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Atlan 13 - Monolith 03 - Echo der Verlorenen

Atlan 13 - Monolith 03 - Echo der Verlorenen

Titel: Atlan 13 - Monolith 03 - Echo der Verlorenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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Stimme war plötzlich so laut geworden wie ein Triebwerk, das auf höchsten Touren lief. Vor Santjuns Augen drehten sich graue Schleier. Er brachte mit großer Mühe einen einzigen Satz hervor.
    »Ich bin zufällig in eine Auseinandersetzung geraten, deren Gründe ich nicht kenne.«
    Er wusste, was ihn in der nächsten Stunde erwartete.
    Und er behielt Recht. Ein Verhör begann, das er günstigstenfalls lebend überstehen konnte. Schmerz, Fragen, Antworten. Er fing an, abgehackt und verworren, eine abenteuerliche Geschichte von den Weltraumnomaden Padpool und Shinyan zu erzählen. Er war verwirrt, aber jenseits der Verwirrung gelang es ihm stotternd, noch mehr Verwirrung zu erzeugen. Er verlor jedes Zeitgefühl. Die Schmerzen wirbelten seinen Verstand durcheinander, aber ab und zu verstand er, was der Kommandant brüllte.
    »Die so genannten Unsterblichen werden sich bald einem neuen Gegner stellen müssen.«
    Neue Schmerzen, neues Gebrüll, abermals balancierte Santjuns Bewusstsein wie auf des Messers Schneide. Seine Antworten waren so unscharf, dass er sie selbst sofort vergaß. Er sah über sich nur das Gesicht und die Augen Mariks. Stechend blau, halb geschlossen, lauernd. Aus ihnen sprach unverhüllter Jähzorn und kalte Berechnung und die Lust an der Macht, die er Santjun gegenüber ausübte.
    »Sie werden nicht nur die Galaxis verlieren. Ihnen wird das Herrschaftsgebiet genommen werden.«
    Auf rätselhafte Weise begriff Santjun, dass die Silberherren überaus stark an der vernichtenden Wirkung der Monolithen interessiert waren. Sein Verstand arbeitete also doch noch zuverlässig, trotz der Schocks, der gezielten Fragen und der flutenden Schmerzen.
    Der Kommandant fügte in gehässigem Tonfall hinzu: »Auch die Unsterblichkeit wird nicht mehr ihr Privileg sein.«
    Santjun, der weiterhin seine Geschichte erzählte – mit langen Pausen, undeutlich, mit Abschweifungen, Namens- und Begriffsirrtümern, zwischen Schreien und Stöhnen –, dachte nicht ein einziges Mal an die medizinische Versorgung seines Körpers. Er hoffte nur, immer wieder einen winzigen Aufschub zu erkämpfen und den Kommandanten nicht so sehr zu reizen, dass er ihn umbrachte. Bisher hatte sich Onjar Marik damit begnügt, seine absolute Überlegenheit zu demonstrieren. Ohne dass es Santjun gemerkt hatte, war Thalia Lacroix eingetreten. Plötzlich hörte er ihre schrille Stimme.
    »Sie bringen ihn tatsächlich um, Kommandant. Sehen Sie nicht, dass seine Vitalwerte fast bei Null sind?«
    »Er ist anscheinend unsterblich. Er hält durch. Ich muss alles wissen.«
    Zwischen den langen Schmerzphasen trat eine Pause ein. Sie dehnte sich überraschenderweise lange aus. Santjun erholte sich von dem Zustand, den er als Nahtod definierte. In der Zeit zwischen dem Aufwachen aus dem Koma und dem Beginn der Tortur hatte er über seine Selbstachtung und seine Würde nachgedacht; er wusste ja genau, was ihn erwartete. Ob er während dieses würdelosen Verhörs seine Selbstachtung verloren hatte, konnte er nicht sagen. Risiko-Agent Santjun? Inzwischen eine fragwürdige Existenz. Irgendwann würde es vorbei sein. So oder so.
    »Hören Sie auf! Er stirbt!«, schrie die Ärztin.
    Sie sprach plötzlich mit dumpfer Stimme, wie durch einige Meter Wasser. Santjun spürte, wie sein Leben auf einer schiefen Ebene dem Abgrund entgegenrutschte, immer schneller, ohne jeden Halt, so schnell, dass er den Fahrtwind des Schicksals spürte.
    Aus dem Gelb der Schmerzen wurde mittleres Grau eines Zustandes der Abgestumpftheit und dann die tiefe Schwärze des bevorstehenden Todes.
    Die Kante der schiefen Ebene raste heran. Santjun rutschte über die Linie, fühlte absolute Schwerelosigkeit und …
    … etwas hielt ihn auf.
    Eine Kraft schien ihn von außen zu packen. Er hatte die Zone seines Leidens verlassen. Die Ärztin und Marik waren nicht mehr existent. Sein Körper fühlte sich so wohl wie seit einer Ewigkeit nicht mehr. Flüchtig sprang ihn ein Gedanke an: Er würde unwiderruflich, nur wenn sein Leben lang genug andauerte, an einem posttraumatischen Belastungskomplex leiden.
    Die fremde Kraft bewirkte, dass Santjun glaubte, zu sterben und neu geboren zu werden. Er dachte in seinem maroden Zustand nicht daran, nach einer Erklärung zu suchen. In der Zone, in der er sich zu befinden glaubte, wurde sein physischer Körper wiederhergestellt. In unregelmäßigen Abständen blitzte im Chaos von Gedanken, Empfindungen und der Euphorie des nachlassenden Schmerzes das Abbild eines

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