Atlan TH 0010 – Das Gesetz der Erbauer
ausreichende Fachkenntnisse, die dich mittelfristig befähigen würden, Raumschiffe mit größerem Aktionsradius zu bauen. Du wärst dadurch in der Lage, ferne Welten zu besuchen. Du könntest alle deine Gefangenen in ihre jeweilige Heimat zurückbringen und gleichzeitig das Prinzip des Friedens in viele Bereiche dieser Galaxis tragen. Das ist das Gesetz deiner Erbauer – und nur so lässt es sich verwirklichen!«
Atlans Hände zitterten. Er hatte sich in Rage geredet, und die plötzlich herrschende Stille wurde von Sekunde zu Sekunde unerträglicher.
»Du musst eine Entscheidung treffen«, sagte der Arkonide schließlich leise. »Vielleicht die wichtigste Entscheidung, die du jemals getroffen hast. Willst du weitermachen wie bisher? Willst du das Andenken der Osather beschmutzen, ihre große Idee verraten? Oder willst du umkehren und endlich die Richtung einschlagen, die die Erbauer von Anfang an für dich vorgesehen hatten? Es ist nicht zu spät. Um das Richtige zu tun, ist es niemals zu spät.«
Atlan schloss die Augen. In seinen Ohren rauschte das Blut. Von irgendwoher hörte er die Stimme des Herrn in den Kuppeln.
»Ich bin ... Nein, was ... was habe ich getan?«
»Du hast schwere Schuld auf dich geladen«, sagte Atlan ruhig. »Du hast furchtbare Fehler gemacht. Nun ist es an der Zeit, deine Schuld zu tilgen, deine Fehler zu korrigieren. Es wird dir womöglich niemals vollständig gelingen, aber glaube mir eines: Es lohnt sich, es zu versuchen ...«
»Ja«, drang es nach einer scheinbar endlosen Pause an Atlans Ohren. »Ja, so soll es geschehen. Ich werde die Unterstützung der Solaner annehmen. Ich werde den Zugstrahl abschalten.«
Für eine Sekunde glaubte der Arkonide, sich nicht mehr auf den Beinen halten zu können. Die unglaubliche Erleichterung, die ihn durchflutete, verwandelte seine Knie in Gelee. Die schreckliche Anspannung, die ihn in den letzten Wochen fast permanent in ihrem Griff gehalten hatte, fiel von einem Augenblick zum anderen von ihm ab.
Herzlichen Glückwunsch, hörte er die Stimme des Extrasinns in seinem Geist wie durch eine Wand aus Watte. Ich sage das wahrlich nicht oft, aber ich bin beeindruckt!
»Ich habe eine abschließende Bitte«, sagte Atlan.
»Wie immer sie lautet«, gab der Herr in den Kuppeln zurück. »Sie ist bereits gewährt.«
»Ich möchte, dass du den Zugstrahl erst auf mein Funksignal hin desaktivierst. Ich will mich zuvor überzeugen, dass an Bord alles in Ordnung und die Besatzung vorbereitet ist.«
»Selbstverständlich. Ein Transportschiff, das dich zur SOL bringen wird, steht jederzeit zu deiner Verfügung.«
Jetzt bin ich wirklich stolz auf dich, flüsterte der Logiksektor. Meine jahrtausendelangen Bemühungen tragen also endlich Früchte. Du denkst mit.
Ich will lediglich verhindern, dass ein gewisser Chart Deccon die Gunst der Stunde nutzt und ohne mich abfliegt, dachte Atlan.
»Du willst mich wirklich meinem Schicksal überlassen? Hast du denn kein Erbarmen mit einer armen alten, gehbehinderten Dame?« Kryttas Stimme klang weinerlich, ganz und gar nicht so, wie man es von ihr gewohnt war. Sie stand in der Luke des Gleiters und stützte sich mit der linken Hand am Rahmen des geöffneten Schotts ab. In der rechten hielt sie wie üblich ihren Krückstock. Der Krötenmensch, der sich beharrlich weigerte, die Maschine ebenfalls zu betreten, schüttelte den Kopf.
»Es bleibt dabei«, knurrte er. »Wenn du unbedingt zur SOL zurückwillst, musst du auf meine weitere Begleitung verzichten.«
Wie ein wundes Tier heulte die Alte auf. Es war wohl mehr der Zorn über die Starrsinnigkeit des Monsters als wirklicher Trennungsschmerz. »Du wirst schon sehen, was du davon hast!«, schrie sie keifend.
»Sicher«, brummte der Krötenmensch und schwenkte den mächtigen Schädel. »Ganz sicher.«
»Ich will dir etwas sagen«, rief Krytta, während sie in drohender Gebärde den Stock hob. »Ich bin froh, dass ich dich los bin.«
Ihre Bewegung war so heftig, dass sie den Halt verlor und nach hinten kippte. Sie kreischte auf, aber glücklicherweise war ein Roboter zur Stelle, der ihren Sturz abfing. Er stützte sie und geleitete sie ins Innere des Fluggeräts.
Während die Maschine startete, wandte Hajke sich ab. Fast empfand sie etwas Wehmut darüber, dass die zänkische alte Dame so schnell Abschied von Osath genommen hatte.
»Die Umstellung war zu groß für sie«, sagte Silberauge. Wie immer bewies er ein Gespür dafür, was in der Solanerin vorging.
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