Atlan 06 - Rudyn 03 - Acht Tage Ewigkeit
ein. Mittels eines von Marco Fau autorisierten Überrangkodes erhielt er Zugriff auf alle Personaldaten der ZUIM. Dazu schaltete er einen Suchalgorithmus: Stichtag 15. September, besondere Vorkommnisse, Anweisungen an Mitarbeiter, Schriftverkehr. Er hörte einen Moment in sich hinein und hängte den Vermerk mit den privaten Nachrichten an.
Die Bestätigung kam Sekunden später.
Eine Finanztransaktion auf Kawolskis Konto. Eine gewisse Pattevkaja Ochomsova hatte ihm 400 Solar gutschreiben lassen. Als Verwendungszweck hatte sie Teigröllchen für Familienfeier und herzlichen Glückwunsch angegeben.
Ein weiter Suchlauf: Ochomsova, Pattevkaja. Das Ergebnis war eindeutig: Es gab nur eine Frau dieses Namens, und sie war Pilotin eines Müllfrachter mit der Kennung RGC-06. Derzeitiger Standort: Rudyn, Genzez, Edbarsk. Die Pilotin hatte Urlaub. Letzter Dockingvorgang an der ZUIM: am 15. September.
»Man sieht es Ihnen an, Sie essen gern«, sagte Derius leichthin. »Mögen Sie Teigröllchen?«
Der Lademeister erlitt einen Hustenanfall. Offenbar hatte er sich an dem abgebissenen Happen verschluckt. Seine Gesichtsfarbe näherte sich einem beängstigenden Puterrot.
Zwei Minuten später hatte er alles ausgespuckt: Pattys Rammmanöver, den Ausfall der SubController und damit der Vitalscanner, Mittys Meldung darüber und den Namen des Technikers, der den Austausch vorgenommen hatte.
Alles in allem waren die Vitalscanner in Schubsektor 3-A für einen Zeitraum von cirka neun Minuten inaktiv gewesen. Und demzufolge hatten sie kein Eindringen in den Segmentcontainer bemerken können. Um Unannehmlichkeiten zu vermeiden, hatten alle Beteiligten den Vorfall unbürokratisch gelöst.
Kikomo Akubari war wie vor den Kopf geschlagen. »Das bedeutet, jemand hätte in der fraglichen Zeitspanne unbemerkt die ZUIM verlassen können?«
»Jemand hat, Mr. Akubari«, sagte Derius nachdrücklich. »Jemand konnte es, weil ein gewisser Fjodir Ganow sich an der Union zu bereichern versuchte, indem er untaugliche SubController für die ZUIM lieferte. Und, weil gewisse Besatzungsmitglieder der ZUIM meinen, ihre Angelegenheiten unorthodox regeln zu müssen. Nicht wahr, Mr. Balibari?«
Er drehte sich um und ließ den dicken Lademeister einfach stehen.
»Wollen Sie ihn nicht verhaften?«, fragte der Asiat, als sie den schmalen Gang zurück gingen.
»Die Jungs werden so eine Nummer nie wieder drehen, da bin ich sicher. Außerdem haben wir Wichtigeres zu tun.« Damit bogen die beiden Grauuniformierten in den großen Rundkorridor ein.
Hinter ihnen wischte sich Fresko Balibari den Schweiß von der Stirn. Und die Hände an der Hüfte ab. Aller Appetit war ihm vorerst vergangen.
Ermid Güc; Gegenwart
Der fußballgroße Kommunikationsrobot breitete sein Isokomfeld über dem fülligen Mann im Pneumokontursessel aus. Die Arbeitsgeräusche der Zentrale der KONTER wurden erst zu einem Wispern und verschwanden ganz, als die Leitung zum Sphärenrad stand. Die eilige Konferenz war vor wenigen Minuten von der ZUIM aus anberaumt worden.
Vor Gücs Augen entstand das Arbeitszimmer des derzeit mächtigsten Politikers der Union. Hologramme wurden dazugeblendet. Ponter Nastase saß auf seinem Thron und hörte konzentriert dem Bericht eines Mannes zu, den Güc noch nie zuvor gesehen hatte. Marco Faus Hologramm aus dem OPRAL baute sich neben dem Schreibtisch unmittelbar neben Kikomo Akubari auf.
»Was?« Nastases Ausruf ließ den Mann mit dem nichtssagenden Gesicht verstummen. »Die Varidis lebt?«
»Höchstwahrscheinlich. Nach allem, was wir wissen, sind sie über dem Holoi-Gebirge abgesprungen«, ergänzte der Adjutant des Generalkalfaktors.
»So. Dem Holoi, ja?« Nastase erhob sich. Die sonst um seinen Kopf wirbelnden Bestandteile des Omniports waren desaktiviert. Er heftete seinen Blick auf den Unscheinbaren in der grauen Uniform. Güc bat die Positronik des Kommunikationsrobots um eine Identifizierung.
Derius Manitzke, las er. Das also war Faus neuer Spürhund. Er hatte Bemerkenswertes über ihn gehört. Nichts gegen seinen eigenen V-Mann in Nastases Reihen, die rassige Tratjena Murga; sie war durchtrieben wie eine Kantori-Katze und besaß beinahe deren Instinkte; aber er hätte etwas für einen richtigen Ermittler gegeben, wie Manitzke einer war. Widerwillig gratulierte er im Stillen dem eitlen Fau zu seiner glücklichen Hand in der Personalauswahl.
»Richtig«, antwortete Manitzke. »Eine Nachfrage bei der Leskyt-Leitstelle ergab folgendes
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