Atlan 06 - Rudyn 03 - Acht Tage Ewigkeit
exakt nach Plan.
Auch wenn der Datenverkehr des Omniports aufgrund des aufgepfropften Netzwerks autark war und praktisch als abhörsicher galt – es war nie völlig auszuschließen, ob es nicht doch irgendwo einen heimlichen Mithörer oder Mitbeobachter gab. Gewiss, die Trägerwelle nutzte einen technisch bisher noch kaum erschlossenen Frequenzbereich und konnte selbst durch starke Störimpulse nicht überlagert werden. Alle gesendeten und empfangenen Daten passierten vier Chiffrierfilter mit im Mikrosekundenbereich wechselnden Identschlüsseln. Doch trotz des unglaublich hohen technischen Aufwands konnte man niemals völlig sicher sein. Und Ponter Nastase durfte diesen Fehler Marco Faus nicht ignorieren. Denn er bedeutete, dass Fau Fehler beging.
Er machte sich eine entsprechende Notiz.
»Die anderen zwei konnten entwaffnet und festgesetzt werden: Es handelt sich um die Kalfaktorinnen Dhium Lavare und Angela Zaqwag.«
»Schärfste Sicherheitsverwahrung«, ordnete Nastase an. »Sie werden sich in einem Prozess vor den Bürgerinnen und Bürgern der Zentralgalaktischen Union verantworten müssen.«
»Das OPRAL ist umstellt«, meldete Fau weiter. »Die Sender der TriVid-Programme sind informiert und rufen die Massen auf, sich an der Suche nach den vier Geflohenen zu beteiligen. Beziehungsweise die Eliteeinheiten von Obhut und Flotte nach Kräften zu unterstützen.«
»Gut. Die Verantwortung der Stadt Genzez liegt derzeit und bis zu meiner Rückkehr in deinen Händen. Die Fortsetzung der Amtsgeschäfte übernehmen die bisherigen Vizekalfaktoren unter permanenter Beobachtung durch einen Beamten des Kriegswesens. Verfahre nach eigenem Ermessen.«
Das war das Kodewort für den Befehl, mit dem die sich noch auf freiem Fuß befindlichen Kalfaktoren nacheinander liquidiert werden sollten. Als offensichtliche Terrorakte des ARMs, einer Organisation, die angeblich der »Verschwörerin« Neife Varidis nahestand.
Marco Fau bestätigte und schaltete ab.
Ponter Nastase lehnte sich zufrieden zurück und legte seine rechte Hand auf den ovalen Gegenstand auf seiner Brust, der von dem wertvollen Stoff seiner Amtsrobe verdeckt wurde. Ein kaum vorhandenes Pochen schickte einen unaufhörlichen Strom an Lebensenergie in seinen Körper, aber das allein war es nicht: Es erfüllte ihn ein Gewahrsein von Kraft, von Gesundheit und erweiterter Wahrnehmungsfähigkeit, die ihn alle siebenundachtzig zuvor gelebten Jahre wie eine buchstäblich sinnlose Verschwendung vorkommen ließen.
Wie herrlich erfrischend jeder einzelne Atemzug für ihn war.
Wie intensiv alle Farben in den Gewebestoffen leuchteten. Wie scharf er alle Konturen sah, wie deutlich er selbst das kleinste Staubkorn erkennen konnte, wie klar er sogar in diffusen und halbdunklen Lichtumgebungen alle Gegenstände und Muster voneinander zu trennen vermochte.
Wie wunderbar alles schmeckte, was er trank und aß; welch ein Genuss im Kauen und Schmecken an sich verborgen lag und sich ihm nun offenbarte; selbst einfaches Wasser erfüllte seinen Gaumen mit einem Geschmackspektrum, von dem er bisher nicht einmal geahnt hatte, dass es überhaupt existierte.
Wenn er seine Hände über etwas gleiten ließ – die Karaffe vor ihm oder die glänzende Oberfläche seines Schreibtisches oder die geriffelte Außenhaut der Margellisfrucht, die er sich hatte bringen lassen – wenn er die Hand danach ausstreckte, dann ertastete er mehr als nur den Gegenstand an sich: Feinste Nuancen teilten sich ihm mit, er begriff plötzlich das Spiel von Material und Temperatur, von Feuchtigkeit und Biegsamkeit, von Härte und Weichheit auf bisher nie gekannte Weise.
Die mit so viel technischem Aufwand gereinigte, aufbereitete, von Pollen und Erregern befreite, von Keimen jeglicher Art gesäuberte und nach bestem Wissen und Gewissen der Atmosphärentechniker wieder atembar gemachte Luft des Sphärenrades enthielt dennoch überall Spuren, die ihn neugierig schnuppern oder die Nase rümpfen ließen.
Zum Beispiel war ganz ohne Zweifel schon vor über einer Stunde Tratjena Murga über den Flur vor seinen Räumlichkeiten gegangen, eine junge, dunkelrothaarige, laszive Offizierin des Wissenschaftlichen Überwachungskorps, deren Duft er mit Leichtigkeit identifizierte und immer noch in der Luft wahrnahm; und es war nicht das Parfüm, das er auch jetzt noch ahnte, sondern ein tieferer, innigerer, animalischerer Geruch, den er förmlich auf den Lippen zu schmecken meinte und der in ihm die Frage aufwarf, welche
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