Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Atlan 03 - Lepso 03 - Befreiung in Camouflage

Atlan 03 - Lepso 03 - Befreiung in Camouflage

Titel: Atlan 03 - Lepso 03 - Befreiung in Camouflage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
Vom Netzwerk:
freundlich lächelnd: »Einverstanden. Mein Arm gehört dir. Mach ihn zum Arm meiner Rache.«

 
Kapitel 20
     
    Jonstar lernte Ketelle kennen, die erste Tyarez-Frau. Sie war von beeindruckender Statur. Trotz ihres hohen Alters hatte sie sich Würde und Anstand bewahrt. Mit klaren Augen sah sie auf ihn, den weitaus Älteren, hinab.
    »Ich stürzte in den See wie du«, erzählte sie. » Etwas nahm mich auf. Es trank aus meinen Erinnerungen, liebkoste meine Gedanken. Ich hatte den Eindruck, in ein Behältnis voll überbordenden Lebens zu blicken. Dort drin ruhten Hoffnung und Liebe und Gier und Leidenschaft und hundert andere Dinge, Eigenschaften, Gefühle. Immer wieder blubberten kleine Blasen aus dem Gefäß nach oben. Einer dieser Tropfen fand mich, füllte mich aus. Er verband sich mit der Flüssigkeit des Sees, die nie und nimmer Wasser alleine sein kann, und ummantelte mich …«
    Ketelle schilderte ihr Untertauchen und das Zusammenwachsen mit dem Tyarez aus einer anderen Sicht als er – und doch trafen sie sich in ihren Beschreibungen in mancher Hinsicht. Die Augen einer Frau , so dachte sich Jonstar, sehen anders.
    Von nun an blieben sie zusammen. Gemeinsam überlebten sie viele Generationen ihres Volkes und beobachteten beunruhigt, wie sie trotz der Nüchternheit ihrer Landsleute immer weiter in die Höhen göttlicher Wesen gerückt wurden.
    »Du wirst sehen, dass sich das ändern wird«, beruhigte ihn Ketelle. »Irgendwann wird es mehr von uns geben. Der See – beziehungsweise das, was in ihm steckt – wird weitere Tyarez ausformen. Eines Tages werden wir eine eigene Bevölkerungsgruppe bilden. Möglicherweise werden Jüngere zu uns stoßen. Vielleicht suchen sich dann die Tyarez selbst ihre Symbionten. Letztendlich sind wir bloß alte Narren, denen das Verlangen nach Weiterentwicklung längst abhanden gekommen ist. Aber wenn ein Tyarez mit einem pfiffigen Forschungsgeist zusammentrifft, wird sich vieles ändern.«
    Jonstar sollte es nicht mehr erleben. Irgendwann wurde seine Tyarez-Haut welk und faserte von ihm ab. Wie Hautschuppen sanken die gelblich-transparenten Teilchen zu Boden, zerfielen dort zu Staub.
    Achthundert vom Schicksal geschenkte Jahre war er über heimatlichen Boden gewandert und hatte den Tyarez mit seinem Wissen gefüttert. Sollte er für die Verlängerung seines Lebens dankbar sein, oder sollte er fluchen? Was hatte ihm die geschenkte Zeit gebracht?
    Ketelle stützte ihn, während sie zum See hinabschlenderten. Tausende Neugierige waren zusammengekommen. Sie standen hinter der alten Absperrung Spalier, während er sich wie schon einmal zuvor nach vorne beugte und sein Spiegelbild in der Oberfläche des Gewässers betrachtete.
    »War dies alles umsonst?«, fragte Jonstar verbittert. Ein letzter, wie Papier knisternder Lappen der Tyarez-Haut schwebte sanft ins »Wasser«. »Habe ich so lange leben müssen, um nichts zu lernen?«
    »Nein«, sagte Ketelle, die um so viel weiser als er war und einen schier unerschöpflichen Einblick in das Wesen aller Dinge besaß. »Der Tyarez hat dich umhüllt, um dich und unser Volk kennenzulernen. Vielleicht war es ein gegenseitiges Abtasten?« Sie lächelte ihn an, streichelte ihm sanft über die Wangen. »Tauch hinein, umarme die Dunkelheit und gib dem See die Erfahrungen, die aus eurem gemeinsamen Leben erwachsen sind. Du bist der Samen, der Stammvater. Aus deinem Wissen wird eine neue Generation von Tyarez-Wesen heranwachsen.«
    Ketelle zog die Hand zurück, drückte ihn ein letztes Mal fest an sich. Er wandte sich wieder dem See zu. Die Fluten teilten sich, er blickte hinab in die Unendlichkeit. Jonstar ließ sich fallen, gab sich dem Vergessen anheim.
    Es war wunderschön.

 
Kapitel 21
     
    Der Plan war gefasst. Ich wusste, was zu tun war.
    Aber ich benötigte rund zwanzig Stunden und ein wenig Glück, um all meine Vorhaben in die Tat umzusetzen. Das Material, das ich brauchte, war nicht so ohne Weiteres zu beschaffen.
    Ein weiterer Arbeitstag brach an. Die Trupps wurden neu zusammengesetzt. Beunruhigt beobachtete ich, wie Ylve mit schmerzverzerrtem Gesicht ihren Bauch vor sich hertrug. Ezio und seine Wächter nahmen keinerlei Rücksicht auf ihren Zustand. Starb sie, starb auch das Kind, und niemand würde sich darum scheren.
    Immerhin teilte man sie mir zu. Mit ein wenig Glück konnte ich sie aus der heutigen Jagd heraushalten. Sie litt Schmerzen. Mochten noch so viele Nervenverbindungen gekappt und durch gesteuerte Mechanismen ersetzt worden

Weitere Kostenlose Bücher