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Atlantis

Titel: Atlantis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Don Biderman (und vielleicht den beiden anderen, die zu dem Seminar in Providence mitfuhren). Jede Menge Bekannte, Leute, zu denen sie Hallo sagte, wenn sie vom Supermarkt nach Hause oder am Freitagabend ins Kino in der Stadt gingen, aber niemand, den sie anrufen und bitten konnte, ihren elfjährigen Sohn für ein paar Nächte bei sich aufzunehmen; auch keine Verwandten, zumindest keine, von denen Bobby wusste.
    Wie Reisende auf Straßen, die sich einander näherten, gelangten Bobby und seine Mutter allmählich zum selben Punkt. Bobby kam als Erster dort an, aber nur mit einem Vorsprung von ein oder zwei Sekunden.

    »Was ist mit Ted?«, fragte er und hätte dann beinahe die Hand vor den Mund geschlagen. Sie hob sich tatsächlich ein Stückchen von seinem Schoß.
    Seine Mutter sah die Hand mit einer Neuauflage ihres alten zynischen halben Lächelns wieder herabsinken, jenes Lächelns, das sie zur Schau trug, wenn sie Sprüche von sich gab wie Man muss eine Portion Dreck fressen, bevor man stirbt und Zwei Männer schauten durch die Gitterstäbe eines Gefängnisses, der eine sah den Schlamm, der andere die Sterne, und natürlich ihren ewigen Lieblingsspruch: Das Leben ist nun mal nicht fair.
    »Glaubst du, ich weiß nicht, dass du ihn Ted nennst, wenn ihr beiden zusammen seid?«, fragte sie. »Du meinst wohl, ich hätte Verblödungspillen genommen, Bobby-O.« Sie saß da und schaute auf die Straße hinaus. Ein Chrysler New Yorker glitt langsam vorbei - Heckflossen, Radlaufverkleidungen, blitzende Chromverzierungen. Bobby sah ihm nach. Der Mann hinter dem Lenkrad war alt und weißhaarig und trug ein blaues Jackett. Bobby dachte, dass er wahrscheinlich in Ordnung war. Alt, aber kein niederer Mann.
    »Vielleicht könnte es klappen«, sagte Liz schließlich. Ihre Stimme klang nachdenklich, und sie sprach mehr mit sich selbst als mit ihrem Sohn. »Gehen wir zu Brautigan und reden wir mit ihm.«
    Bobby folgte ihr die Treppe hinauf in den zweiten Stock und fragte sich, wie lange sie schon wusste, wie man Teds Namen richtig aussprach. Eine Woche? Einen Monat?
    Von Anfang an, Dumbo, dachte er. Vom allerersten Tag an.
     
    Bobby hatte ursprünglich gedacht, dass Ted in seinem Zimmer im zweiten Stock bleiben konnte, während Bobby in
der Wohnung im Erdgeschoss blieb; sie würden beide die Tür offen lassen, und wenn einer von ihnen etwas brauchte, konnten sie einander rufen.
    »Ich glaube nicht, dass die Kilgallens oder die Proskys sonderlich begeistert wären, wenn du um drei Uhr morgens zu Mr. Brautigan raufbrüllen würdest, dass du einen Albtraum gehabt hast«, sagte Liz bissig. Die Kilgallens und die Proskys hatten die beiden kleinen Wohnungen im ersten Stock; Liz und Bobby waren mit keiner der beiden Familien befreundet.
    »Ich werde keine Albträume haben«, sagte Bobby zutiefst gedemütigt, weil er wie ein kleines Kind behandelt wurde. »Also wirklich, das ist …«
    »Spar dir den Rest«, sagte seine Mutter. Sie saßen an Teds Küchentisch; die beiden Erwachsenen rauchten, und Bobby hatte ein Rootbeer vor sich stehen.
    »Es wäre einfach nicht richtig«, erklärte ihm Ted. »Du bist ein braver Junge, Bobby, verantwortungsbewusst und vernünftig, aber mit elf bist du noch zu jung, um allein zu sein, finde ich.«
    Bobby fand es leichter, von seinem Freund als zu jung bezeichnet zu werden als von seiner Mutter. Außerdem musste er zugeben, dass es wirklich unheimlich sein konnte, in den Stunden nach Mitternacht aufzuwachen und auf die Toilette zu gehen, wenn man wusste, dass man die einzige Person in der Wohnung war. Er würde es schaffen, er zweifelte nicht daran, dass er es schaffen würde, aber … ja, unheimlich wäre es schon.
    »Was ist mit dem Sofa?«, fragte er. »Man kann es ausziehen, dann ist es ein Bett, stimmt’s?« Sie hatten es noch nie auf diese Weise benutzt, aber Bobby war sich sicher, dass
seine Mutter es ihm einmal erzählt hatte. Er hatte recht, und damit war das Problem gelöst. Sie hatte wahrscheinlich nicht gewollt, dass Bobby in ihrem Bett schlief (geschweige denn »Brattigan«), und sie hatte auf gar keinen Fall gewollt, dass Bobby hier oben in diesem heißen Zimmer im zweiten Stock blieb - da war er sich sicher. Er dachte, dass sie so verzweifelt nach einer Lösung gesucht hatte, dass sie die nächstliegende glatt übersehen hatte.
    Sie kamen also überein, dass Ted die Nacht von Dienstag auf Mittwoch und von Mittwoch auf Donnerstag der kommenden Woche auf dem Ausziehsofa im Wohnzimmer der

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