Atlan 11 - Monolith 01 - Planet der Silberherren
gehörte. Doch die Sichtscheiben unserer Helme prallten voneinander ab. Wir lachten, und es lag ein gewisser Schmerz darin, aber auch Freude, denn wir fanden zueinander, endlich zueinander, und tatsächliche körperliche Berührungen waren viel weniger wichtig als die geistige Einheit.
Aber dann fiel mir wieder ein, was sie getan hatte. Ich verweilte eine Ewigkeit lang bei dieser Erinnerung und musste den Gedanken schließlich mit Gewalt unterdrücken. Ich wusste, sie hatte nur getan, was nötig gewesen war. Ihre wirkliche Aufgabe lag woanders, und auch ihr Herz. Ich wollte ihre Liebe, aber ich konnte sie nicht erzwingen.
Genau, wie sie es gesagt hatte.
Vor einer Ewigkeit.
Safira spürte meine Verzweiflung. »Ich möchte dir danken«, sagte sie, und trotz der Verzerrungen durch die primitive Ausrüstung klang ihre Stimme in meinen Kopfhörern süß wie das Säuseln von Engeln. »Dafür, dass du zu mir zurückgekommen bist, mich nicht aufgegeben hast. Dass du mich noch immer liebst, auch wenn ich nichts für dich empfinde.«
»Danke mir nicht«, protestierte ich. »Ich versuche nur, am Leben zu bleiben.«
Sie sah mich erstaunt an, und dann verschwand sie, löste sich auf, als habe sie nie existiert. Auch die karge, felsige Landschaft war nicht mehr vorhanden, und mir wurde klar, dass ich überhaupt nicht in der EX-2714 war, sondern in dieser Kuppelstadt, die ich in seinem Traum gesehen hatte, und dass ich tatsächlich einen Raumanzug trug, der mir viel zu groß war.
Offensichtlich besaßen diejenigen, die mir diesen Anzug angelegt hatten, nur unzureichende Kenntnisse vom menschlichen Körperbau.
Sie hatten mich in den höchsten der filigranen Türme geschafft, die also doch nicht einem Traum, sondern der Wirklichkeit entstammten, und über mir befand sich nur noch der blutrote Himmel einer Welt, die wesentlich kleiner als die Erde sein musste, denn ich kam mir leicht vor, ganz leicht.
Und dann sah ich zum ersten Mal diejenigen, die mich aus der EX-2714 in dieses Turmverlies gebracht hatten.
Aber ich sah sie nicht nur, ich war ihnen viel näher. Sie waren in meinen Gedanken, und ich in den ihren.
Zuerst war ich allein im Turmverlies. Es war groß, erinnerte mich an eine ovale Arena, die Hunderten von Arkoniden Platz geboten hätte. Ich lag auf einem Tisch, der auf einem erhöhten Podest in der Mitte stand, umgeben von ansteigenden Zuschauerrängen. Aber es handelte sich nicht um Bankreihen, sondern um einzelne Sitze, die sich konzentrisch um mich hoben … und in der Luft schwebten.
Sie waren breit, hätten bestimmt jeweils drei, vier Arkoniden Platz geboten. Über ihnen waren seltsame Gestelle in die Decke eingelassen, Ketten mit Dutzenden, wenn nicht sogar Hunderten von Gliedern. Soweit ich es erkennen konnte, waren sie alle mit einer schleimigen Schicht überzogen. Wozu diese Joche dienen sollten, konnte ich nicht einmal vermuten.
An einer Wand hingen mehrere seltsam geformte, gummiähnliche Masken, besser gesagt Matrizen, die umgekehrte Gesichtsabdrücke zu bilden schienen. Verwundert stellte ich fest, dass alle Matrizen – zumindest, soweit ich es aus dieser Entfernung erkennen konnte – ein und dasselbe Gesicht darstellen. Es war seltsam ausdruckslos, die Travestie eines arkonidischen Antlitzes mit zwei Ohren, zwei Augen, Nase und Mund.
Je länger ich die Masken betrachtete, desto beunruhigender wurde ihr Anblick. Nach einer Weile war ich davon überzeugt, dass sie alle sein Gesicht darstellen sollten.
Das Gesicht eines Menschen, wie Außerirdische es sehen mochten. Die Masken waren so geschaffen, dass sie nicht die persönlichen Merkmale einer bestimmten Person nachbildeten, sondern speziesspezifische. Ohren, Augen, Nase, Mund geschwind, und fertig war das Menschenkind.
Ich warf einen Blick auf den Druckanzeiger meines Schutzanzugs. Zu meiner Überraschung zeigte er fast irdische Verhältnisse an, und auf dem Analysegerät blinkte das Wort UNGEFÄHRLICH auf Gab es in diesem riesigen Saal etwa Luft? Dort draußen, in dieser scharf umrissenen Felswüstenlandschaft, hatte ich keineswegs diesen Eindruck gehabt.
Dann hörte ich das Geräusch. Ich wusste nicht, was es verursacht hatte, empfand es jedoch sofort als Bedrohung. Das Schmatzen von Schleim auf Leim, das Blubbern eines zähflüssigen Gebräus, das Blasen warf, das langsame Tropfen von Eiter aus einer entzündeten Wunde.
Ich wollte mich nach der Quelle dieser Töne umsehen, doch ich konnte mich nicht rühren, war gefesselt oder auf
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