Atlan 13 - Monolith 03 - Echo der Verlorenen
die Geheimnisse der Silberherren ein. Mariks Karriere war steil nach oben verlaufen, seit er jene Kinder abgeschirmt hatte, deren Eltern aus der Kolonie auf Thanaton stammten. Gleichzeitig hatte er eine Gruppe ebenso loyaler Wissenschaftler aufgebaut, zu denen auch Thalia zählte.
Nach dem pseudoehelichen Desaster hatte Malcher seinen treuesten Leibgardisten aus seiner unmittelbaren Nähe entfernt und machte ihn zum Kommandanten des größten Raumschiffes, das die Bruderschaft besaß, also der TRAUM DER EWIGKEIT. Um Marik zu kontrollieren, hatte Malcher die Ärztin Thalia Lacroix in dessen Mannschaft versetzt.
Damit war für Thalia der Alptraum in die zweite Runde gegangen.
Santjun mochte das Werkzeug der Vorsehung sein, dachte sie manchmal. Fort von Marik, weg aus seinem Bannkreis. Mit Santjun oder einem anderen, dessen Möglichkeiten groß genug waren. Sie sah keine Chance, unerkannt die TRAUM verlassen zu können und weiterhin unbelästigt zu bleiben.
Auch Santjun konnte ihr dabei nicht helfen. Nicht, solange sie beide Gefangene der Umstände waren.
Vielleicht bot sich auf irgendeinem Planeten eine Möglichkeit zur Flucht. Wenn Santjun ihr dabei half, würde sie ihn mit den Wonnen körperlicher Vereinigungen belohnen. Aber auch dabei, selbst unter der Wirkung libidinös aufmunternder Medikamente, würde sie dasselbe Maß an Gleichmütigkeit und Langeweile spüren wie nach Ende des ersten halben Jahres in Onjar Mariks Bett.
In manchen schweren Nächten, in Stunden der Schlaflosigkeit, verfluchte sie ihre Eltern und wünschte sich, ungeboren geblieben zu sein. Es gab keine Wunder; die inneren, unsichtbaren Fesseln waren und blieben unzerreißbar. Aber sie war eine hervorragende Ärztin.
Die IMASO
Im hohen Orbit von Lumbagoo
Die Dramatik hatte noch nicht ihre höchste Stufe erreicht. Im Schiff herrschte halbe Alarmbereitschaft. Die Stille in sämtlichen Wohnräumen, Hangars und Kampfstationen, und selbst am Halbraumspürer war bedrohlich. Major Naileth Simmers, die auf Gäa im System von DeKamps Stern geborene Kommandantin des Staaten-Kreuzers IMASO, hoffte, ihre Panik noch längere Zeit beherrschen zu können. Die aus Terranern, Ertrusern und Epsalern zusammengesetzte Mannschaft des Leichten Einhundert-Meter-Spähkreuzers wartete im Stillen Alarm-Status an ihren Posten.
Lordadmiral Atlan, der Chef, lag im Koma, in der Flüssigkeit eines Überlebenstanks der Medostation und war absolut handlungsunfähig. Äußerlich zeigte sich der Alterungseffekt nur in einigen scharfen Falten seines Gesichts und in einer auffallenden Rötung seiner Augen. Die Vorgänge hatten sich innerhalb kurzer Zeit abgespielt. Es war für Major Naileth Simmers das erste Mal, dass sie den Chef der USO in einem derartig hilflosen Zustand erlebt hatte. Zustand? Es war mehr ein Un-Zustand. Er schien dem Tode näher als dem vorletzten Tag seines angeblich endlosen Lebens. Als sie vor wenigen Minuten auf dem Zentralschirm das Holo betrachtet hatte, das Atlans Bild aus der Medostation zeigte, war sie zu Tode erschrocken. Selbst nach den Vorgängen auf Ranjokhan und dem Verlust seiner Erinnerungen war ihr der Lordadmiral nicht hab so hilflos und krank erschienen.
Nachweislich arbeitete sein Zellschwingungsaktivator mit höchster Leistung, aber er kämpfte ziemlich erfolglos gegen sich anhäufende toxische Abbauprodukte und den fortschreitenden Zelltod an. Der Zustand des Lordadmirals erschreckte jeden; noch erschütternder war, dass niemand die Gründe dieser Entwicklung auch nur entfernt ahnte.
Naileth hätte den Chef liebend gern um Rat gefragt und jedem seiner Befehle gehorcht, aber seit die IMASO am 16. April 3112 das Zartiryt-System kurz vor 16.00 Uhr mit Alarmwerten verlassen hatte, war jeder Versuch, ihn anzusprechen, sinnlos geworden. Atlan schien in seinem Überlebenstank im komatösen Tiefschlaf zu liegen.
»Ortung!«, sagte Naileth laut. »Haben wir neue Ortungsergebnisse?«
»Negativ, Kommandantin!«, rief Torben Santorin, der schwarzhäutige Cheforter, mit seinem ruhigen Bass. »Wir suchen und werden bald viele neue Blimps in unseren Ortungsholos haben, Major.«
Das Bild auf dem Zentralschirm wechselte. Bevor sie im Alarmstart aus dem Zartiryt-System hinausgeflogen waren, hatte die Ortungszentrale mit ihren hochmodernen Systemen eine größere Schiffseinheit geortet, einen Zweihundert-Meter-Kreuzer, der aller Wahrscheinlichkeit nach die Space-Jet IM-SJ-1 gekapert hatte, mit Santjun an Bord.
Santjun! Der
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