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Atme nicht

Atme nicht

Titel: Atme nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer R. Hubbard
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Tag zu durchleben, an dem ich ihn gestohlen hatte, und mich jedes Mal vor Scham zu winden. Schließlich hatte Nicki, als ich ihr die ganze Geschichte erzählt hatte, nicht gesagt, ich gehörte hinter Schloss und Riegel.
    Aber andererseits hatte ich ja auch nicht ihren Pullover gestohlen.
    Ich musste unbedingt von diesen verrückten Überlegungen wegkommen, die sich nur noch im Kreis drehten.
    Um mich abzulenken, holte ich mein Handy raus, um Jake irgendeine blödsinnige SMS zu schicken, doch dann fiel mir ein, wo er war.
    Ob ich Val eine SMS schicken sollte? Nein. Sie hatte zwar sonst nicht viel mit Amy gemeinsam, aber sie hatte mich auch zurückgewiesen, und im Moment brachte ich es einfach nicht fertig, mit ihr Kontakt aufzunehmen.
    Was war mit Nicki? Warum eigentlich nicht? Nein, ich wollte abwarten und mit ihr reden, wenn diese Sache vorüber war. Aus irgendeinem Grund wollte ich ihr berichten können, dass ich den Pullover zurückgegeben hatte.
    Die braune Papiertüte lag vor mir auf dem Tisch. Ich konnte mir nicht vorstellen, was ich empfinden würde, wenn ich sie nicht mehr hatte. Wie eine Amputation würde das sein, bloß dass der Pullover eher ein Tumor als eine Gliedmaße war.
    Um zehn vor zwei ging ich zum Gingerbread Café, um draußen auf Amy zu warten. Ich setzte mich neben den Fahrradständer und versuchte, so ungezwungen wie möglich zu wirken. Von Zeit zu Zeit wurde ich misstrauisch beäugt, weil die Leute offenbar glaubten, ich hätte vor, ihre Fahrräder zu stehlen, doch ich blickte starr an ihnen vorbei, um zu zeigen, dass ich größere und wichtigere Dinge im Sinn hatte. Um mich zu beruhigen, atmete ich mehrmals tief durch, wobei mir der Gummigeruch der Reifen in die Nase stieg.
    Zwanzig Minuten später kam Amy, sich mit der Hand übers Haar streichend, endlich aus dem Café. Sie trug weniger Make-up als früher, hatte aber immer noch die dunklen Locken und die grünen Augen, an die ich mich so gut erinnerte. Damals in der Schule war mein Blick immer über ihr Gesicht, ihre Schultern und die Rundungen ihres Körpers gewandert. Doch heute marschierte ich auf sie zu, ohne sie genauer anzusehen – mit zitternden Beinen, die viel lieber in die andere Richtung gerannt wären.
    »Amy? Entschuldige, dass ich dich anspreche.«
    Sie drehte mir den Kopf zu, doch sie schien mich nicht wiederzuerkennen. Trotzdem war sie offenbar nicht überrascht, dass ich ihren Namen wusste. Vielleicht waren Mädchen wie sie daran gewöhnt, dass jeder sie kannte.
    »Ich bin Ryan Turner. Wir sind früher mal auf dieselbe Schule gegangen«, sagte ich. »Dürfte ich kurz mit dir sprechen?«
    »Denke schon.« Sie warf einen Blick auf ihre Armbanduhr.
    »Es wird nicht lange dauern.«
    »Okay.«
    Vor dem Café standen Tische und Bänke. Die im Schatten waren alle besetzt. Ich nahm jedoch direkt in der Sonne Platz, damit niemand in der Nähe war, der unser Gespräch mithören konnte. Amy blieb vor mir stehen.
    »Ich habe etwas, das dir gehört.« Ich holte die braune Einkaufstüte aus meinem Rucksack, öffnete sie und hielt sie ihr hin. Sie spähte hinein.
    »Was ist das?«
    »Ein Pullover.«
    Sie sah mich erstaunt an.
    Ich konnte es einfach nicht fassen, dass sie das Ding noch nicht mal wiedererkannte, während es für mich eine derartige Bedeutung gehabt hatte und es mir immer so vorgekommen war, als könne ich die grelle Farbe durch die Papiertüte hindurch wahrnehmen.
    Ständig hatte ich mir vorgestellt, wie sie jeden Tag nach dem Pullover suchte, ihn vermisste, überlegte, wo er bloß abgeblieben sein konnte. Erst jetzt erkannte ich, wie dumm das gewesen war.
    »Vor ungefähr anderthalb Jahren hab ich ihn in der Bibliothek der West Seaton Highschool gestohlen.«
    Jetzt blitzte es in ihren Augen auf. »Ach ja! Ich erinnere mich. Er ist einfach verschwunden.«
    Sie griff in die Tüte und zog den Pullover heraus, was mir ungemein peinlich war, weil ihn jetzt jeder um uns herum sehen konnte. Dabei vergaß ich, dass das Ding für andere ja nur ein gewöhnliches Kleidungsstück war.
    »Ja, das ist er. Wow!« Sie sah mich an. »Du sagst, du hast ihn gestohlen? Warum?«
    »Weiß ich nicht«, erwiderte ich automatisch, aber das war schon wieder feige, und ich hatte mir geschworen, heute nicht feige zu sein. »Es war blöd von mir, so was zu machen. Ich glaube … ich war damals in dich verknallt.« Was immer ich für sie empfunden hatte, es hatte sich schon vor so langer Zeit verflüchtigt, dass meine Stimme völlig ausdruckslos

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