Atlan 03 - Lepso 03 - Befreiung in Camouflage
verschwand schließlich aus meinem Blickfeld. Für geraume Zeit hörte ich seine panikerfüllte Stimme über den internen Funk. Irgendwann verstummte sie.
»Kontakt«, sagte ich, als ich als Erster den zerklüfteten und steil abfallenden Felsboden des Schelfs berührte. Binnen weniger Sekunden erhielt ich Bestätigungen von allen Leuten meines Teams, das ich mir noch gestern zusammengestellt hatte. Unweit von uns befanden sich weitere Zehnergruppen.
»Wir gehen so vor, wie wir es besprochen haben«, sagte ich meinen Kameraden. »Kontrolliertes Risiko. Jeder steht für den anderen ein. Wir halten uns gegenseitig den Rücken frei. Wir sind ein Team – habt ihr mich verstanden?«
»Wir sind ein Team«, wiederholten die Männer und Frauen matt.
»Also los! Beschaffen wir den freundlichen Herrschaften in den Gleitern ein schönes Stück Krummperle, dann haben wir für heute Ruhe.«
Ich betrachtete das Ortungsbild, das mir den möglichen Standort einer Haya unweit von hier anzeigte. Vorsichtig marschierte ich den steilen Schräghang entlang. Wir befanden uns in einer Tiefe von 65 Metern. Schwärme kleinerer Fische duckten sich zwischen skurrile Korallengebilde, um dem Wassersturm zu entgehen, gegen den unsere Bewegungsmotoren mit aller Kraft ankämpften. Sie ließen sich nicht einmal durch das Licht unserer Scheinwerfer aus ihren Verstecken verscheuchen.
Eine Frau hinter mir rutschte in Zeitlupentempo auf dem glitschigen Untergrund weg. Ich griff nach hinten, hielt sie am kugelförmigen Helm fest. Ich konnte spüren, wie ihre Aggregate bockten. Gemeinsam schafften wir es schließlich, sie in einen strömungsfreien Bereich dieses wilden Unterwasserlandes zu bringen.
Wir schnauften kräftig durch, bevor wir uns wieder auf den Weg machten. Einmal mehr verfluchte ich unsere Wächter und die da Tromin.
Möglicherweise legen die Herrscher über Sadik gar keinen gesteigerten Wert darauf, die Krummperlen zu ernten? , spekulierte der Extrasinn. Vielleicht suchen sie lediglich nach einer Möglichkeit, den sogenannten ›Abschaum‹ von ihren Straßen zu verbannen und so das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden?
So oder ähnlich würde es wohl sein. Ich beschloss, vorerst keinen weiteren Gedanken an die Motivation, die hinter derart arkonidenverachtenden Maßnahmen steckte, zu verschwenden. Hier und jetzt ging es um Leben und Tod.
Ein leises »Pling« erklang. So etwas wie Jagdfieber erwachte in mir. Vor uns musste sich tatsächlich eine Haya befinden!
»Ruhig jetzt!«, ordnete ich an. »Wir nähern uns wie besprochen von mehreren Seiten. Haltet eure Stechgeräte bereit. Denkt an die gestrigen Übungen. Kein übereiltes Vorgehen.«
Immer und immer wieder betete ich meinen kampfunerfahrenen Partnern vor, was sie zu tun und zu lassen hatten. Ich konnte bloß hoffen, dass sie die wichtigsten Verhaltensmaßnahmen verinnerlicht hatten, wenn wir zuschlugen.
Die Haya war ein wahres Monstrum. Ihre breiten Algenblätter zuckten empfindlich in die Höhe, als sie von mehreren Lichtstrahlen erfasst wurden. Aus der Mitte des Blattgewirrs wuchs eine warzig wirkende Kürbisfrucht, deren Leib in unregelmäßigem Rhythmus pulsierte. Im Inneren konnte man einen schwarzen Klumpen erahnen. Die Krummperle.
Wir teilten uns auf. Selbst jene Frau, deren Anzug immer wieder Aussetzer hatte, stemmte sich tapfer gegen die Wirbel und Ströme, während sie seitlich von mir auf die Haya zuwanderte.
Ein Algenfühler schnellte überraschend auf mich zu. Ich war zu langsam, um auszuweichen. Ich stach mit meinem harpunenartigen Gerät zu, zielte auf die Innenseite des Blattes.
Daneben.
Das Blatt legte sich klebrig um meinen Fuß, zog mich mit ruckartigen Bewegungen zum Inneren der Haya heran. »Bleibt auf euren Positionen!«, befahl ich den anderen Mitgliedern meiner Gruppe. Erneut stach ich zu, versuchte, genau die Mittelästelung des wie ein Baumblatt aufgebauten Grünwerks zu erwischen. Dort, so hatten wir gelehrt bekommen, liefen die Nervenzentren der Haya entlang.
Getroffen! Das Blatt löste sich von mir, noch bevor ich das Gleichgewicht verlor, und rollte sich ein. Ich zog mich augenblicklich ein Stückchen zurück.
»Habt ihr gesehen, wie es geht?«, fragte ich in die Runde. Ich konnte lediglich hoffen, dass meine Partner im tranfunzligen Licht mehrerer kleiner Scheinwerfer mein Kampfmanöver mitbekommen hatten. »Nur nicht die Nerven verlieren, immer wieder zustechen. Irgendwann trefft ihr mit Sicherheit. Und jetzt konzentriert euch
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