Atlan TH 0003 – Der Katzer
kommt mir vertraut vor.
War es die Hoffnung, endlich ohne Sorgen leben zu können, die das Mädchen so fühlen ließ?
»Alles wird gut werden«, flüsterte sie ihrer Schwester zu. Dann trat sie kurz entschlossen vor.
»Sylva!«, schrie ihre Mutter entsetzt. »Nein!«
Die Troiliten hielten an. Homer Gerigk riss seine Waffe hoch, schoss aber nicht. Überraschung zeichnete sich in seinen Zügen ab, als das Mädchen auf ihn zuhastete. Marra taumelte hinter ihrer Tochter her. Sämtliche Farbe war aus ihrem Gesicht gewichen. Ihre Augen waren ausdruckslos wie die einer Toten.
»Nein!«, kreischte sie abermals und mit sich überschlagender Stimme. »Homer, tu ihr nichts!«
Der Magnide starrte sie verständnislos an. Hoch erhobenen Hauptes stand er da, während seine Begleiter sich rasch über den Korridor verteilten. Irgendwie machte Gerigk einen gehetzten Eindruck. Er war anders, als Marra ihn in Erinnerung hatte.
Die beiden Roboter fielen ihr ein und die Pyrriden, die kaum fünfzig Meter entfernt Wache hielten. Endlich zeigte der Bruder der ersten Wertigkeit Erkennen. Gleichzeitig aber sprach Zorn aus seinen Augen.
Warum tötet er dich nicht? , schoss es Marra durch den Sinn. Warum quält er dich?
Ohne es wirklich zu wollen, machte sie einen Schritt auf Homer zu. Er musste wissen, dass die Kinder ...
Ein greller Blitz zuckte heran. Marra spürte einen dumpfen Schlag gegen ihren Brustkorb. Gleichzeitig durchflutete wohltuende Wärme ihren Körper. Alles schien plötzlich in ein rotes Leuchten getaucht zu werden.
»Homer ...«
Der Magnide starrte sie noch immer an. Marra sah, dass er den Mund öffnete, um etwas zu sagen. Aber kein Laut drang über seine Lippen. Überhaupt herrschte auf einmal eine fast vollkommene Stille. Das Rauschen des Blutes in ihren Schläfen war das einzige Geräusch, das die Frau vernahm. Und irgendwo – wie in weiter Ferne – erklang ein wundervolles Singen.
Marra spürte nicht, dass sie stürzte. Ganz nahe sah sie Homers Gesicht über sich. Es fiel ihr schwer zu sprechen. Sie versuchte, ihrer Stimme trotzdem einen bedeutungsvollen Klang zu geben.
»Germa ... und Sylva ... sind deine ...«
Ein letztes Zucken durchlief Marras Körper. Ihre Augen weiteten sich, als blickte sie in unendliche Weiten. Dort waren die Sterne, nach denen sie sich ihr Leben lang gesehnt hatte. Sie fühlte nicht mehr, dass Sylvas Hände ihr zärtlich über das Gesicht strichen. Das Mädchen weinte.
Alles ging so schnell, dass Mark Hartem und seine Begleiter keine Zeit fanden, überlegt zu handeln.
»Homer Gerigk!«, rief der Pyrride überrascht aus und riss seine Waffe hoch. Die beiden Roboter setzten sich in Bewegung, aber ein Befehl stoppte sie.
»R-1, Feuer frei!«, bellte der Bruder der vierten Wertigkeit. Er hatte bemerkt, dass der Magnide nicht allein war, und schloss daraus auf eine mögliche Gefahr. Im gleichen Moment wirbelte Horm Brast seine Peitsche durch die Luft. Die Schnüre trafen den Pyrriden im Gesicht, der mit einem erstickten Röcheln zu Boden stürzte.
Mark Hartem und Mira Willem hatten ihrerseits das Feuer auf die Roboter eröffnet. Dabei war ihr Glück, dass die Maschinen ihnen den Rücken zuwandten. Die Frau zielte auf den Schädel und nahm den Finger erst vom Auslöser ihrer Waffe, als der Terkonitstahl sich zu verfärben begann. Der Roboter ruckte herum. Seine Bewegungen wurden eckig und ungelenk – ein Zeichen, dass die Positronik beschädigt war. Aus der Sprechmembran kam ein lautes Krächzen. Die Waffenarme zuckten hoch, schienen nach Mira greifen zu wollen. Wieder feuerte sie. Das alles schien eine kleine Ewigkeit zu dauern, und doch waren es nur Sekunden. Im Innern des Roboters erfolgte eine Detonation. Er machte einen letzten Schritt und blieb dann stehen. Das Flackern seiner Sehzellen erlosch.
Mark Hartem hatte weniger Glück. Ihm war es nicht gelungen, die andere Maschine auf Anhieb zu beschädigen. Sie konnte sich nach wie vor zur Wehr setzen und kam auf ihn zu. Wie erstarrt blieb Hartem stehen. Für ihn versank alles andere in Bedeutungslosigkeit. Er hörte zwar die Geräusche von Strahlschüssen, nahm sie aber nicht bewusst in sich auf.
Ein fahles Flimmern hüllte den Roboter ein. Der Anführer der Bordnomaden ahnte, dass dieser Schutzschirm seinem Strahler standhalten würde. Trotzdem schoss er. Der gebündelte Energiestrahl brach sich in leuchtenden Kaskaden.
Mira Willem schrie gellend auf, als der Gladiator sein Vibratormesser ausfuhr. Hartem hatte keine Chance.
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