Atlan 11 - Monolith 01 - Planet der Silberherren
hasserfüllte Ausstrahlung nicht zuletzt von der unerklärlich lebendig wirkenden Farbe ausging, die man auf sie aufgetragen hatte. Die Schattierungen und Nuancen veränderten sich ständig, flossen ineinander, verzerrten die einst glatte Oberfläche der Matrizen zum Inbegriff des Zorns.
Dann sprachen sie zu mir. Ich vernahm ihre Stimmen in meinem Kopf und wusste, wer sie waren: Pett-A-Pank, der Groß- und Lehrmeister der Hmenuikigli, und Lerr-A-Duc, dessen Meisterschüler, und ihre Gedanken waren die meinen.
»Dein Geist ist völlig leer«, sagte der Großmeister.
»Mein Geist ist völlig leer«, kam es über meine Lippen, ohne dass ich etwas dazugetan hatte, und ich erkannte, dass der Hmenuikigli recht hatte. Ich wusste nicht, wer ich war, ich wusste nicht, wie ich hierher gelangt war, ich wusste nicht, was das alles zu bedeuten hatte.
Ich ahnte nur, dass ich es nicht überleben würde.
»Konzentration«, fuhr Lehrmeister Pett fort. »Du musst dich auf den Aggressor konzentrieren, Lerr-A-Duc, jeden anderen Gedanken verbannen, nur daran denken, was aus deiner Energie, aus deinem Geist entstehen wird …«
»Ich versuche es«, gab ich leise zurück. Ich war ein hübscher Hmenuikigli, ein ansehnliches, in der geringen Schwerkraft meiner Welt hoch aufgeschossenes Exemplar meiner Spezies mit klar konturierten Gesichtszügen, doch im Augenblick merkte man mir die Anstrengung deutlich an. Schleimschweiß perlte auf meiner Haut, floss über die Sinnesknospen, brannte in ihnen und verschmierte sie gleichzeitig, rundete die Konturen der Tentakel und der Schwebeblase ab, wie ein feuchter, salziger Schleier oder wie Luft, die in der Hitze des Mittags vom Boden hochstieg und flimmernd die Sicht auf die Felsnadeln verzerrte.
»Noch nicht, Lerr-A-Duc«, hörte ich wie aus weiter Ferne den Lehrmeister. »Du musst ihn ertasten, sein Innerstes erkunden, herausfinden, was ihm am wichtigsten ist, von seinem armseligen Leben einmal abgesehen, und es dann formen. Wir haben uns für die Masken entschieden und eine gute Wahl getroffen. Spüre deine Kraft, Lerr. Du musst das Hier und Jetzt vergessen. Dein Geist kämpft gegen das Formen an; er will sich Wunschvorstellungen hingeben, ziellos umherhuschen, wie ein Quibbuck in seinem Käfig. Er will träumen. Du musst ihn beherrschen, Lerr-A-Duc, willst du den Imprint verankern.«
»Ja«, erwiderte ich, der Meisterschüler, und fuhr die Sinnesknospen zu. Vor meinem inneren Auge brannte das Bild eines Boddhi-Baumes, dick und massiv der Stamm, feingefächert die Äste, im Wind rauschend die Blätter, nicht braun und grün wie in Wirklichkeit, sondern rotviolett, aber völlig real.
Nur langsam verblich das Bild.
»Ich denke nicht, Lehrmeister«, sagte ich. »Ich fühle nur den fremden Geist und meine Stärke. Sie ist bereit und will raus.«
»Deine Gedanken sind listig, Lerr. Sie geben vor, verschwunden zu sein, lauern aber tief in dir, warten nur darauf, einen günstigen Moment zum Ausbruch nutzen zu können. Spürst du deinen Körper, Lerr-A-Duc?«
»Nein.«
»Die Tentakel? Die Blase? Fühlst du, wie die Sinnesknospen in den Spitzen sich berühren?«
»Nein.«
»Oder das Helium in deinen Blase?«
Ich zögerte. Dort kitzelte etwas mein Fleisch, floss sanft und weich hinüber, nur um sich im nächsten Augenblick schon wieder aufzulösen.
»Nein«, wiederholte ich.
»Du hast es gespürt«, gab der Lehrmeister zurück, ruhig, sachlich, ohne jeden Vorwurf in den Gedanken.
»Aber jetzt nicht mehr.«
»Deine Tentakel … wo sind sie?«
Ich empfand Verwunderung. »Hier«, sagte ich.
»Sie entspringen deinem Blasenkörper?«
»Ja.«
»Und deine Sinnesknospen?«
»Vorn. In den Spitzen der Greifschläuche.«
»Sie berühren sich.«
Ich empfand nichts davon.
»Du steckst in einer fremden Haut. Der Haut des anderen. Dein Körper wird von ihr umschlossen. Fühlst du den Schmerz der Berührung?«
»Nein.«
»Gut.« Diesmal klang der Lehrmeister zufrieden. »Vor drei Mondphasen hättest du ihn noch gespürt.«
»Nicht mehr. Da ist nur noch …«
»Ja?«
»Der unbändige Hass in mir. Der Hass der Maske. Er will hinaus.«
»Noch nicht. Du musst lernen, den Drang zu bezähmen. Beweisen, dass du deine Kraft beherrschen und benutzen kannst. Du musst den Aggressor ausloten. Sein Innerstes muss dein Innerstes werden. Benutzen ist nicht gleich beherrschen. Du musst wissen, warum dem so ist. Erklären kann ich es dir nicht. Nur, wenn du sein Innerstes zerbrichst und dann für dich
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