Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Atomgewicht 500

Atomgewicht 500

Titel: Atomgewicht 500 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
Vom Netzwerk:
und ließ seine weißen Zahnreihen sehen.
    „Weiß Bescheid damit, Doktor! Kenne den Kram, Gott sei Dank, aus dem Effeff. Sie brauchen nur zu winken, und das stä hlerne Biest da drüben kriegt eine gehörige Dusche flüssiger Luft auf den Bauch.”
    In seine letzten Worte klang der Ton einer Werkuhr. Zwölf lange Schläge.
    „Huhu, wie schaurig!” lachte Schillinger. „Gerade in der Geisterstunde fangen wir an. Na, abergläubisch ist ja wohl keiner von uns. Wenn's spuken sollte, gibt's kalte Luft aus den Linde-Maschinen. Das beruhigt die wildesten Gespenster.”
    „Schon recht, Schillinger!” winkte Dr. Wandel ab. „Zwölf Uhr, das heißt für mich, ein neuer Tag beginnt — und ein neues Werk. Hallo, Mac, lassen Sie die Druckpumpen laufen!”
    Elektrische Schalter bewegten sich in den Händen des Iren, und die Pumpen gingen an. Mit jedem Kolbenspiel saugten sie Heliumgas aus den großen Vorratsbehältern und warfen es unter Druck in die Autoklavkugel. Fast gleichzeitig blinkten Schalter in den Händen des Doktors, Transformatorbrummen dröhnte auf, zuckend schlug ein Stromzeiger aus.
    „Der Lichtbogen hat gezündet, gebe Gott, daß er nicht abreißt”, murmelte Dr. Wandel vor sich hin. Wie gebannt hingen seine Blicke an den Skalen der Strom- und Druckmesser, fest lag seine Hand an dem Griff des Regelschalters, durch den er die Spannung der elektrischen Energie dem steigenden Gasdruck in der großen Stahlkugel anpaßte. Starr stand er so ange, lange Zeit. Hätte sich nicht hin und wieder seine Hand am Regelschalter leicht bewegt, man hätte ihn für eine Statue halten können.
    Unablässig ging das Spiel der Gaspumpen weiter. KIingend mischten sich die Schläge ihrer Ventile in das tiefe Summen des großen Transformators. Immer höher krochen die Zeiger der Druckmesser auf ihren Skalen.
    Schon stand das Heliumgas in der Autoklavkugel unter einem Druck von fünfzigtausend Atmosphären. Schon jagte der Transformator die elektrische Energie mit einer Spannung von zwanzigtausend Volt in den stählernen Kerker hinein. Was sonst noch in seinem Innern vorgehen mochte, verbargen seine Wände den Augen der Außenstehenden.
    Im Geiste aber blickte Dr. Wandel durch den meterstarken Stahl wie durch klares Glas hindurch. Vor seinen geistigen Augen brannte im Mittelpunkt der Autoklavkugel eine elektrische Sonne, tobten sich dort auf einem Raum nicht größer als die Faust eines Kindes tausend elektrische Pferdekräfte aus und schmiedeten unter dem gigantischen Druck — nicht anders konnte es sein, so forderte es ja seine Theorie und seine Berechnung — die Atome des Heliumgases mit denen der stromführenden Metallstifte in Sonnenglut und unter Sonnendruck zu einem neuen Stoff zusammen.
    Schwerer ging das Spiel der Pumpen, ächzend und keuchend trieben ihre Kolben immer neues Gas in den Autoklav — siebzigtausend... achtzigtausend... neunzigtausend Atmosphären... Da hörten die Zeiger der Druckmesser auf, noch höher zu steigen. Als ob der mächtige Stahlpanzer nur ein Sieb wäre, drang jetzt ebensoviel Gas durch ihn hindurch ins Freie hinaus, wie die Pumpen unter diesem unvorstellbar hohen Druck in ihn hineinpreßten.
    Die Druckmesser hielten ein in ihrem Lauf, um so stärker stiegen die Zeiger der Wärmemesser, welche die Temperatur an der Innenseite der Stahlwand angaben. Der Doktor wandte den Kopf zu Schillinger. Ihre Blicke trafen sich, ohne ein Wort verstand ihn der und griff in die Schalthebel einer Marmortafel. Ein dritter Maschinensatz begann zu arbeiten. Kolben und Kurbeln hüben an zu spielen, wie Reif und Rauhfrost legte es sich um starke Rohrleitungen. Und dann ergoß es sich plötzlich aus vielen Brausen wie ein Platzregen über die Autoklavkugel, zischte auf und nebelte.
    In dichten Wolken verschwanden der Autoklav und seine Umgebung. Im milchigen Dunst der verdampfenden flüssigen Luft stand Dr. Wandel mit seinen beiden Helfern. So stark wurde der eisige Nebel, daß keiner den andern mehr sehen konnte, daß auch das Licht der wenigen Lampen den Nebel nicht mehr zu durchdringen vermochte.
    Der Doktor schloß die Augen und erblickte doch wie in einer Vision alles, was da im wirbelnden Dampf und Gischt geschah. Flüssige Luft, fast zweihundert Grad kalt, traf auf den heißen Stahl der Autoklavwand, und während sie im Augenblick versprühte und vernebelte, drang der grimmige Frost in den Stahl ein. In Weltraumkälte erstarrten dessen Moleküle, der Autoklav wurde wieder gasdicht, während in seinem

Weitere Kostenlose Bücher