Atlan 03 - Lepso 03 - Befreiung in Camouflage
niemand achtete indes auf eine kleine Welt wie Sadik, die heimlich, still und leise eine wirtschaftliche wie politische Hausmacht aufbaute. Riesige Erzabbauschiffe grasten Planeten im Milchstraßenzentrum ab. Auf vielen Wirtschaftswelten jonglierten Broker im Auftrag der da Tromin erfolgreich mit Aktien und sicherten sich Einfluss auf Kernbereiche der verarbeitenden Industrie in weiten Bereichen arkonidischer Einflusssphären. Minderheitsbeteiligungen an Handelsflotten der Springer waren ebenso Bestandteil der sadikschen Gemischtwarenhandlung wie gut vermarktete und hochpreisige Eigenprodukte.
Gart da Tromin berauschte sich an den vielen kleinen Bildern vor ihm, die ein seltsames Mosaik an Eindrücken ergaben. Er vermochte sie zu deuten und aus ihnen Trends abzulesen wie kaum ein anderer. Lediglich der legendäre Homer G. Adams war ihm in zweifacher Beziehung voraus. Erstens besaß er ein phänomenales Zahlengedächtnis, das nicht nur hinter vorgehaltener Hand als Ausdruck einer Mutantenfähigkeit definiert wurde. Zweitens war der Terraner im Besitz eines lebensverlängernden Zellaktivators.
Gart da Tromin ballte die Hände zu Fäusten.
Er war vor kurzem 95 Arkonjahre alt geworden und stand damit in der Mitte seines Lebens. Wenn er die Künste moderner Medizin bis zum Letzten ausreizte, würde er noch als Zweihundertjähriger dem Khasurn vorstehen.
Rund hundert Jahre blieben ihm also.
Was bedeutete diese Lebensspanne schon im Vergleich zu jener eines biologisch Unsterblichen?
Wenn ihm doch das Schicksal eines dieser Zellaktivator-Eier zugestanden hätte! Gart wusste, dass er die mit der Langlebigkeit verbundenen Möglichkeiten weitaus besser nützen würde als all jene anderen, die die Milchstraße mit ihrer Existenz belästigten.
Er beendete die Übertragungen aus allen Teilen Sadiks. Dunkelheit umhüllte ihn. Sie half ihm beim Nachdenken.
Neben der Sicht auf das große Bild mussten auch viele Dinge im Kleinen berücksichtigt werden. So durfte er unter keinen Umständen die Kontrolle über den Khasurn verlieren. Sein Sohn Ziabad drängte in letzter Zeit viel zu energisch auf mehr Verantwortung in der Leitung der da trominschen Familiengeschäfte. Er hängte seine Nase tief in Dinge, die ihn nichts angingen.
»Benötigst du etwas?«
Gart vernahm unwillig den schleichenden Schritt seiner Frau Anelle. Sie näherte sich ihm, obwohl er heute keinerlei Lust verspürte, sich ihr zu widmen.
Sie aktivierte künstliche Glühwürmchen, die sie in willkürlich gesteuerten Bahnen umkreisten. Ihr hochtoupiertes Haar wurde von einer Art Heiligenschein umkränzt, wie ihn mehrere Kulturen der Milchstraße als Sinnbild der Unschuld kannten. Das weiße Beinkleid war bis weit nach oben geschlitzt. Muskulöse Oberschenkel drängten bei jedem Schritt ins Freie.
Sie ist aufregend wie eh und je! , dachte sich der Patriarch. Und sie besitzt ein unnachahmliches Geschick all ihre körperlichen Vorteile raffiniert ins Rampenlicht zu rücken.
Anelle war heran. Eine Stirnfranse fiel ihr neckisch ins Gesicht; der lumineszierend leuchtende Mund strahlte Verlangen aus. Lasziv bewegte sie ihre Hüften hin und her, während der Oberkörper scheinbar ruhig blieb. »Brauchst du etwas?«, wiederholte sie, ohne Ungeduld zu zeigen.
»Leiste mir ein wenig Gesellschaft«, forderte Gart sie schließlich auf.
»Soll ich mich ausziehen?«, fragte Anelle.
»Nein«, antwortete er, auch wenn sein Körper das Gegenteil verlangte.
Anelle ließ sich ihm zu Füßen nieder und streichelte mit ihren langen Krallen über seine Innenschenkel. »Hast du Sorgen?«, fragte sie.
»Es sind in letzter Zeit einige Dinge schiefgegangen.« Gart nahm ihr schmales Kinn zwischen seine Finger und tastete über die weiche, noch so junge Haut. »Ich spüre Unruhe, die sich über das Land legt. Irgendwelche übergeschnappten Revoluzzer werden aktiv.«
»Nimmst du sie ernst?«
»Genauso ernst wie bei ihren letzten Attacken. Es reicht, ein wenig Unruhe in ihren Reihen zu schüren, mir ein paar Leute zu erkaufen und schließlich Exempel zu statuieren. Im Grunde genommen müsste ich diesen Spinnern dankbar sein, dass sie meinen Bodentruppen und meinem Geheimdienst ein wenig Bewegung verschaffen.«
»Dann ärgerst du dich vielleicht über diesen Prospektor, der dir entkommen ist? Oder ist es gar der Verlust der Vampirschlampe, der dir zu schaffen macht?«
Klang da etwa Schadenfreude in Anelles Stimme mit? »Ulja, dieser Kretin, trägt Schuld«, sagte Gart, heftiger, als
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