Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Attack Unsichtbarer Feind: Ein neuer Fall für Special Agent Pendergast (German Edition)

Attack Unsichtbarer Feind: Ein neuer Fall für Special Agent Pendergast (German Edition)

Titel: Attack Unsichtbarer Feind: Ein neuer Fall für Special Agent Pendergast (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Preston
Vom Netzwerk:
dass sein Blick kalten Desinteresses verschwunden war und seine Augen hell und scharf funkelten. Natürlich war mir sein großes Interesse an
Sciurus vulgaris
bekannt. Er war der vielleicht weltgrößte Experte für Verhalten und Taxonomie dieses Tieres und hatte verschiedene Monographien zum Thema veröffentlicht. Zudem spürte ich bei ihm eine ungewöhnliche Bewunderung für diese Frau.
    »Bei einer so großen Population könnten sich durchaus Gelegenheiten ergeben, bislang unentdeckte Varianten der Art zu beobachten«, sagte Holmes, eher zu sich selbst als zu uns. Dann warf er einen Blick auf unseren Gast. »Haben Sie ein Zimmer in der Stadt genommen?«
    »Ich werde bei Verwandten in Islington übernachten.«
    »Miss Selkirk«, erwiderte er, »ich bin geneigt, diese Ermittlung zu übernehmen – fast eher trotz als wegen des Falls.« Er schaute mich an und warf dann einen bedeutungsvollen Blick auf den Hutständer, an dem mein Bowler und seine Tuchkappe mit den langen Ohrenschützern hingen.
    »Ich bin Ihr Mann«, erwiderte ich sofort.
    »In dem Fall«, sagte Holmes zu Miss Selkirk, »treffen wir uns morgen früh am Bahnhof Paddington, wo – falls ich mich nicht sehr irre – um 8 . 20  Uhr ein Expresszug nach Northumberland abgeht.«
    Damit brachte er die junge Frau zur Tür.
    Am folgenden Morgen trafen wir uns wie geplant in Paddington mit Victoria Selkirk und traten die Reise nach Hexham an. Bei Holmes, der in der Regel Spätaufsteher war, schienen die Zweifel bezüglich des Falls zurückgekehrt zu sein. Er war ruhelos und schweigsam, und als der Zug aus dem Bahnhof dampfte, blieb es mir überlassen, Konversation mit der jungen Miss Selkirk zu machen. Um die Zeit zu vertreiben, fragte ich sie nach Aspern Hall und seinen Bewohnern, dem jüngeren und dem älteren.
    Das Herrenhaus, erklärte sie, sei aus den Ruinen einer alten Priorei erbaut worden, die um 1450 errichtet und während der Klosterauflösungen Heinrichs  VIII . teilweise zerstört worden war. Der derzeitige Besitzer, Sir Percival Aspern, war Hutmacher von Beruf gewesen. In seiner Jugend hatte er sich ein revolutionäres Verfahren zur Herstellung von grünem Filz patentieren lassen.
    Holmes ließ kurz von seiner Betrachtung der vorbeiziehenden Landschaft ab. »Grüner Filz, sagen Sie?«
    Miss Selkirk nickte. »Das Material wird nicht nur für Spieltische verwendet, die Farbe war in den fünfziger Jahren auch in den Läden der Hutmacher sehr gefragt. Sir Percival hat ein Vermögen damit verdient.«
    Holmes wedelte mit der Hand, als wolle er ein Insekt vertreiben, und wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem Abteilfenster zu.
    Sir Percival, informierte Miss Selkirk mich, war von Königin Victoria zum Hoflieferanten ernannt worden, und seinen speziellen Hüten hatte er auch seinen Ritterschlag zu verdanken. Sein Sohn Edwin – ihr Verlobter – war früh in die Armee eingetreten und hatte eine Offiziersstelle bei den leichten Dragonern innegehabt. Momentan hielt er sich in Aspern Hall auf und überlegte, ob er sich für die Laufbahn als Berufsoffizier entscheiden sollte oder nicht.
    Obgleich Miss Selkirk die Taktvollste ihres Geschlechts war, hörte ich doch heraus, dass Edwins Vater wünschte, dass er das Familiengeschäft übernahm, während Edwin selbst noch unentschlossen war.
    Als wir eine Weile unterwegs gewesen waren, wichen die grünen Weiden und Hecken der Grafschaften rings um London wilderen Aussichten: Moore, Sümpfe und skelettartige Bäume, in Abständen ragten zerklüftete Felsnasen und Steilabbrüche auf. Endlich erreichten wir Hexham, ein angenehmes Landstädtchen, das aus einer Gruppe reetgedeckter Steinhäuser bestand, die sich um die einzige Hauptstraße gruppierten. Ein offener Kutschwagen mit Längsbänken erwartete uns am Bahnhof, ein sauertöpfisch wirkender Diener hielt die Zügel. Wortlos lud er unser Reisegepäck auf, stieg wieder auf den Kutschbock und lenkte seine Pferde vom Bahnhof fort, auf einer holprigen Landstraße ging es in Richtung Herrenhaus.
    Die Straße führte einen sanften Abhang hinab und in eine zusehends feuchte und trostlose Gegend. An manchen Stellen lag immer noch der Schnee, den Holmes am Vortag erwähnt hatte. Die Sonne, die während unserer Zugfahrt endlich hervorgekommen war, schob sich erneut hinter die Wolken und tauchte die Landschaft ringsum in beklemmende Düsternis.
    Nach einer Fahrt von vielleicht fünf Meilen löste sich Holmes, der noch kein Wort gesprochen hatte, seit wir aus dem Zug

Weitere Kostenlose Bücher