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Atlantis

Titel: Atlantis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Hand. »Verdammt, das ist ja Ratz-Fatz!«
    Ronnie Malenfant stand so schnell auf, dass sein Stuhl umfiel, entzückt von dem Gedanken, dass Stoke in die Zeitung gekommen war. Wenn College-Studenten in der News auftauchten (außer auf der Sportseite natürlich), dann immer, weil sie in Schwierigkeiten waren. Andere scharten sich um Kirby, darunter auch Skip und ich. Es war Stokely
Jones III., ganz recht, und nicht nur er. Die anderen dort im Hintergrund, deren Gesichter fast, aber nicht ganz in den Rasterpunkten untergingen, das waren …
    »Mein Gott«, sagte Skip, »ich glaube, das ist Nate.« Er klang belustigt und erstaunt.
    »Und das da vor ihm ist Carol Gerber«, sagte ich in einem komischen, schockierten Ton. Ich kannte die Jacke mit der Aufschrift HARWICH HIGH SCHOOL auf dem Rücken; kannte die blonden Haare, die in einem Pferdeschwanz über den Jackenkragen hingen; kannte die ausgeblichenen Jeans. Und ich kannte das Gesicht. Ich kannte es, auch wenn es halb abgewandt war und von einem Schild mit der Aufschrift USA RAUS AUS VIETNAM - SOFORT! beschattet wurde. »Das ist meine Freundin.« Zum ersten Mal war das Wort Freundin in Verbindung mit Carols Namen aus meinem Mund gekommen, obwohl ich sie innerlich mindestens schon seit zwei Wochen so nannte.
    POLIZEI LÖST PROTEST GEGEN EINBERUFUNG ZUM MILITÄRDIENST AUF, lautete die Bildunterschrift. Namen wurden nicht genannt. Dem dazugehörigen Artikel zufolge hatten sich etwa ein Dutzend Demonstranten von der University of Maine vor dem Federal Building in der Innenstadt von Derry versammelt. Sie hatten Schilder getragen und waren ungefähr eine Stunde lang vor dem Eingang zum Büro der Einberufungskommission auf und ab marschiert, hatten Lieder gesungen und »Parolen - auch obszöner Natur - skandiert«. Die herbeigerufenen Polizisten waren anfangs nur dabei gestanden, ohne etwas gegen die Demonstration zu unternehmen, aber dann war eine Gruppe von Gegendemonstranten aufgetaucht - hauptsächlich Bauarbeiter, die gerade Mittagspause machten. Sie hatten angefangen,
ihre eigenen Parolen zu rufen, und obwohl in der News nichts darüber stand, ob sie obszön gewesen waren oder nicht, konnte ich mir denken, dass es sich um Aufforderungen handelte, wieder nach Russland zu verschwinden, und Vorschläge, wo die Demonstranten ihre Schilder hinstecken konnten, wenn sie sie gerade nicht benutzten, oder Wegbeschreibungen zum nächsten Friseur.
    Als die Protestierenden das Geschrei der Bauarbeiter zu erwidern und die Bauarbeiter die Protestierenden mit Obst aus ihren Essenspaketen zu bewerfen begannen, hatte die Polizei eingegriffen. Unter Hinweis auf die fehlende Genehmigung (die Cops von Derry hatten offenbar noch nie was davon gehört, dass Amerikaner das Recht hatten, sich friedlich zu versammeln) trieben sie die jungen Leute zusammen und brachten sie auf die Revierwache in der Witcham Street. Dort wurden sie einfach freigelassen. »Wir wollten sie nur aus einer unangenehmen Atmosphäre herausholen«, wurde ein Cop zitiert. »Wenn sie wieder da hingehen, sind sie noch dümmer, als sie aussehen.«
    Das Foto unterschied sich eigentlich kaum von denen, die beim östlichen Anbau während der Proteste gegen Coleman Chemicals aufgenommen worden waren. Es zeigte, wie die Cops die Demonstranten abführten, während die Bauarbeiter (etwa ein Jahr später hatten sie alle kleine amerikanische Fahnen an ihren Plastikhelmen) johlend und grinsend die Fäuste schüttelten. Ein Cop streckte gerade die Hand nach Carols Arm aus; Nate, der hinter ihr stand, war ihrer Aufmerksamkeit offenbar entgangen. Zwei weitere Cops eskortierten Stoke Jones, der mit dem Rücken zur Kamera stand, auf seinen Krücken aber gar nicht zu verkennen war. Und wenn doch noch etwas zu seiner Identifizierung
erforderlich gewesen wäre, war da ja noch die handgemalte Spatzenspur auf seiner Jacke.
    »Schaut euch das dumme Arschloch an!«, krähte Ronnie. (Ronnie, der in der letzten Vorprüfungsrunde zwei der vier Tests verhauen hatte, besaß tatsächlich die Frechheit, jemand anders als dummes Arschloch zu bezeichnen.) »Als ob er nichts Besseres zu tun hätte!«
    Skip beachtete ihn nicht. Ich ebenso wenig. Für uns verblasste Ronnies Geschrei bereits zur Bedeutungslosigkeit, ganz gleich, worum es ging. Uns faszinierte Carols Anblick … und der von Nate Hoppenstand hinter ihr, der zusah, wie die Demonstranten abgeführt wurden. Nate, so adrett wie immer mit seinem Elite-Uni-Hemd und den Jeans mit Aufschlägen und

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