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Attack Unsichtbarer Feind: Ein neuer Fall für Special Agent Pendergast (German Edition)

Attack Unsichtbarer Feind: Ein neuer Fall für Special Agent Pendergast (German Edition)

Titel: Attack Unsichtbarer Feind: Ein neuer Fall für Special Agent Pendergast (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Preston
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Wir fanden den Constable an seinem Schreibtisch vor, damit beschäftigt, emsig in ein kleines Notizbuch zu kritzeln. Meine früheren Abenteuer mit Holmes hatten mich keine allzu hohe Meinung von der örtlichen Gendarmerie bilden lassen. Und auf den ersten Blick schien Constable Frazier – mit seinem olivgrünen Staubmantel und den ledernen Beinlingen – meine schlimmsten Befürchtungen zu bestätigen. Er hatte jedoch schon von Holmes gehört, und als er die Fragen meines Freundes zu beantworten begann, wurde klar, wen wir vor uns hatten – vielleicht keinen überragenden Intellekt, aber doch einen engagierten und fähigen Polizisten mit einer, wie es schien, lobenswerten Beharrlichkeit.
    Das erste Opfer des Wolfs, erklärte er, sei ein merkwürdiges, etwa unheimliches Individuum gewesen, ein schäbig gekleideter Mann mit wildem Haarschopf und fortgeschrittenen Alters. Er sei einige Wochen vor seinem Tod unversehens in Hexham aufgetaucht, sei überall herumgeschlichen und habe Frauen und Kinder mit seinem wirren Gerede erschreckt. Er sei nicht im Gasthof abgestiegen, da er offenbar über keine entsprechenden Mittel verfügte, und ein, zwei Tage nach seiner Ankunft wurde der Constable von besorgten Mitbürgern gebeten, in Erfahrung zu bringen, was der Mann hier wollte. Nach einigem Suchen spürte der Constable ihn in einer verlassenen Holzfällerhütte im Kielder Forest auf. Der Mann weigerte sich, seine Fragen zu beantworten oder sich in irgendeiner Weise zu erklären.
    »Wirres Gerede?«, wiederholte Holmes. »Könnten Sie das etwas präziser fassen?«
    »Er redete viel mit sich selbst, wild gestikulierend. Reiner Unfug, wirklich. Irgendwas über all das Unrecht, das ihm zugefügt worden sei. Und anderen Blödsinn.«
    »Blödsinn, sagen Sie. Zum Beispiel?«
    »Nur Bruchstücke. Wie man ihn betrogen hätte. Verfolgt. Wie kalt ihm wäre. Dass er sich an ein Gericht wenden und ein Urteil herbeiführen würde.«
    »Noch irgendetwas?«, drängte Holmes.
    »Nein«, erwiderte der Constable. »Oder doch, ja – da war noch eine sehr sonderbare Sache. Er sprach oft von Karotten.«
    »Karotten?«
    Constable Frazier nickte.
    »Hatte er Hunger? Hat er noch andere Lebensmittel erwähnt?«
    »Nein. Nur Karotten.«
    »Und Sie sagen, er hat Karotten nicht nur einmal, sondern mehrmals erwähnt?«
    »Das Wort schien immer wieder aufzutauchen. Aber wie ich schon sagte, Mr. Holmes, es war alles wirres Zeug. Es hatte überhaupt nichts zu bedeuten.«
    Die Richtung, die die Befragung nahm, kam mir vor wie eine sinnlose Ablenkung. Sich mit den wirren Reden eines Verrückten zu beschäftigen erschien mir wie reine Torheit, und ich konnte auch keine Verbindung zu dem tragischen Ende des Mannes in den Fängen eines Wolfs erkennen. Ich spürte, dass Constable Frazier ebenso dachte, denn er ging dazu über, Holmes mit einer gewissen forschenden Miene anzusehen.
    »Erzählen Sie mir Näheres über das Aussehen des Mannes«, sagte Holmes. »Alles, an das Sie sich erinnern können. Auch die kleinsten Details.«
    »Er war außerordentlich ungepflegt. Am Leib hatte er bloße Lumpen, sein Haar war ungekämmt. Die Augen waren blutunterlaufen und seine Zähne schwarz.«
    »Schwarz, sagen Sie?«, unterbrach Holmes ihn mit plötzlichem Eifer. »Sie meinen damit, seine Zähne waren schlecht, verfault?«
    »Nein. Es war eher ein dunkles, einheitliches Grau, das bei schwacher Beleuchtung fast schwarz wirkte. Außerdem schien er sich fortwährend im Zustand der Trunkenheit zu befinden, obwohl ich keine Ahnung habe, woher er das Geld für den Schnaps bekam.«
    »Woher wissen Sie, dass er alkoholisiert war?«
    »Er zeigte die üblichen Symptome der Trunksucht: Er sprach undeutlich, seine Hände zitterten, und sein Gang war schwankend.«
    »Sind Ihnen in der Holzfällerhütte Schnapsflaschen aufgefallen?«
    »Nein.«
    »Roch sein Atem nach Alkohol, als Sie mit ihm gesprochen haben?«
    »Nein. Aber ich hatte in meinem Leben genug mit Betrunkenen zu tun, um die Anzeichen zu erkennen, Mr. Holmes. Da kann wirklich kein Zweifel bestehen.«
    »Nun gut. Bitte fahren Sie fort.«
    Der Constable nahm den Faden seiner Erzählung mit offenkundiger Erleichterung wieder auf. »Also, die Meinung in der Stadt war gegen ihn, so stark, dass ich ihn fortjagen wollte, als der Wolf das für mich übernahm. Einen Tag, nachdem ich den Alten befragt hatte, wurde er gegen Morgen am Waldrand gefunden, furchtbar zerrissen und übel zugerichtet, mit Bissspuren an Armen und

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