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Atomgewicht 500

Atomgewicht 500

Titel: Atomgewicht 500 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
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die Tür seiner Wohnung hinter ihm ins Schloß fiel.
    Schon auf dem Heimweg hatte er ein Wärmegefühl auf der rechten Brustseite gespürt, doch in der Aufregung und Eile nicht sonderlich darauf geachtet. Als er jetzt in die Brusttasche griff, um die Beutestücke seines nächtlichen Streifzuges herauszunehmen, hätte er sich beinahe die Hand verbrannt, so warm war das Bleirohr inzwischen geworden.
    Neben die Aufzeichnungen Dr. Wandels legte er es auf seinen Schreibtisch und betrachtete das verdächtige Stück mit besorgten Blicken. Wie sollte er es seinem Auftraggeber in Salisbury zustellen? Als Postsendung, einfach in ein Kästchen verpackt, mit Papier oder Holzwolle umgeben, wie er es ursprünglich vorhatte? Je länger er überlegte, um so schwerere Bedenken kamen ihm.
    Daß der Kristall, der in der Bleipackung steckte, kräftig radioaktiv erstrahlte — wahrscheinlich vieltausendmal stärker als alle bisher bekannten Stoffe —, darüber war Tom White sich klar. Wenn nun die Erhitzung der Bleihülle unter der Wirkung der Strahlung immer weiterging, wenn das Blei zum Schmelzen kam...? Im Geiste sah er bereits, wie der Postwagen, der das Paket von Detroit nach Salisbury bringen sollte, in Flammen aufging, oder — das konnte fast noch schlimmer auslaufen — er malte sich eine andere Möglichkeit aus. Wie die Postbeamten während der Fahrt auf einen Brandgeruch aufmerksam würden. Wie sie ein qualmendes Paket entdeckten und den Absender und den Empfänger festzustellen versuchten. Beim Absender würde es ihnen ja schwerlich gelingen, aber den Empfänger würden sie bald 'rausbekommen; einen unbedeutenden Mittelsmann zwischen White und Spinner. Ob der bei einem amtlichen Verhör dichthalten würde, war mindestens zweifelhaft. Unabsehbare und für ihn sicherlich recht unangenehme Folgen würde das haben, denen er sich auf keinen Fall aussetzen durfte. Das gefährliche Paket mußte auf eine andere Weise Mr. Spinner übermittelt werden. Die Post durfte er dafür nicht bemühen.
    Zwischen seine Überlegungen fielen die ersten Sonnenstrahlen in das Zimmer. In einer guten Stunde begann sein Dienst, es lohnte sich nicht mehr, zu Bett zu gehen. Er benutzte die Zeit zu einem Schreiben an den bewußten Onkel in Salisbury. Gleichzeitig mit dem Brief ging eine Drucksache ab, ein reichlich trockenes Buch über die Entwicklung der Quäkergemeinden im Staate Iowa. Zwischen seinen Seiten lagen jene Blätter, die aus dem Papierkorb Dr. Wandels stammten. Dann war es für Tom White Zeit, ins Werk zu gehen.
    Die nächsten Tage brachten viel Unruhe in Meltons Abteilung. In der großen Halle war ein Dutzend Werkleute damit beschäftigt, an dem Platz für die neue Dammgrube den Betonboden aufzuschlagen und das Erdreich auszuheben. Das ohrenbetäubende Rattern der Preßluftmeißel und der mit dem Erdaushub verbundene Schmutz und Lärm machten die Arbeit an den Labortischen im ganzen Raum unmöglich. Jede andere Tätigkeit mußte ruhen, solange die Erdarbeiter sie nicht beendigt hatten und nicht abgezogen waren.
    Auf der Suche nach dem Laboratoriumsdiener kam Dr. Wandel in die Halle und warf einen kurzen, vielsagenden Blick auf die Stätte der Verwüstung. McGan hatte es sich in einem Winkel bequem gemacht und las in der letzten Nummer der „Detroit Post”. Der Doktor rief ihn an.
    „Hallo, Mac! Sie haben hier doch nichts Vernünftiges zu tun. Kommen Sie, helfen Sie mir ein bißchen.”
    Der Ire sprang auf und warf die Zeitung zur Seite. „Gern, Herr Doktor. Ich wollte Sie immer schon fragen, was denn...”
    „... bei unserm nächtlichen Experiment herausgekommen ist, meinen Sie”, vollendete Dr. Wandel den Satz. „Ich bin gerade dabei, es festzustellen.”
    Neben seinem Arbeitszimmer hatte Dr. Wandel sich gleich nach seinem Eintritt in die United Chemical ein Speziallaboratorium einrichten lassen, in das er sich nun mit McGan begab. Auf einem Tisch lag der schwere Bleiblock, der die strahlenden Kristalle barg. Gut ein halbes Hundert Mensuren stand daneben. Sie enthielten Lösungen, die in allen Farben des Regenbogens schimmerten.
    McGan besah sich die Blockseiten, die zwischen den Gläsern lagen und mit den charakteristischen Schriftzügen Dr. Wandels bedeckt waren. Sehr schnell erkannte er, daß der Doktor hier schon eine gewaltige Arbeit geleistet hatte, und seine Kenntnisse reichten auch hin, den Sinn der Formeln zu verstehen, die auf dem Papier standen. In den paar Tagen, die seit dem nächtlichen Versuch verstrichen waren, hatte

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