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Atlan TH 0002 – Schergen der SOL

Atlan TH 0002 – Schergen der SOL

Titel: Atlan TH 0002 – Schergen der SOL Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Griese & Peter Terrid
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hinter dem Buhrlo zu, und er war allein mit sich und seinen Gedanken. Die Aussicht, in diesem Augenblick vom Tod überrascht zu werden, machte ihm Angst. Er hatte sich ein ganz bestimmtes Ziel gesetzt, sich sein Sterben immer wieder ausgemalt. Wenn es das Schicksal zuließ, wollte er so abtreten, wie er es sich gewünscht hatte.
    Seltsam, dass ausgerechnet jetzt, nach einem Leben ohne besondere Aufregungen und Abenteuer, Ereignisse auf ihn einstürmten, die er sich vor wenigen Wochen nicht einmal in seinen kühnsten Träumen hätte ausmalen können.
    Kav Wergen legte ein Ohr an die Tür. Draußen war nicht das geringste Geräusch zu hören. Damit war zu rechnen gewesen. Die Kamera war nicht in Aktion, sie wurde vermutlich nur zu bestimmten Zeiten eingeschaltet. Erst dann würde man den Defekt bemerken und jemanden herschicken, der den vermeintlichen Defekt überprüfte. Das bedeutete, dass er und Jon Tengor womöglich viele Stunden in ihren Verstecken würden zubringen müssen.
    Kav Wergens Befürchtungen sollten sich bestätigen. Die Zeit tropfte zäh wie Sirup vor sich hin, und Minute reihte sich an Minute.
     
    Er schrak zusammen und erwachte. Eingeschlafen, dachte Wergen. Wie peinlich. Fast schämte er sich, hinauszugehen und nachzusehen, was Tengor trieb.
    Der Buhrlo lauschte. Nichts. Draußen war es ruhig.
    Vorsichtig öffnete Kav Wergen die Tür. Der Gang war verlassen.
    Wie viele Stunden mochten vergangen sein? Wergen wusste es nicht. Es war noch hell im Gang – entweder war es noch nicht Dämmerzeit, oder er hatte wesentlich länger geschlafen, als er annahm.
    Hastig suchte Kav Wergen die versteckte Kamera auf. Ein Blick genügte, um ihm zu zeigen, dass sich nichts geändert hatte. Wo steckte Tengor? War er einfach davongegangen und hatte den Buhrlo zurückgelassen, schlafend, gedemütigt? Der Buhrlo konnte sich das nicht vorstellen.
    Er ging ein paar Schritte weiter. Früher einmal mochte hier Farbe die Wände bedeckt haben; jetzt gab es überall Rostflecken – ein Anblick, der jeden Solaner erschrecken musste.
    Es war selbstverständlich kein richtiger Rost; die SOL bestand nicht aus normalen Legierungen. Ihre Außenhülle und die meisten der Inneneinrichtungen waren aus hochwertigen Materialien gefertigt worden, die banalem Rost Jahrtausende widerstanden, aber die lange Zeit der Vernachlässigung hatte dennoch zu Schäden geführt. Es gab keine Materie, die für ewig und alle Zeiten gegen jeden nur denkbaren Umwelteinfluss resistent war.
    Niemand – zumindest niemand, den der Buhrlo kannte – wusste, was die Flecken an der Wand waren. In jedem Fall dokumentierten sie die Geschichte der SOL – früheren Glanz ebenso wie aktuellen Zerfall und den unaufhaltsamen Niedergang eines ehemals legendären Raumschiffs.
    Es gab Buhrlos, die diesen Zerfall als Omen, als Wink des Schicksals deuteten, als notwendigen Schritt auf dem Pfad der Evolution. In dem Maß, in dem sich das Schiff auflöste, zerfiel und verging, lebensfeindlich wurde, im selben Maß musste auch der neue Typus Mensch, der weltraumgeborene Buhrlo, das Althergebrachte ablösen.
    Gedanken dieser Art beschlichen den Buhrlo in letzter Zeit häufiger. Er hastete eilig weiter, bevor ihn der allenthalben sichtbare Verfall an den eigenen Tod denken ließ.
    Plötzlich vermeinte er Stimmen zu hören. Zwei männliche Stimmen. Wergen zögerte einen Augenblick, schlich dann weiter, bog um eine Ecke und spähte voraus. In einem hell erleuchteten Nebenraum standen gut sichtbar zwei Männer und redeten. Kav Wergen glaubte seinen Augen nicht trauen zu können, als er sah, dass der eine der beiden Männer, schlank und hochgewachsen, stehen blieb, während der andere, gekleidet in die Tracht eines Ahlnaten und damit seinem Gesprächspartner an Rang und Würde nicht nur ebenbürtig, sondern überlegen, niederkniete, den Kopf neigte, die Rechte des Stehenden ergriff und sie sich auf den Kopf legte.
    »Verzeih mir«, hörte der Buhrlo den Ahlnaten sagen.
    Es war ein unglaublicher, unerhörter Anblick. Kav Wergen schüttelte den Kopf, als wolle er das Traumbild vertreiben, weil das, was er sah, so nicht sein konnte. Ein Ahlnate kniete nicht vor einem Pyrriden, noch weniger vor einem so jungen wie Jon Tengor – und ein Pyrride, selbst wenn er jung, überheblich, auf jeden Fall aber selbstbewusst wie Jon Tengor war, blieb nicht stehen und nahm die Geste des Ahlnaten widerspruchslos an.
    »Warum hast du mir nachspioniert?«, fragte Jon Tengor. Es war erstaunlich, mit

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