie sind übrigens ein zäher Bursche, Tradino. Ich habe den Eindruck gewonnen, daß Sie noch zwanzig Kilometer weitermarschieren könnten.”
“Noch zwei”, erklärte Kennon. “Ich halte mich eben in Form. Außerdem habe ich anderthalb Jahre auf Poltrak gelebt, und dort sind die Durchschnittstemperaturen, ein, wenig höher als auf Kamuc. Ein gebürtiger Poltrakier würde hier nicht ohne Pelzjacke spazieren gehen.”
Tekener setzte sich, sog den Rauch tief in seine Lungen und blies ihn nachdenklich aus der Nase.
“Sind Sie sich klar darüber, Trask, daß Ihre Akonen keinen großen Gefechtswert mehr haben, wenn wir nicht eine längere Pause einlegen?”
Lurlean Trask nickte ernsthaft und ließ sich neben Tekener nieder.
“Sie haben recht, Tekener, aber darauf kommt es gar nicht an.” Er senkte die Stimme. “Das akonische Einsatzkommando ist überhaupt nicht zum Kämpfen hier. Wenn zehn von ihnen bis zum Lager der Kamucs durchkommen, sind es viele. Dennoch brauchen wir sie. Ich kenne die Psifähigkeiten der Kamucs gut genug, um zu wissen, daß sie uns spätestens während der nächsten beiden Stunden orten werden.”
“Davon scheinen aber die Akonen nichts zu wissen ... “, sagte Kennon gedehnt.
“Nein, Tradino”, gab Trask freimütig zu. “Sie sind nur andeutungsweise über die besonderen Fähigkeiten der Kamucs informiert worden, sonst wären sie nicht zur Landurig zu bewegen gewesen. Wir müssen sie leider opfern, aber ihr Opfer wird nicht umsonst sein. Bis sie vernichtet sind, haben die Kamucs sich mental derartig verausgabt, daß sie keinem Raumschiff mehr gefährlich werden können. Wenn es soweit ist, wird die SARN-Eros angreifen und sie nacheinander abschießen, bis die Überlebenden uns den Aufbewahrungsort der Eier oder der Jungen verraten.”
Oberstleutnant Tekener kratzte sich hinter dem Ohr.
“Das sind ja schöne Aussichten, mein Lieber.” Er gab sich kaltschnäuzig, überlegte dabei jedoch, wie die Akonen des Einsatzkommandos gerettet werden könnten. Doch es gab keine Möglichkeit. “Und Tradino und ich? Sollen wir ebenfalls geopfert werden?”
Lurlean Trask hob beschwörend die Hände.
“Aber ich bitte Sie! Sie sind viel zu wertvoll für uns. Außerdem hätte ich Ihnen in diesem Fall nichts verraten. Beobachten Sie nur mich. Ich erkenne die Absichten der Kamucs im voraus und werde Sie rechtzeitig warnen.”
“Das möchte ich Ihnen in der Tat wärmstens empfehlen!” erklärte Sinclair Marout Kennon mit hartem Lächeln. Er klopfte an sein Gürtelhalfter. “Sollte einem von uns etwas zustoßen, wird der andere Sie erschießen, Trask. Ist das klar?”
Der plophosische Verbrecher geriet ins Schwitzen. Er öffnete seinen Hemdkragen.
“Für Sie ist die Gefahr nicht größer als für mich, Tradino”, flüsterte er. “Ich tue doch auch nur das, was mir die Condos Vasac befiehlt.”
Er
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